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Ankh: Das Herz des Osiris

Ich glaub, hier war ich schon mal

Ankh: Das Herz des Osiris ist irgendetwas zwischen Add-on und Sequel zu dem im letzten Herbst erschienenen Ankh. Wie schon im ersten Teil schlüpft Ihr in die Rolle des jungen Ägypters Assil und... ach, verdammt! Das geht so nicht.

Kennt Ihr dieses Gefühl, wenn Ihr etwas so Tolles gesehen habt, dass Ihr von allem, was danach kommt, nur noch enttäuscht werden könnt? Das fängt schon in der Kindheit an: Da sieht man einen riesigen Teddy in einem Schaufenster und plötzlich ist der kleine Bär, den man sich eigentlich zu Weihnachten gewünscht hatte, total doof. Und im Erwachsenenalter setzt sich das natürlich fort: „Wer mal Claudia Schiffer gebumst hat, zieht nicht wieder bei seiner Mutter ein“, sagte Harald Schmidt einst so schön. Ganz ähnlich erging es mir bei diesem Test.

Mami, Mami

Kairo bei Nacht: Die Katzen sind noch da, der Händler ist längst tot. Oder?

Die Mutter, das ist hier und heute Ankh. Ein im Grunde sehr gutes Comic-Adventure, das sich nur ein bisschen zu offensichtlich bei Monkey Island bediente. Das schön und lustig und klug war, bei dem man es gut hatte. Aber das es mit seinem großen Vorbild nicht ganz aufnehmen konnte. Und für Ankh: Das Herz des Osiris gilt genau das Gleiche. Claudia Schiffer wiederum ist Sam & Max: Culture Shock. Ein wunderschönes, unglaublich witziges und außerordentlich intelligentes Spiel, das es allerdings mit keinem Vorbild aufnehmen musste - weil es selbst ein Original ist. Vielleicht ist der Vergleich deshalb nicht ganz fair, denn eigentlich würde ich Das Herz des Osiris gerne für sich alleine sehen. Aber ich kann es nicht, weil ich davor schon den riesigen Teddy entdeckt habe.

Dabei sind sich Sam & Max und Ankh gar nicht einmal so ähnlich. Es sind vielmehr die bereits erwähnten Abenteuer eines gewissen jungen Piraten, von denen sich Entwickler Deck13 in mancher Hinsicht inspirieren ließ. In welcher, fragt Ihr? Nun, hören wir uns doch die Prämisse an: Ein tollpatschiger Jüngling kämpft gemeinsam mit seiner zickigen Freundin gegen einen Geist, der die Welt beherrschen will. Kommt Euch bekannt vor? Vermutlich. Versuchen wir, auch diesen noch etwas größeren Teddy hinter uns zu lassen. (Den zweitgrößten Teddy, den ich jemals gesehen habe, um präzise zu sein.) Vielleicht können wir uns dann endlich Das Herz des Osiris widmen.

Sequel, Add-on, Episode?

Gut die Hälfte aller Locations kennt Ihr schon aus dem Vorgänger.

Also: Assil. Der hat sein Ankh „verloren“, das er eigentlich um jeden Preis bewachen sollte. Denn das Ankh ist mächtig und deshalb haben es gleich mehrere Parteien darauf abgesehen. Der Händler Dinar zum Beispiel, der gerne Pharao an Stelle des Pharaos (Hallo, Isnogud!) werden würde. Und Gottheit Osiris, dessen Herz - wie der Titel des Spiels schon erahnen lässt - noch von Bedeutung sein wird. Sie allen verfolgen ihre eigenen Ziele und ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass sich ihre Wege ein ums andere Mal kreuzen.

Neben Assil dürft Ihr auch seine Freundin Thara, sowie den Pharao selbst steuern, die einen erstaunlich großen Stellenwert in der Geschichte einnehmen. Im Prinzip eine schöne Idee, um ein bisschen mehr Abwechslung ins Spiel zu bringen, nur kommt Assil als Held dabei ein bisschen zu kurz. Weitaus ärgerlicher ist jedoch, dass Ankh: Das Herz des Osiris so viel von seinem Vorgänger übernimmt: Nahezu alle Charaktere und gut die Hälfte der Locations haben wir schon im Herbst 2005 kennen gelernt. Klar, ein paar Veränderungen gibt es, aber die reichen nicht aus, um das allseits präsente Gefühl zu nehmen, es hier eher mit einer Erweiterung, denn mit einem echten zweiten Teil zu tun zu haben.

Dankhe!

Sims oder Adventure? Die Rätsel in dieser Bar zählen zu den besten des ganzen Spiels.

Wer das originale Ankh nicht gespielt hat, kann diesen Kritikpunkt logischerweise vernachlässigen. Und ohnehin wiegt Das Herz des Osiris diese Mankos mit seinen erfreulichen Seiten locker wieder auf. Vor allem sind das die Rätsel, die so herrlich einfallsreich sind. Da gibt es zum Beispiel eine Szene in einer Bar, in der Assil die Sympathien der Gäste für sich gewinnen muss: Dem einen ist es zu heiß, der andere fühlt sich als Komiker missverstanden, eine Gruppe will etwas richtig Spannendes erleben und noch ein anderer möchte einfach nur etwas zu trinken. Symbole über den Köpfen der Charaktere zeigen im Stile eines Die Sims an, wie ihre Stimmung gerade ist. Gar nicht so leicht, jeden zufrieden zustellen.

Nicht nur bei diesem Rätsel hat Deck 13 den schwierigen Spagat zwischen Logik und Absurdität perfekt geschafft. Die Lösungen sind nie völlig an den Haaren herbeigezogen; mit ein wenig Kreativität und insbesondere einem guten Auge, geht es durchweg zügig voran. Alles bestens also, nur zu komplizierte Puzzles solltet Ihr nicht erwarten: Weil Ihr in jedes Kapitel mit einem anderen Charakter beginnt, ist das Inventar nie wahnsinnig gefüllt - und die für ein Rätsel benötigten Gegenstände liegen meistens ein, zwei Räume weiter.

Aber übertrieben komplexe Knobelaufgaben würden zu dem Spiel ohnehin nicht passen. Das Herz des Osiris ist ein Adventure, bei dem man sich am besten einfach zurück lehnt, entspannt den Witz der Dialoge mit all seinen Anspielungen auf das moderne Leben genießt und sich an der charmant-hübschen Grafik ergötzt. Ein bisschen Urlaubsfeeling vermittelt das Spiel mit seinen sonnigen, exotischen Schauplätzen, aber es hat auch etwas von älteren Comics. Der Vergleich mit „Asterix und Kleopatra“ drängt sich irgendwo auf und er steht Ankh gut. Diese Unbeschwertheit, diese Leichtigkeit fehlt den meisten Spielen heutzutage einfach, weil sie sich selbst so furchtbar ernst nehmen und den Spieler vor ach-so-wichtige Aufgaben stellen. Das Herz des Osiris ist genau das Gegenteil und tut sich dadurch angenehm hervor.

„Das Spiel macht einen runden Eindruck“, liest man oft. Bedeutet meistens: Alles ganz okay, aber nichts Besonderes. Ankh: Das Herz des Osiris macht auch einen runden Eindruck. Allerdings ist hier nicht nur alles ganz okay, sondern – abseits der übernommenen Szenarien – richtig gut: Die Rätsel, die Dialoge, die Grafik, der Sound. Sogar die Steuerung ist für ein 3D-Adventure ordentlich geworden. Nur ist da eben dieser Teddy... nein, ich will nicht schon wieder davon anfangen. Denn für sich betrachtet, ist das neue Ankh ein sehr schönes Adventure, das Euch einige lustige Stunden vor dem Computer beschert.

Das Herz des Osiris wird aller Voraussicht nach übrigens nicht das letzte Ankh sein. Zunächst ist aber Jack Keane an der Reihe: Das will Deck13 im Frühjahr 2007 fertig haben. Einen Trailer zu Ankh findet Ihr hier.

8 / 10

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