Vernichtung von "Killerspielen" in Stuttgart
Unterm Amoklesschwert
Wie undifferenziert Medien oft über Spiele berichten, kritisiert unter anderem auch Matthias Dittmayer von der Interseite Stigma-Videospiele.de. Immer wieder. Er gibt sogar Tipps für Journalisten. Dennoch wird’s natürlich immer wieder ungenau, wie auch bei Radio SWR, die gestern meldeten, dass bei der Aktion des Aktionsbündnisses „gewaltverherrlichende Spiele“ gesammelt würden. Natürlich beschlagnahmt die Staatsanwaltschaft derlei Titel in Deutschland, die damit bereits verboten sind.
Eine aktuelle Umfrage auf Welt Online zeigt indes, dass die Aktion des Bündnisses Winnenden bei vielen die Assoziation mit der Bücherverbrennung der Nazionalsozialisten geweckt hat. Über 70 Prozent der Teilnehmer gaben dies an. Eine entsprechende Botschaft fand sich auch auf einem Schild, das ein Student direkt am AAW-Stand präsentierte. Dennis Grunert ist nach eigenen Angaben kein Computerspieler. „Ich habe früher gespielt. Mittlerweile bin ich einfach nur allgemein gegen Zensur. Besonders, wenn es keinen wissenschaftlichen Nachweis für eine Gefährdung gibt.“
Nach Angaben von Hardy Schober, dem Gründer des Aktionsbündnisses, waren bis gestern Nachmittag rund 500 Mails mit zum Teil beleidigendem und verletzendem Inhalt beim AAW eingegangen. „Wenn ich einem Hobby nachgehe und dann eine solche Aktion gestartet wird, kann ich schon ein bisschen verstehen, dass sich man sich diskriminiert fühlt. Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die Härte, die uns erreicht hat.“ Allerdings teilte Schober als Reaktion auch aus, unter anderem soll er Spielern einen niedrigen Intellekt nachgesagt haben, wie in den Stuttgarter Nachrichten zu lesen ist.
Für Schober, der seine Tochter beim Amoklauf von Winnenden verloren hat, steht fest, dass „Killerspiele“ hinsichtlich solcher Taten „ein Kettenglied“ sind. Der Täter habe „dadurch die Fähigkeit erlernt, professionell mit einer Waffe umzugehen.“ Auf Nachfrage, wie das möglich sei, wo doch Ego-Shooter mit der Maus gesteuert werden und es zum Beispiel keinen Rückstoß gebe, schränkt er ein: „Nein, das Zielen kann man nicht lernen, da haben Sie Recht. Aber die Vorgehensweise.“
Und Schober fährt fort: „Jeder, dem man das Spielgerät wegnimmt, fühlt sich angegriffen. Das ist bei den Jägern nicht anders, wenn das AAW ein Verbot von großkalibrigen Waffen in Privathaushalten fordert. Da sagt ihr Spieler dann wieder: gute Sache! Oder nicht?“ Es ist richtig, dass vermutlich viele in diesem Punkt mit dem Aktionsbündnis übereinstimmen. Weil es die Kugeln einer Waffe waren, die am 11. März in Winnenden und Wendlingen 15 Menschen töteten.
Darüber, wie das Wort „Killerspiel“ zu definieren ist, herrscht scheinbar Unklarheit. Vor der Veranstaltung ließ das AAW verlauten, es gehe um Titel, „die das Töten von Menschen simulieren“. Gegenüber Eurogamer nennt Schober „Spiele, die vom US-Militär entwickelt worden sind, um die Hemmschwelle für ihre Soldaten zu senken.“ Welche das sein sollen, bleibt offen. Eventuell ist America’s Army gemeint. Dieses Spiel war jedoch produziert worden, um junge Menschen für den Dienst beim Militär zu begeistern. Auf die Nachfrage, warum GTA in dem Container liege, das garantiert nichts mit der US Army zu tun hat, sagt der AAW-Gründer: „Die hat jemand reingeschmissen. Wir können doch nicht vorher kontrollieren, was das genau ist.“
Schober findet aber auch versöhnliche Worte für die Spieler. „Ich habe mittlerweile mehrere Gespräche geführt, bei denen ich gesehen habe: Mit denen kann man reden. Es ist schon ein Erfolg, dass wir diskutieren.“ Das stimmt: Immer wieder kamen junge Erwachsene zum Stand und unterhielten sich angeregt mit den deutlich älteren Vertretern des Aktionsbündnisses. Es verlief alles sehr friedlich – wenngleich einige Spieler provokante Sprüche wie „Bücherverbrennung reloaded“ oder „Ich lache über euer simples Weltbild!“ auf ihre Jacken geklebt hatten.