Conan
Blutleer
Die Legenden sprechen von Conan als Gladiator, Barbar, Dieb und König. Letzteres will ich gerne glauben, schließlich müssen sich Barbaren auch im Alter beschäftigen. Und ein Barbar war Conan sowieso schon immer. Nicht nur irgendeiner, spätestens mit der DeLaurentis Verfilmung, in der Arnie Schwarzenegger die Rolle seines Lebens fand, etablierte er sich zum Protobarbaren der Fantasyszene. Aber genau da fangen auch die Probleme an, sich diesen einschüchternden Muskelberg als Dieb vorzustellen. Groß und stark, sicher, aber katzenhaft und leise?
Irgendetwas muss aber doch dran sein, schließlich schlich sich das neue Spiel mit dem Barbaren in der Hauptrolle, kurz und knackig Conan betitelt, leise wie eine Katze in die Konsole. Es kommt selten vor, dass man nicht schon Monate im voraus beginnt, die PR für einen Titel zu meiden, nur um noch einen gewissen Restüberraschungsmoment zu bewahren. Nihilistic Softwares Spiel dagegen stand plötzlich da, groß und furchteinflößend, wie ein Barbar hinter einer Tür, durch die man nichts ahnend schreiten wollte. Sollte man sich also fürchten, oder kann das Spiel aus dem Nichts am Ende doch dem größten Cimmerischen Helden gerecht werden?
In einer Hinsicht dürften Conan und sein Schöpfer Robert E. Howard mit Sicherheit auf das Entwicklungsteam stolz sein. Wenn der Barbar irgendwo vorbeikam, muss man nicht lange nach einer Spur Ausschau halten, folgt einfach dem Pfad aus Blut, Körperteilen, Köpfen und zerstückelten Monstern. An dem Ende des Weges werdet Ihr einen bluttriefenden Barbaren finden, der wahrscheinlich gerade entweder einen weiteren Feind in kleine Stücke zerlegt oder sich mit einer weiblichen Dorfschönheit, bis vor einigen Minuten an irgendeinen Altar angekettet, vergnügt
Zumindest würdet Ihr das alles sehen, wenn nicht THQ in weiser Voraussicht alles für das deutsche USK16-Version aus dem Spiel gekürzt hätte, was nach übertriebener Gewalt, oder genauer, eigentlich nach irgendeiner Gewalt aussieht. Spielerisch hat dies letztendlich genauso wenig Auswirkungen wie der heruntergeschraubte Grad an sexistischen Anspielungen wenig subtiler Natur. Rein atmosphärisch verliert das Spiel aber sehr viel an dieser Stelle.
Halt, hört mich an, bevor Ihr mich jetzt als ein gewaltsüchtiges, sexistisches Machoschwein abstempelt, lasst mich kurz ausführen, warum ich dieser Meinung bin. In Stranglehold störte mich der übertriebene Einsatz roter Farbe, er brachte atmosphärisch nicht den geringsten Gewinn in einem auf realistisch getrimmten Setting. Zugegebenen, so realistisch, wie es halt wird, wenn ein einzelner Cop die halbe Unterwelt von Hong Kong ausrottet.
Das Conan-Szenario, angesiedelt in einer archaischen, barbarischen Welt voller roher Triebe, welches dem leicht verwirrten Geist eines der ersten Fantasynerds überhaupt entsprang, gehört aber in die Schublade der Low Fantasy - die sich ganz weit unten im großen Schrank des Genres befindet. Pulp-Geschichten mit Sex, Gewalt, okkultem Krams, wahnsinnigen Königen und allem, was sich da noch so findet. Die ungeschnittene Fassung des Spiels Conan fängt diese Art der Barbarei gut ein, ohne über das hinauszuschießen, was die „literarische“ Vorlage schon vorher zelebrierte.
Nun gut, dies ist Deutschland und nicht Cimmeria und somit muss der große Held ohne Blut an der Klinge seine Kämpfe ausfechten. Selbige sind, wenig verwunderlich, das Hauptaugenmerk des Spiels. Irgendwo gibt es den Ansatz, den Hauch einer Story, die etwas von einem bösen Magier, der die Zivilisation zerstören will, fabuliert.
Conan würden die Probleme der Welt an jedem anderen Tag nicht besonders kratzen, da er aber selbst besagten Magier versehentlich aus seinem Gefängnis befreite, widmet er doch sein Breitschwert dieser Angelegenheit.
Nur damit keine Missverständnisse aufkommen, soviel Anteilnahme zeigt er nur aus Eigeninteresse. Der Magier hätte den Barbaren besser nicht bewusstlos zaubern sollen. Conan nimmt so etwas persönlich. Er zieht dann los und tötet solange alles auf zwei, drei oder sieben Beinen, bis er seinen Peiniger gefunden und besiegt hat. Und im Gegensatz zu diesem, lässt Conan niemanden bewusstlos zurück. Das dürfte wohl die einzige Fertigkeit sein, die in seinem beachtlichen Nahkampfrepertoire fehlt.
Zahllose Schwerter und Äxte warten darauf, dass Ihr sie aus den kalten, leblosen Fingern Eurer gefallenen Feinde klaubt und zum Einsatz bringt. Das werdet Ihr auch tun und je mehr Ihr kämpft, desto schneller geht Euch auf, dass sich trotz der Vielzahl der Waffen diese eigentlich nur in zwei Kategorien teilen: große und kleine Reichweite. Wer andere Begriffe bevorzugt kann es auch gerne mit langsam und stark oder schnell und schwächlich versuchen.