Call of Duty 3
Die Revolution oder einfach nur ein Rohrkrepierer?
Ehrlich gesagt habe ich mir Call of Duty 3 auf der Wii ein wenig anders vorgestellt. Das es Abstriche hinsichtlich der Grafik geben würde, war mir klar. Auch, dass die Geschichte und der Spielverlauf im Großen und Ganzen gleich bleiben, ist bei einem Multiformattitel keine Überraschung. Aber sollte eine Ego-Ballerei auf Nintendos Konsolen-Frischling nicht spannender, mitreißender, schlichtweg intensiver sein? Sollte sich das Spielgefühl durch das neue Steuerungskonzept nicht völlig verändern? Wirft man einen Blick auf Call of Duty 3 , dann lautet die Antwort leider „Nein“.
Statt sämtliche Details herunter zu beten, die wir bereits im Test der Xbox 360-Version breitgetreten haben - hier der Artikel -, komme ich lieber auf den Punkt und führe nur die Neuerungen an. Kurz: Der Multiplayer-Modus ist futsch, die Steuerung mehr schlecht als recht an den Wii-Controller angepasst und die Umgebung schaut nicht mehr so hübsch aus. Um auf die erste Änderung zurück zu kommen: Nein, Ihr habt Euch nicht verlesen. Der grandiose Mehrspieler-Modus, der auf der Xbox 360 über Live für tagelangen Spaß mit Freunden und Fremden sorgte, wurde komplett gestrichen. Nicht mal im Splitscreen dürft Ihr Euch gegenseitig beharken.
Die zweite einschneidende Neuerung betrifft das Handling: Zielt Ihr mit der Wii-Mote auf den Fernseher, erscheint an der entsprechenden Stelle ein Zielkreuz. Bewegt Ihr es allerdings ein Stück weiter nach rechts, wandert im Spiel auch die Kamera langsam in diese Richtung – bei der klassischen Steuerung ist das Fadenkreuz in der Mitte fixiert. Je mehr sich das Kreuz dem Bildschirmrand nähert, desto schneller dreht sich die Sicht in diese Richtung. Zielt Ihr wieder auf die Mitte der Mattscheibe, bleibt die Kamera stehen.
Klingt im Prinzip recht simpel, aber kaum möchte man einen Gegner ins Visier nehmen, fangen die Probleme an. Denn um auf einen Gegner zu zielen, müsst Ihr natürlich das Fadenkreuz zu ihm hin bewegen. Diese Bewegung bringt aber wiederum die Kamera dazu, sich zu drehen. So entsteht ein ständiges Hin und Her zwischen dem Versuch, auf die bösen Nazis zu zielen und dem Wunsch, nicht gegen einen Baum zu laufen. Erst wenn Ihr Eure Feinde mit Hilfe der Kimme aufs Korn nehmt, dreht sich die Kamera etwas langsamer und Ihr trefft genauer. Eure Spielfigur selbst bewegt Ihr ganz klassisch mit dem Analogstick über das Gelände. Geballert wird mit dem „B“-Abzug an der Unterseite der Fernbedienung. Die restlichen Aktionen, wie Ducken und Springen, löst Ihr mit den übrigen Knöpfen aus. Eine Granate dürft Ihr auch mit dem Nunchuk-Controller werfen. Einfacher und wesentlich kontrollierter geht es aber, indem Ihr das Steuerkreuz benutzt.
So dauert es eine ganze Weile, bis man die neue Steuerung verinnerlicht. Zu Beginn dreht sich die Kamera nicht selten wild in sämtliche Himmelsrichtungen. Doch das ist kein Grund, gleich die Hände in den Schoss zu legen. Oder eben doch. Denn gerade das Ablegen des Unterarms auf dem Oberschenkel bringt deutlich mehr Stabilität in die Sache. Nach etwa einer halben Stunde lauft Ihr bereits deutlich sicherer über das Schlachtfeld und trefft dreimal so viele Gegner wie zuvor.
Trotzdem fühlt sich das Wii-Handling von Call Of Duty 3 nicht wirklich ausgereift an. Gegen die präzise Steuerung der Xbox 360-Version oder gar eine Maus-und-Tastatur-Kombination macht die Wii-Variante keinen Stich. Glücklicherweise lässt sich die Handhabung in den Optionen so modifizieren, dass das Zielkreuz stets in der Mitte des Bildes bleibt. Auch in dieser Variante bewegt sich die Kamera in die Richtung, die Ihr mit der Wii-Mote anzeigt. Wer damit ebenfalls nicht klarkommt, wählt die konventionelle Steuerung. Hier scheucht Ihr Euren Soldaten mittels Steuerkreuz über das Schlachtfeld und zielt mit dem Analogstick.
Ein weiteres Ärgernis ist das so genannte „Nahkampf-Feature“. In einer gescripteten Szene überfällt Euch ein gegnerischer Soldat und hält Euer Gewehr fest. Schon auf der Xbox 360 fand ich diese Minispiele eher störend als spaßig. Dort reichte es allerdings, ein paar Knöpfchen in der richtigen Reihenfolge zu drücken und der Angreifer war Geschichte. Auf dem Wii dagegen müsst Ihr mit der Fernbedienung und den Nunchuk-Controller wild gen Bildschirm boxen – spätestens nach dem zehnten Wiederholung nicht mehr spaßig, sondern nur noch anstrengend.
Noch schlimmer: In einigen Mini-Spielen werden die Befehle falsch abgebildet. So kann es schon mal passieren, dass Ihr mehrmals hintereinander wild in der Luft rumwedelt, ohne ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen. An anderer Stelle des Spiels flüchtet Ihr mit einem Jeep vor einem Panzer. Ihr lenkt das träge reagierende Gefährt, indem Ihr Nunchuk und Fernbedienung vor Euch in die Luft haltet und beides wie ein Lenkrad bewegt – viel umständlicher und vor allem ungenauer als die Steuerung nur mit der Wii-Mote.
Genauso uninspiriert wie die Bedienung, ist auch die Technik ausgefallen. Bis auf die realistischen Animationen und die schmucken Rauchschwaden, wirkt alles recht altbacken und wäre so ohne Probleme auf einer Konsole der „Last Generation“ machbar. Kommt man den Texturen zu nahe, verschwimmen sie zu einem unschönen grün-braunen Brei. Es gibt weder detaillierte Oberflächenstrukturen, noch Beleuchtungseffekte zu bewundern. Und trotz der grafischen Magerkost geht in actionreichen Situationen mitunter die Framerate und die komplette Spielgeschwindigkeit dermaßen in die Knie, dass sich das Geschehen auf dem Screen nicht mehr vernünftig beeinflussen lässt. Gott sei Dank bleiben solche Slowdowns die Ausnahme und verhageln den Spielspaß nicht vollkommen.
Auf der Xbox 360 begeisterte mich der dritte Teil von Activisions Schlachtplatte mit einer packenden Kampagne, toller Grafik, einem spannenden Online-Modus und einem bewährten Handling, das sogar meinem Liebling Halo 2 Konkurrenz machte. Auf dem Wii bleibt davon nur der Singleplayer-Modus übrig, der den Spieler mit pausenloser Action, gescripteten Ereignissen und der „realistischen“ Steuerung mitten ins Geschehen versetzt. Leider braucht man eine gewisse Eingewöhnungszeit, bis man den eigenen Soldat einigermaßen souverän über das Spielfeld lenkt. An die intuitive Bedienung der Xbox 360-Version kommt das Wii-Handling aber nicht heran. Außerdem trübt das Fehlen jeglicher Multiplayermodi und die etwas verwaschene Optik den Spielspaß. Interessant ist die Wii-Variante nur für Shooter-hungrige Wii-Besitzer, die keine andere Konsole zu Hause haben und für Neugierige, die die Steuerung testen wollen. Alle anderen sollten zu den deutlich besseren Umsetzungen auf den übrigen Systemen greifen.