Resident Evil: Revelations – Test
Wer hier die Rückkehr zu alten Tagen zelebriert, hat diese nie erlebt.
Capcom, wir müssen reden. Ich habe ja nichts gegen knapp bekleidete Frauen, die eure Zielgruppe bedienen sollen. Aber packt sie, wenn es sein muss, bitte in Spiele oder Modi, wo sie mich nicht zusätzlich stören. Dass ihr Chris "Ich zerstöre Felsen mit meiner Faust" Redfield zu einem wandelnden Bizeps hochgezüchtet habt und Jill unbedingt einen ständigen Ausschnitt braucht, damit kann ich leben. Aber die Outfits von Jessica Sherawat, die Chris in kurzen Teilen der Kampagne zur Seite steht, sind so dermaßen übertrieben und reduzieren dieses verkappte Pin-Up auf seine körperlichen Aspekte. Es reißt mich komplett aus dem Spiel, sobald ich sie sehe.
Allein ihr Taucheranzug verdeckt bloß ein Bein, während das andere vollkommen blank heraussticht und eine Haarsträhne zusätzlich noch aus der Kappe blickt. Zusammen mit ihren grauenhaften Dialogen sehe ich sie eher in einem Nachtclub als auf einem von Monstern verseuchten Schiff. Ernsthaft, wie soll ich euer Charakterdesign und die Darstellung von Frauen in Schutz nehmen? Wie soll es nicht mit der Handlung kollidieren, deren Terrorthematik eine gewisse Selbstbeherrschung verlangt? Wie soll ich es als Horrortitel ernst nehmen, wenn ihr es selbst nicht könnt? Ja, Resident Evil war nie besonders für seine außerordentlichen Texte oder Charakterentwicklung bekannt, doch zumindest fühlten sie sich im Kontext des Spiels halbwegs natürlich an. Hier komme ich mir teilweise vor, wie in einer schlechten Sitcom, bei der das Zuschauerlachen fehlt.
Der Wolf im Schafspelz
Ok, tief Luft holen. Noch einmal zurück auf Anfang. Obwohl mir diese Unachtsamkeiten langsam den letzten Nerv rauben, ist Evil: Revelations kein schlechtes Spiel. Es birgt in seiner reinsten Form sogar ein außerordentliches gutes Spiel. Während der ersten 30 Minuten, die ihr alleine mit Jill auf dem Kreuzer Queen Zenobia verbringt, dachte ich noch an eine Rückkehr zu alten Stärken. Ihr wacht alleine in einem der Gästezimmer auf und trefft recht bald auf den ersten Feind. Ohne Waffe seid ihr zum Ausweichen gezwungen und fühlt euch seit Langem wieder verwundbar. Nachdem Jill den Raum verlässt, überschütten euch nostalgische Erinnerungen, da man für die Möbel sowie Tapeten wohl den Innenausstatter der Spencer Villa engagierte.
Ihr wacht alleine in einem der Gästezimmer auf und trefft recht bald auf den ersten Feind. Ohne Waffe seid ihr zum Ausweichen gezwungen und fühlt euch seit Langem wieder verwundbar.
Man erhält den Eindruck eines Herrenhauses, nur dass es dieses Mal in einem Schiff spielt. Enge Korridore, deren Wände sich schon halb verfärbt haben, stilvolle Holzverzierungen an Türen und eine aufkommende Erkundungsfreude, die sich den Platz mit eurer Angst über das Ungewisse teilt. Vorsichtig stolpert ihr durch die Gänge und inhaliert die ungewohnt isolierte Atmosphäre. Ja, es fühlt sich in diesem Moment wirklich nach dem alten Resident-Evil-Konzept an.
Jedoch findet der Zustand überraschender Vorfreude ein frühes Ende. Schon bald trefft ihr auf euren Kollegen Parker, von dem man ihr durch einen Hinterhalt abgeschnitten wart. Er begleitet euch fast die gesamte Zeit für den restlichen Verlauf, hilft euch dabei in keinem Kampf, lenkt keine Feinde ab und schüttet euch dafür nur mit Dialogen zu, die einen peinlich zur Seite blicken lassen. Warum kann er nicht wie Barry damals verschwinden und mich alleine die Queen Zenobia erkunden? Ein Koop-Modus für die Handlung existiert nicht und auch sonstige Interaktionsmöglichkeiten fehlen komplett. Zumindest ist Parker von allen neuen Figuren noch der Normalste. Beim restlichen Trupp kann ich immer noch nicht glauben, dass die Entwickler manche Charaktere in ihr Spiel ließen.
Enge Korridore, deren Wände sich schon halb verfärbt haben, stilvolle Holzverzierungen an Türen und eine aufkommende Erkundungsfreude, die sich den Platz mit eurer Angst über das Ungewisse teilt.
Zwischen den zwölf Kapiteln, wie gewohnt in kleinere Mini-Abschnitte unterteilt, wechselt ihr öfters zu zwei anderen Teams. Eines der beiden besteht aus Chris Redfield und der bereits erwähnten Jessica Sherawat. Das andere Duo gewinnt den Preis für eine fast schon unglaubwürdige Deplatzierung. Zwei Vollidioten, die sich kleine Slapstickeinlagen bieten und euch sogar über bereits erkundete Gebiete schicken. Einer der beiden stellt sich schnell als Perversling heraus, der auf den Codenamen Jackass hört und diesen stolz bei jeder Durchsage wiederholt. Es hilft nicht wirklich, dass in ihren Sequenzen ein flotter Hip-Hop-Beat im Hintergrund läuft, der den einzigen Schandfleck auf dem ansonsten brillanten Soundtrack darstellt. Willkommen zur Zukunft des Horrors!
Doch selbst mit einem passend gewählten Ton würden diese Wechsel noch unliebsam aufstoßen. Sie sind kurz, meist mit sehr starkem Fokus auf banale Shooter-Elemente und ziehen euch jedes Mal aus dem aktuellen Geschehen heraus. Zudem verdeutlichen sie eine verfälschte Aussage, von der ich immer noch nicht glauben kann, dass sie wirklich über dieses Spiel verbreitet wird.
Resident Evil: Revelations hat bis auf die ersten 30 Minuten überhaupt nichts mit alten Teilen zu tun. Sorry, aber wer diese Behauptung aufstellt, hat seine Erfahrung durch kurze YouTube-Clips gesammelt und verbindet mit Resident Evil nur lange Korridore und Schüssel, die Symbole besitzen. Diese sind vorhanden. Suchen müsst ihr sie allerdings nicht und auch sonstige Erkundungstouren mit passenden Rätseln fehlen. Jede Mission hat einen festen Zielpunkt, zu dem es nur einen Weg gibt. Keine Alternativen und kein eigenes Durchsuchen der Räume nach dem nächsten Rätsel.
Es geht von A nach B, zurück nach A und zwischendurch vielleicht einmal nach C, wenn ihr ein paar Kapitel später den nötigen Schlüssel besitzt. Die Spencer Villa oder das Polizeipräsidium waren ein eigenständiges Puzzle in sich selbst, dessen Geheimnisse ihr selbst entdecken musstet. Resident Evil: Revelations folgt weiterhin dem Aufbau von Resident Evil 4, nur mit eingeengten Arealen und Backtracking, das sogar Halo neidisch macht.
Dabei sind es in sich geschlossen gute bis herausragende Abschnitte. So habe ich mich auf jeden Besuch im Ballsaal gefreut, der als einziger Raum wirklich gigantische Ausmaße hat. Die Muster an den Geländern, die opulenten Türen mit Schiffsrädern und riesigen Pendel der Standuhren beweisen in Verbindung mit dem wohl besten Musikstück im gesamten Spiel, dass hier wirklich kreatives Potenzial bestand. Es existieren noch weitere dieser Beispiele, doch lauft ihr dazwischen zu oft durch die gleichen kahlen Korridore, die gut die Hälfte der gesamten Karte ausmachen. Kreative Rätsel fehlen ebenso. Stattdessen folgt in fast jedem Kapitel ein kurzes Minispiel, bei dem ihr einen Kabelsalat mit derselben Taktik entwirren müsst. Nicht mehr als ein schlechter Professor-Layton-Abklatsch in Dauerschleife..
Magnum oder Schrotflinte?
Die Kämpfe in Revelations erinnern auch mehr an den fünften Teil und haben wenig mit dem Serienursprung gemein, wobei ich dieser Entscheidung allerdings klar zustimme. Sehr interessant ist die Entwicklung eurer Waffen. Anstatt ein Inventar für alle Objekte zu teilen, dürft ihr jederzeit drei unterschiedliche Waffen tragen. Andere Dinge, wie Kräuter oder Gegenstände für Rätsel landen automatisch in einer separaten Tasche. An überall verteilten Kisten wechselt ihr die Ausrüstung oder verbessert eure Bleispritzen mit kleinen Upgrades, die ihr beliebig austauschen könnt. Verpasst eurer Magnum mehr Schaden oder erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen kritischen Treffer. Es gestaltet die Auswahl wesentlich taktischer, und da ihr nie wisst, was euch im nächsten Kapitel erwartet, müsst ihr genau abwägen.
Anstatt ein Inventar für alle Objekte zu teilen, dürft ihr jederzeit drei unterschiedliche Waffen tragen. Andere Dinge, wie Kräuter oder Gegenstände für Rätsel landen automatisch in einer separaten Tasche.
Am Spielprinzip selbst wurde im Gegensatz zur Vorlage ein wenig geschraubt. Da die Areale nun kleiner sind, könnt ihr euch beim Zielen bewegen, um zumindest etwas Raum zu gewinnen. Anstatt Zombies warten schleimige Monster auf euch, die in verschiedenen Formen auftreten und an deren unterschiedliche Fähigkeiten ihr euer Verhalten anpassen müsst. Schießt auf bestimmte Zonen, um sie zu lähmen oder höheren Schaden zu verursachen. Spätere Iterationen halten sogar Schilde vor sich oder setzen eine Art Kettensäge ein.
Nur eine Sache stört mich tierisch. Jeder Feind saugt unheimlich große Mengen Kugeln auf und wegen der schleimigen Körper erhaltet ihr kein gutes Feedback für eure Angriffe. Teilweise fragte ich mich, ob ich überhaupt Schaden anrichtete, weil meist nur auf Kopftreffer Reaktionen folgen. Dadurch dauern viele Kämpfe länger als sie sollten und besonders in den Bosskämpfen tritt eine gewisse Langeweile auf, nachdem ihr die richtige Taktik gefunden habt. Mir kommt es so vor, als ob es mit Absicht eingesetzt wird, um eure Munitionsvorräte stets niedrig zu halten, was mit besserem Balancing auch ohne Hundert zusätzliche Schüsse funktioniert hätte. Wie früher eben.
Damit ihr trotzdem immer genügend Bleifeuer mit euch tragt, untersucht ihr die Räume mit dem Genesis ab. Auf Knopfdruck holt ihr das kameraartige Gerät jederzeit hervor und findet so überall versteckte Munitionsvorräte. Feinde könnt ihr damit auch analysieren, erhaltet dadurch jedoch keine Informationen, sondern nur ein grünes Heilkraut, sobald sich die Leiste am oberen Rand komplett füllt. Ein nettes System, doch das Scannen der Gegner ist nicht wirklich notwendig, da ihr meist genügend Heilkräuter habt und maximal sowieso nur fünf tragen dürft.
Trotzdem sterbt ihr schneller als euch lieb ist. Selbst mit fünf Kräutern im Rucksack könnt ihr euch nicht vor Attacken schützen, die euch mit einem Schlag töten. Ein neu eingeführter Feind in dieser Auflage besitzt genau solch einen Angriff und keine Alternative. Ein Sprint-Feature gibt es nicht und auch die Ausweichrolle aus Resident Evil 6 sucht ihr unter den Tastenkombinationen vergebens. Dafür könnt ihr einen kurzen Ausfallschritt vollführen, wenn ihr vor dem Angriff rechtzeitig reagiert. Super Idee, nur hätte man sie vorher auch testen sollen. Jede zweite Attacke scheint ein anderes Zeitfenster zu besitzen und besonders bei Angriffen, die euch mit einem Schlag töten, schlägt es meist fehl oder scheint gar nicht zu funktionieren. An einer Stelle bin ich dem neuen Gegner nur entkommen, weil er an einer unsichtbaren Wand festhing und ich in Ruhe seinen Schwachpunkt ins Visier nehmen konnte.
Sah Revelations auf dem 3DS mehr als nur umwerfend aus, staunt ihr abseits der kreativen Räume nur über matschige Texturen und undetaillierte Charaktermodelle. In Anbetracht der Vorlage dennoch eine akzeptable Umsetzung. Mehr als das Nötigste tat man hingegen nicht. Habt ihr die Wahl, greift auf jeden Fall zur Konsolenfassung, da die PC-Version bei mir und auf vielen anderen Geräten unter deutlichen Rucklern leidet. Zum Absturz kam es zwar nie, doch das Steam-Forum berichtet auch hier über häufige Ausfälle. Haltet ebenso euren Controller bereit, denn die Steuerung per Maus und Tastatur ist derzeit durch die Maus-Beschleunigung unerträglich.
Der Retter in der Not
Sieht ja bisher nicht so rosig für das Spiel aus. Doch wartet! Rettung folgt in Form des überarbeiteten Raid-Modus. Eine wunderbare Verschmelzung aus Mercenaries und Rollenspielelementen, die zu den wirklichen Neuerungen in dieser Auflage gehören. Habt ihr das Hauptabenteuer beendet, stehen euch 21 Level in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden zur Auswahl, die euch durch kürzere Abschnitte der Kampagne schicken und in denen es nur so vor Monstern wimmelt.
Habt ihr das Hauptabenteuer beendet, stehen euch 21 Level in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden zur Auswahl.
Plötzlich ergeben viele Entscheidungen aus dem Hauptspiel Sinn. Monster besitzen eine Lebensleiste und versprühen bunte Zahlen, sobald ihr sie trefft. Waffen fühlen sich dadurch unglaublich kraftvoll an und es gibt kein besseres Gefühl als einer riesigen Bestie eine Ladung Schrot ins Gesicht zu pusten, nur mit einer Explosion roter Zahlen belohnt zu werden. Es klingt nach einer minimalen Änderung, aber der Unterschied im letztendlichen Effekt ist unglaublich. Außerdem erschafft der Titel per Zufall weitere Klassen und Zustandsveränderungen, die sogar Standardgegner in einem neuen Blick erscheinen lassen. Sogar Mini- und Bossversionen existieren von jedem Feind.
Zwischen den Runden sucht ihr im Shop nach neuen Waffen, Upgrades oder Granaten und passt anschließend euren Charakter an, von denen ihr knapp zehn mit zusätzlichen Kostümen freischalten könnt. Die Auswahl an Wummen erweitert sich nach jedem Levelaufstieg und sogar seltene Knarren mit besonderen Fähigkeiten warten in den Abschnitten, die euch mit besseren Bewertungen stets auf eine neue Runde einladen. Sei es nun alleine oder zusammen mit einem Freund. Selbst meine Probeversuche mit unbekannten Spielern liefen ohne Verständigung problemlos über die Bühne.
Ich bin begeistert! Verzichtet beim nächsten Mal komplett auf die Handlung und steckt eure ganzen Ideen nur in den Raid-Modus, um weitere Varianten sowie Karten zu erschaffen. Dann habt ihr auch weniger Probleme damit, dass dem Abenteuer eine klare Vision fehlt. Dort finden sich im Kern gute Ansätze, die leider nicht konkret verfolgt wurden und mit anderem unnützen Kram nach und nach verblassen. Lasst mich in der Kampagne alleine das Areal entdecken. Ich will selber die Gänge und Räume nach neuen Möglichkeiten abklappern, bis das Netz sich schrittweise ausweitet. Hier hetzt man mich nach dem Einstieg ohne Pause von einer Ecke zur nächsten, ohne mir eine Wahl zu lassen. Es fühlt sich wie ein lineares Abenteuer an, das man in eine Pseudo-Oberwelt presste, um es ein wenig wie alte Episoden wirken zu lassen. Zum Glück zieht der Raid-Modus das fehlerhafte Konzept wieder aus dem Sumpf und stellt den wirklichen Kaufgrund dar, der besonders mit einem Freund zu meinen persönlichen Highlights in diesem Jahr gehört.