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Blue Dragon

Schön, aber nichts Neues!

Es gibt bestimmte, gravierende Fehler, die ein Spiel nie machen sollte: Abwechslungsarmut wäre ein solches Vergehen. Besonders wenn das Gameplay sich hier und da kleinere Patzer erlaubt, wäre das das Ende eines jeden Machwerks. Des Weiteren wären da die so genannten Dead Ends, vor allem in Adventures der frühen Zeit (und ab und an auch jetzt noch) immer wieder angetroffenene und nervig-lästige Sackgassen, bei denen dem Spieler nichts anderes übrig bleibt, als auf den Load-Button zu drücken. Und dann gibt es noch “Fehler”, die einen zwar nicht zur Weißglut treiben, aber doch irgendwie über den gesamten Spielverlauf präsent sind. Gut zu sehen an Blue Dragon: Der fehlende Mut zur Innovation steht dem Japano-Rollenspiel während der Geschichte förmlich ins Gesicht geschrieben.

Das erste, große Fernost-RPG für die Xbox 360 sollte es werden – und es wurde immerhin ein guter, wenn auch feiger Versuch, sich mit bereits bekannten Ideen zu rühmen. Alles was man dazu brauchte, war ein neuer Name und natürlich eine veränderte Story. Getreu dem Höhner-Lied “Wenn nicht jetzt, wann dann...” hätte Entwickler Mistwalker - unter der Federführung von Hironobu Sakaguchi, Nobuo Uematsu und Akira Toriyama - es allerdings wagen sollen, andere Pfade zu beschreiten, die nötige Würze hinzuzufügen, eine Priese Neuerungen einzustreuen. Etwa so, wie es Square Enix gegen Ende des letzten Jahres mit seiner erfolgreichen Final Fantasy-Reihe tat. Bewährtes vermischt mit MMOG-Elementen und einem automatisierten KI-System für die eigenen Recken.

Schade eigentlich, denn Blue Dragon ist an sich ein wunderbares, zuweilen verträumtes, und sich doch so echt anfühlendes Rollenspiel. Der Stempel “Made in Japan” drückt dem umfangreichen Blue Dragon jedoch dreierlei Stempel auf die Stirn: Da wäre zum einen der extrem geschmacksabhängige Grafikstil, weiterhin eine Reihe extrem gewöhnungsbedürftiger Charaktere und zu guter Letzt noch eine ungemein 'fantastische' Hintergrundstory mit viel Schmalz in der Seele. Das alles ist nichts Neues für RPG-Fans.

Wer jetzt an den heiligen St. Martin denkt, irrt gewaltig.

Zu Ersterem müsste man eigentlich keine Worte mehr verlieren: Jeder kennt den überzeichneten Dragonball Z-Look, die - im Vergleich zum übrigen Kopf - überdimensionalen Augen oder die wilden und bevorzugt auch schon mal knallbunten Spezialeffekte. Das ist nichts Neues.

Neu ist auch nicht die Aufstellung der obligatorischen Stereotypen, die bereits seit anno SNES das Genre bedienen. Zusammengefasst bietet die bis auf fünf Mitglieder anwachsende Blue Dragon-Party alles, was man schon so zig Male über den Bildschirm schleichen sah. Da wäre der ehrgeizige, arrogante Zögling (Shu), der sich gerne auch einmal selber überschätzt. Dazu gesellen sich mit Freude der typische Vernunftsmensch (Jiro) und das ängstliche Küken mit dem traumatischem Kindheitserlebnis (Kluke). Und als wäre das nicht schon genug der üblichen Verdächtigen, wird auch auf den nervenden Nerd (Marumaro) und das geheimnisvoll anmutende Fräulein (Zola) nicht verzichtet.

Noch einer der Schatten - die blaue Fledermaus!

Nur gut, dass die Helden nicht auch noch – wie immer – im Angesicht der Gefahr über sich selbst hinauswachsen, was? Überraschung! Eben genau jenes Klischee lässt Blue Dragon natürlich ebenfalls nicht aus. Die im Kampf fungierenden und später in verschiedene Richtung upgradbaren „Schatten“ (beispielsweise der namensgebende Blue Dragon) entsprießen den Helden gleich zu Beginn des Abenteuers und unterstützen diese mit mächtigen Kräften.

Wenn solch eine Charakterkonstellation von einem regulären Entwickler stammen würde, könnte man noch damit leben, aber wenn eine Legende wie Hironobu Sakaguchi dafür verantwortlich zeichnet, sollte man auch Hironobu Sakaguchi erkennen können. Angesichts seiner bisherigen Kreationen, allen voran Sephiroth aus Final Fantasy VII, ist das anfangs Gebotene jedenfalls enttäuschend. Dass das einem Profi passiert, ist übrigens auch nichts Neues.