Anno 1701
Alle Mann an Land!
Gibt es irgendetwas, das einen gestandenen Redakteur noch aus dem Häuschen bringen kann? Ihn so richtig zu erstaunen vermag, so dass der mitteljunge Mann sogar vor Verblüffung eine ganze Minute lang seinen eigenen Namen vergisst? Bis vor einer Woche hätte ich auf diese Frage noch mit einem obercoolen »Das ist völlig unmöglich. Ich habe alles schon mal gesehen.« geantwortet Dabei hätte ich mir durch den nicht vorhandenen Cowboybart gestrichen und mit steinerner Clint-Eastwood-Miene (oder dem, was ich dafür halte) mein Gegenüber fixiert.
Tatsache aber ist, genau das ist mir passiert. Und zwar beim Test von Anno 1701 DS. Denn ich musste den allerersten Absturz eines Spiels auf dem Nintendo DS erleben, der Verkaufsversion des Spiels wohlgemerkt. Bislang hatte ich immer gedacht, so was gäbe es nicht und Bugproduzenten wären ausschließlich auf dem PC zu Hause.
Gerüchten zufolge kann man in Japan dafür ja mit Zuchthaus, Prügel vom Tenno oder ewigem Sake-Entzug bestraft werden. Da die fleißigen Bienchen hinter Anno 1701 DS, die Keen Studios, aber in Deutschland ansässig sind, müssen sie mit derart drakonischen Strafen nicht rechnen. Und weil dieser Absturz nie wieder passiert ist, will auch ich mal beide Hühneraugen zudrücken. Schließlich macht Anno 1701 DS auf Nintendos Handheld einen Heidenspaß.
Nachdem ich mich von dem ersten Schock erholt hatte, beruhigte ich mich schnell, als ich den aus der Vorschauversion gewohnten Anno-Bildschirm vor mir sah. Nach wie vor hatte ich die Wahl zwischen der Kampagne, die 15 Missionen umfasst, oder dem Endlosspiel. Aber ganz egal, wofür Ihr Euch auch entscheidet, der Bau einer jeden Anno-Siedlung beginnt mit der Errichtung einer Holzfällerhütte. (Ich frage mich schon geraume Zeit, warum solche elementar wichtigen Fragen nicht mal bei Günther Jauch auftauchen.) Der Axtschwinger fällt sogleich Bäume und… Mooooment, wie beim »großen« Anno 1701 auf dem PC muss jedes Gebäude über Wege mit dem Hauptkontor verbunden sein. Also den Stift, neudeutsch Stylus, geschnappt, Menüpunkt Wegbau angewählt und schon erscheinen zwei Kästchen auf dem Bildschirm, die den Anfang- und Endpunkt der Straße markieren.
Diese Vierecke verschiebt Ihr so lange, bis der Weg perfekt ist. Dann noch das Bestätigungshäkchen antippen und schwups, schon steht die Straße. Okay, am Anfang muss man sich ein wenig an den Vorgang gewöhnen, aber spätestens nach dem zweiten Mal klappt das ganz gut. Noch viel besser funktioniert der Hausbau. Die Gebäude lassen sich per Stift frei positionieren, wer mag, kann auch den zweistufigen Zoom zur besseren Übersicht nutzen.
Neben Holz brauchen die angesiedelten Bewohner aber auch Nahrungsmittel, eine Kirche und Stoffe, um sich richtig wohl zu fühlen. Zu Beginn reicht eine simple Schaffarm, später wollen die Einwohner aber richtige Kleidung haben, für die eine Baumwollplantage samt Schneider notwendig werden. Denn wer fleißig immer alle Bedürfnisse seiner Schäfchen… pardon, Untertanen brav erfüllt, kann zusehen, wie sie immer höhere Entwicklungsstufen erklimmen. Dadurch sehen nicht nur die Gebäude schicker aus und beherbergen mehr Leute. Die Bürger zahlen zudem auch noch höhere Steuern. Die Kehrseite der Medaille: Die Ansprüche der Einwohner steigen extrem an.
Kann man das meiste Gut zu Beginn noch selbst produzieren, so muss man spätestens weitere Inseln besiedeln. Denn nicht auf jedem Eiland wächst alles. Also errichtet man flugs eine Werft samt Entdeckerschiff und erkundet die Meere. Auch hierbei haben die Entwickler ein geschicktes Händchen bewiesen und die theoretisch komplizierte Steuerung DS-tauglich gemacht. Auf einem Kartenbildschirm tippt man mit dem Stift auf das Gebiet, das erkundet werden soll, und flugs macht sich das eigene Boot dahin auf. Entdeckt das Schiff Neuland, reicht ein weiterer Stylus-Klick und das neue Kontor dort ist eröffnet.