Reifeprüfung auf dem Wüstenplaneten: Sable ist ein kleines Stück Sci-Fi-Poesie
Das neue Indie-Spiel von Shedworks und Raw Fury gibt es seit Kurzem für PC und Xbox und Judith hat sich einmal auf die beruhigende Wüstenreise begeben
Eine Sci-Fi-Welt braucht nicht immer irre Schießereien, Laserstrahlen und Weltraumschlachten, sie kann auch einfach mal ganz ruhig und poetisch daherkommen. Das beweist Sable, das neue Indie-Open-World-Spiel, das euch mit seiner ungewöhnlichen Comic-Optik in eine fremde Wüstenwelt entführt. Diese endlosen Weiten habe ich mir genau angesehen und wurde mit einem ruhigen, fast poetischen Abenteuer belohnt, auf das man sich aber erst einmal etwas einlassen muss.
Auf Work and Travel im Sandland
Alles in allem ist Sable ein sehr ruhiges Spiel und man könnte argumentieren, dass ein paar Kampf- oder Survival-Elemente dem Spiel nicht geschadet hätten, aber das gehört nun einmal nicht dazu: Keine Lebensanzeige, keine tödlichen Gefahren, einfach nur die Welt, das Hoverboard und ich.
In Sachen Story erwartet einen in Sable nämlich nicht etwa ein actiongeladener Sci-Fi-Epos, sondern eine Geschichte der leisen Töne, die sich mit ruhiger Atmosphäre und blumigen Texten fast ein wenig poetisch anfühlt.
Voice-Acting gibt es leider nicht, das hätte eventuell für noch mehr Stimmung gesorgt... oder den Dialogen ihre Würze genommen, denn auf die Art habt ihr selbst Zeit, euch beim Lesen richtig auf die intensiven Texte einzulassen. Also vielleicht gar nicht so schlecht, nur ganz lesefaul solltet ihr nicht sein, dann entgeht euch eine Menge, wenn ihr die englischen Erzähl-Parts auslasst.
Die süße, minimalistische Musik passt perfekt dazu und kann einem nur an wenigen Stellen etwas auf den Keks gehen. Manche Melodien drehen sich nämlich etwas sehr im Kreis und werden von gemütlicher Untermalung dann eher zum Störgeräusch, aber wie gesagt: nur an wenigen Orten! Die meiste Zeit tritt der Soundtrack aber eher in den Hintergrund und umso wichtiger werden die Geräusche. Jeder Weg durch die Sable-Welt fühlt sich nämlich ungewöhnlich "physisch" an, und das liegt vor allem an der Soundkulisse. Das laute Knirschen des Sandes, das intensive Atmen der Hauptfigur, wenn sie körperliche Anstrengung erlebt, das sorgt alles dafür, dass man die Wüstenhitze förmlich selbst spürt.
Unsere junge Hauptfigur, mit der wir die Welt erkunden, heißt übrigens Sable, das Spiel hat seinen Namen also nicht nur davon, dass sich weit und breit Wüste erstreckt, und diese ist eine junge Erwachsene aus einem Nomadenstamm. Sie durchläuft das Ritual der Volljährigkeit und wird dadurch zur "Gleiterin".
Sie lernt also, durch die Luft zu segeln mithilfe eines magischen Steines und muss auf diese Art in die Welt hinausziehen und sich vom gewohnten Stamm abkapseln - als würde man eine zarte, leise Coming-of-Age-Story auf Tattooine aus Star Wars spielen lassen, fern ab von Geballer und Heldentum. Man erlebt endlose Weiten, Adoleszenz und eine mutige, junge Heldin, die einmal nicht Jedi oder Kriegerkönigin ist, sondern einfach nur sie selbst. Wie du und ich eben. Trotz der Herausforderungen vor Sable hat der ganze Roadtrip ohne Straßen stets einem optimistischen, motivierenden Unterton, der Fernweh macht.
DAS ist Podracing ... oder so ähnlich!
Passend dazu gibt es auch keine wilden Schlachten oder Schießereien im Spiel, sondern in erster Linie Erkundungs-Gameplay mit Story- und Rätsel-Elementen. Mit eurem Hooverboard saust ihr durch die Prärie oder gleitet mit eurer Schwebe-Fähigkeit durch die Luft und entdeckt immer mehr von der sandigen Welt. Ich würde dafür aber fast ein Gamepad empfehlen, dadurch fühlt sich das Gerase durch die Wüste nämlich noch etwas "echter" an.
Auf eurer Reise könnt ihr viele neue Figuren kennenlernen, Quests für sie erfüllen und dadurch die Wüsten-Währung erhalten, mit der ihr euch neue Dinge kaufen könnt. Aber was gibt es auf dem Sandplaneten groß zu shoppen? Naja, ihr könnt nicht nur Sable und ihre Outfits weiter ausstaffieren, sondern auch euer Hooverboard zu einer echten Rennsemmel aufbessern.
Entweder habe ich da die Steuerung noch nicht so richtig verstanden oder die Hehler mit ihren Racer-Teilen haben etwas gegen Profit, denn das Pimp-My-Board-Menü blieb bei mir noch einige Male hängen. Dann musste man noch einmal wieder kommen und es von vorne versuchen - ich sag ja, die wollen irgendwie nichts verdienen! Andere größere Bugs hab ich zum Glück bisher nicht erlebt.
Ja, vielleicht wäre Sable genau dann perfekt gewesen, wenn es einen Hauch mehr Action oder Gefahren geboten hätte, um das Gameplay abwechslungsreicher zu machen. Vielleicht sind aber auch gerade diese Ruhe, der Erkundungsgeist und das wohlige Neugiergefühl ohne große Bedrohungen, die das Spiel ausmachen.
Die ruhigen, atmosphärischen Erkundungsflüge sind sicher ungewöhnlich und sicher nicht für jeden etwas. Leute wie mich, die sich von einer besonderen Grafik und einzigartig erzählten Welten angezogen fühlen, wird Sables Reise aber sicherlich bezaubern. Im Game Pass könnt ihr auch einfach ausprobieren, ob euch die junge Nomadin begeistern kann.
Sable von Shedworks und Raw Fury gibt es für PC, Xbox Series X/S und Xbox One.