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Resogun - Test

Housemarque macht einen auf 'Defender'! Ihr wisst, dass ihr es haben müsst.

Mit der Eleganz eines wohlkoordinierten Feuerwerks feiert dieses kleine Shoot-'em-up die Spielbarkeit als Kunst.

Mit Super Stardust HD brachte Housemarque seinen 1993 auf Amiga erschienenen Asteroids-Klon so gut ins neue Jahrtausend, dass er vielen bis heute als eines der wichtigsten und langlebigsten Spiele der PS3 im Gedächtnis blieb. Das wollen die Finnen zum Start der PS4 nun wieder schaffen und werfen einmal mehr die hauseigene Klonerei an. Wer könnte es ihnen übel nehmen? Ihre Klassiker-Kopien dienen stets der Arterhaltung vergessener Konzepte und als Hommage an die Altvorderen des Mediums. Mit Trittbrettfahrerei haben sie, 30 Jahre oder mehr nachdem diese Titel ihre größten Erfolge feierten, nichts zu tun.

Der neueste Remix nimmt sich Defender vor, das weithin als der erste scrollende Shooter gilt. Doch nicht nur deshalb war Williams Automat ein Meilenstein. Anders als in Asteroids oder Space Invaders, die Designer Eugene Jarvis als Inspiration dienten, ist in Defender noch einiges mehr angesagt, als das eigene, schiere Überleben durch Schießen, Schießen und noch mehr Schießen. Nein, es wollen auch Menschen vor außerirdischen Invasoren gerettet werden. Dies ist auch in Resogun zentraler Bestandteil des Spielablaufs.

All die schönen Lichter

In Anlehnung an Super Stardust HD, bei dem es immer um einen Planeten herumging, wickelt sich die bespielbare Ebene des neuen Titels um zylindrisch angelegte Alien-Städte. Das fängt auch den Geist des Originals gut ein, das seine mehrere Bildschirme breite Spielwelt in einer Endlosschleife loopte. Ihr fliegt also nach links oder rechts, ein bisschen auch nach oben und unten, und schießt mit dem rechten Stick vorwärts oder zurück. Habt ihr die mittige Anlage einmal umrundet, kommt ihr wieder am Ausgangspunkt an. Das hat den Vorteil, dass ihr im Hintergrund auch noch mehr von der Welt seht, anstatt nur auf den Bildschirmausschnitt beschränkt zu sein, in dem ihr gerade die exzellenten Feindformationen in Millionen Funken aufgehen lasst.

In 60 Bildern pro Sekunde eine echte Pracht.

Sausen die sogenannten 'Keeper' durch das Bild, grün leuchtende Varianten der normalen Feinde, heißt es 'Augen auf!'´. Schießt ihr die komplette Formation vom Himmel, wird einer der Menschen aus seinem Käfig befreit und läuft dann auf der Bodenebene um sein Leben. Durch Drüberfliegen sammelt ihr ihn auf und bringt ihn an einem von zwei Sammelpunkten in Sicherheit. Gelingt es euch nicht, die Keeper auszulöschen, stirbt eines der neongrünen Voxelkerlchen. Warum das schlecht ist? Nun, jeder gerettete Mensch boostet etwa eure Waffensysteme oder schenkt euch Goodies wie einen schützenden Schild oder eine Smart Bomb. Und die wischt in höchster Not alle Pixel-Aliens hinweg wie ein besonders nasser, saugfähiger Schwamm einen frisch angefahrenen Schwarm Mücken von der Windschutzscheibe.

Da ihr immer nur einen Menschen zur Zeit evakuieren könnt, häufig aber mehr als ein frei herumlaufender Notleidenter droht, von einem UFO endgültig entführt zu werden, wird ihre eigentlich optionale Rettung schnell zum treibenden Element. Man muss die Systeme, die einem der Titel unterbreitet, schon sehr fingerfertig nutzen, um sie alle zu retten. Zum einen könnt ihr Menschen auch wie einen Basketball in Richtung der sicheren Zone werfen - was zusammen mit dem Turbo des Raumschiffes sogar einige Finesse erlaubt -, zum anderen sind die Grünlinge auch immun gegen euren Laser, weshalb ihr sie im hohen Bogen vor euch herschießen könnt. Gute Multitasker werden diese Feinheiten sehr zu schätzen wissen, ist es doch sehr befriedigend, dermaßen effizient vorzugehen, während ringsum die gut abgestimmten Angreiferwellen auf euch einprasseln.

Eine. Runde. Noch!

Wie schon Super Stardust HD oder Geometry Wars wird Resogun vor allem Highscore-Jäger locken. Das heißt aber nicht, dass nicht auch weniger ambitionierte Spieler ihren Spaß hätten, sich auf dem niedrigen Schwierigkeitsgrad durch die fünf verschwenderisch effektgefüllten Stages zu ballern. Shooter-Enthusiasten mit Bullet-Hell-Faible finden an diesem westlichen Entwurf aber vor allem das Punktesystem mit seinem Multiplikator fesselnd, den am Leben zu erhalten, sie schon bald als eine Kunstform für sich erkennen. Nichts Kompliziertes, lediglich ein Faktor, der am oberen Bildschirm immer dann herauftickt, wenn ihr einen Abschuss verzeichnet. Der droht dann zu verenden, wenn ihr allein auf weiter Flur für ein paar Sekunden nichts in seine Einzelteile zerbröselt.

"Ironischerweise gelingt dem kleinen, unabhängigen Team von Housemarque technisch gesehen das, was Sony selbst mit Knack nicht auf die Reihe bekam."

Die grünen Männchen sind zur Abwechslung mal die Guten.

Hier kommt unglaublich viel Cleverness ins Spiel, wenn ihr den sich selbst aufladenden Turbo reaktionsschnell nutzt, um eine Durststrecke zu überbrücken. Auch die Nutzung der alles vernichtenden Smart Bomb oder des Overdrive-Superangriffs will immer gut überlegt sein, denn wer so richtig Platte putzt, setzt seinen Multiplikator fast schon fahrlässig aufs Spiel.

Ironischerweise gelingt dem kleinen, unabhängigen Team von Housemarque technisch gesehen das, was Sony selbst mit Knack nicht auf die Reihe bekam: Das sollte mit vielen feinen Partikeln und blendenden Effekten ein Showcase für die Rechenpower der Hardware sein, ist aber so fürchterlich optimiert, dass jegliche Feinde und Trümmer schneller ausgeblendet werden, als man sie bemerkt - aber nicht schnell genug, um schlimme Ruckler zu vermeiden. Resogun dagegen arbeitet zwar mit kleineren Umgebungen, hat bei wundervoll flüssiger Bildrate aber so viel mehr bewegliche Elemente, Lichtquellen und Effekte, dass man nicht weiß, wo man als Erstes hinschauen soll.

"BOOM! SWOOSH! CRAAAWW!"

Es arbeitet vor einer vollständig aus Voxeln bestehenden Welt mit Geometry-Wars-Neon und gleißenden Detonationen. Wann immer eine Druckwelle durch die Arena fegt, fliegt einem der halbe Level um die Ohren und sorgt für physikalisch beeindruckende Würfelexplosionen, bei denen man am laufenden Band 'Freude schöner Götterfunken' schmettern will. Es ist auf die gleiche Weise ein Hingucker, wie Bizarre Creations' kleiner Shooter damals so wirkungsvoll Werbung für HD Fernseher machte: Im Standbild nichts allzu Besonderes, aber sobald man den Untergrund zum Beben bringt, quillen einem dermaßen die Augen über, dass es ein Wunder ist, wie man hier doch tatsächlich die Übersicht behält.

'... Tochter aus Elysium!'

Mehr müsst ihr eigentlich nicht wissen. Resogun gehört zum Start der PlayStation 4 besonders auf die Festplatten von Puristen (was dank PS-Plus-Abonnement sogar kostenlos geschieht), die sich in einer guten Kugelhölle wie zu hause fühlen. Dieses Spiel ist für eine ganze Weile immer wieder für eine Runde gut und fängt den Geist des Klassikers auch ohne offizielle Lizenz so gut ein, dass man 'Danke' sagen möchte. Die endliche Natur der Handvoll Level und deren immer gleiche Ablauf in strikten Phasen sorgen dafür, dass man es vermutlich nicht ganz so ewig mit demselben Genuss spielen wird, wie jetzt zum Start dieser neuen Hardware. Und daran ändern auch die drei spielbaren Raumschiffe und der Online-Koop-Modus nichts (den wir noch nicht testen konnten). Fürs erste interessiert das aber nicht allzu sehr.

Der Sprung von Asteroids zu Defender war seinerzeit ein inhaltlicher und technischer Durchbruch, der einem Generationenwechsel durchaus angemessen war. Housemarque weiß das und feuert mit Resogun deshalb einen Startschuss für die PlayStation 4 ab, der vielleicht nicht vergleichbar zeitlos ist, wie die berühmte Vorlage, aber doch sehr für die Zukunft hoffen lässt. Alles richtig gemacht, würde ich sagen!

8 / 10

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Resogun

PS4, PS3, PlayStation Vita

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