Resident Evil Village mit PlayStation VR2: Eigentlich wollte ich euch sagen, wie doof ich es finde...
Jetzt hoffe, ich, dass meine Controller schnell wieder geladen sind.
Gut, ursprünglich hatte ich natürlich nicht vor zu erzählen, wie schwach Resident Evil Village für PlayStation VR2 angepasst wurde. Immerhin mag ich den Vorgänger, obwohl ich mit Resident Evil sonst nie warm geworden bin. Horror aus der Egoperspektive ist für mich nämlich die intensivste Art des Gruselns. Von daher war ich sehr gespannt darauf, wie eine der ersten Umsetzungen für das neue Headset funktionieren würde, nachdem die Entwickler mit Resident Evil 7 ja schon Erfahrungen mit der virtuellen Wirklichkeit gesammelt haben.
Und dann waren die ersten ein, zwei Stunden leider eine Enttäuschung, denn eine ausgewachsene Virtual Reality ist das hier nicht. In etlichen Filmszenen, Zwischensequenzen und selbst bei manchen Übergängen, etwa dem Durchschreiten einiger Türen, ist man nämlich nur Passagier, während sich das Alter Ego bis auf den Kopf von selbst bewegt und sogar eigenmächtig gestikuliert. Dabei ist es in VR ungemein wichtig, dass man erstens nicht fremdgesteuert wird und sich zweitens gerade über das, was man mit den Händen macht, ständig selbst einbringen kann.
Als einer der Dorfbewohner zum Beispiel seine Waffe auf mich gerichtet hat, habe ich ganz von selbst die offenen Hände vor die Brust gehalten – nur um gleich festzustellen, dass mein virtuelles Ich das auch ohne mein Zutun macht. Da war ich plötzlich nicht mehr handelnde Person; das bekommt unter anderem Star Wars: Tales from the Galaxy’s Edge besser hin, da man dort frei herumlaufen und hantieren darf, während Andere sich unterhalten.
Man kann ja auch sonst kaum mit der Umgebung interagieren. Nur die notwendigen Ressourcen, Patronen, Schlüssel und was Protagonist Ethan sonst noch einpacken sollte, darf er überhaupt in die Hand nehmen. Aber nicht einmal die vielerorts herumstehenden Flaschen oder Kisten sind dazugekommen. Und man greift auch nicht nach allem, was interaktiv ist, sondern schnappt es sich per Knopfdruck über relativ weite Entfernungen. Türen öffnen sich von selbst und anstatt Notizen zu lesen, erscheint ein Textfenster über den Zetteln in Ethans Hand – nein, vieles fühlt sich hier einfach nicht richtig an.
Mir ist klar, dass das wie die Aufzählung unwichtiger Kleinigkeiten wirken mag. Aber in VR machen diese Kleinigkeiten den entscheidenden Unterschied. Dabei gibt es sogar Türen, die man per Hand öffnet, um vorsichtig zu schauen, was sich dahinter verbirgt. Capcom hat außerdem mit einer Reihe an Optionen vor allem zum Umsehen und Bewegen dafür gesorgt, dass Resident Evil Village ein für möglichst viele Spieler komfortables VR-Abenteuer ist. Nur Alternativen zum Fortbewegen über ein Kippen des Analogsticks gibt es nicht.
Nicht zuletzt muss man den Entwicklern lassen, dass sie in Sachen Interaktion dort genauer hingeschaut haben, wo es um das Benutzen von Waffen geht. Denn wenn man die Patronen einer Schrotflinte einzeln in das Gewehr schiebt und es anschließend durchlädt, während man den Lauf schon ins Gesicht eines Angreifers hält, dann ist das wie Actionkino zum Selbstspielen.
Mir gefällt auch das Menü, das nicht als schnöder Hologram-Bildschirm vor den Augen auftaucht, sondern wie ein separater Raum wirkt, in dem drei Wände mit allen Inventar-, Crafting- und weiteren Optionen zu sehen sind. Natürlich wäre es noch besser, wenn man sämtliche Aktionen im laufenden Spiel ausführen könnte. Dass man dermaßen komplexe Neuerungen nicht mal eben in einen ursprünglich fürs klassische Spielen entwickelten Titel einbauen kann, erscheint mir aber nachvollziehbar.
Überhaupt ist selbstverständlich klar, dass die schwache VR-Anpassung daher rührt, dass Resident Evil Village zunächst mal ohne Fokus auf Virtual Reality entworfen wurde. Und ein so aufwändiges Projekt dreht man nun mal nicht im Nachhinein noch ohne weiteres auf links. Gut, auch das spätere Hinzufügen der klassischen Schulterperspektive war laut eines Produzenten "so aufwändig wie die Entwicklung eines neuen Spiels", aber sei’s drum. Im Gegenzug ist das VR-Update für alle Besitzer des Spiels kostenlos.
Nachdem ich also die erste Ernüchterung weggesteckt und diese furchtbare Stelle überwunden hatte, an der man einen Zombie-Rush lediglich überleben muss, obwohl man kurz zuvor suggeriert bekommt, dass man ein bestimmtes Haus aufsuchen müsse, da habe ich mich gemerkt, wie ich mich immer mehr in diesen Horror-Trip eingroove. Wie gesagt: Die Waffen fühlen sich gut an, das Fortbewegen funktioniert für mich zumindest schwindelfrei und vor allem sieht dieses Spiel in VR verdammt gut aus!
Das knorrige Dorf mit seinen verwinkelten Pfaden und alten Holzbauten dürfte zu den stärksten Kulissen gehören, die man in einem VR-Titel derzeit bestaunen kann. Dabei bin ich noch gar nicht im Schloss angekommen – genieße inzwischen aber den Weg dahin viel mehr, als ich es nach dem ersten Eindruck für möglich gehalten hätte. Das liegt unter anderem daran, dass viele Einzelheiten nicht unbedingt in der Ferne, aber an relativ nahen Objekten sehr detailliert dargestellt werden. Dadurch wirken viele Schauplätze so plastisch, als könnte man sie anfassen.
Wie gut ausgearbeitet einige der Objekte aussehen, die in den Raum ragen, ist jedenfalls beeindruckend. So wenig Grafik ein gutes Spiel macht: Wenn sie in der virtuellen Realität gekonnt eingesetzt wird, trägt sie viel dazu bei, dass man dort mit Haut und Haaren ankommt.
Spätestens, wenn man mit der rechten Hand die Jacke aufhält, eine Taschenlampe dort hervorzieht und sie anknipst, um einen dunklen Keller zu beleuchten, sind die doofen Kleinigkeiten deshalb für ein paar Momente lang vergessen und Resident Evil Village ein vorzüglicher Grund, sich mit PlayStation VR2 erneut oder wie ich zum ersten Mal in dieses düstere Dorf zu begeben. Es ist nicht das ganz große VR-Abenteuer. Aber es ist ein großes Abenteuer in VR und alleine damit eine starke Bereicherung des aktuellen Lineups.