Eternal Sonata
Nur ein Traum
Das war alles nur ein Traum!
Wer diesen Satz schon einmal gehört hat, guckt wahrscheinlich zu viele schlechte Filme. Oder liest zu viele schlechte Bücher, falls das noch jemand tut. Schließlich gibt es doch keine enttäuschendere, keine unmotiviertere Auflösung einer Geschichte, als zu sagen: "Sorry, aber das, was wir Dir in den letzten Stunden erzählt haben, ist überhaupt nicht passiert."
Eternal Sonata begeht diesen Fehler zum Glück nur halb, denn in dem wunderschönen Rollenspiel von Tri-Crescendo erfahrt Ihr bereits zu Beginn, dass alles Folgende nur ein Traum sein soll. Allerdings kein Traum einer ganz gewöhnlichen Person, sondern von Frédéric Chopin, dem polnischen Komponisten. Der liegt Mitte des 19. Jahrhunderts nämlich gerade mit Tuberkulose im Sterben und ersinnt in seinen letzten Zügen mal schnell eine komplette Fantasywelt.
In deren Mittelpunkt steht das kleine Mädchen Polka, die als einer der wenigen Bewohner dieser Welt mit Magie umgehen kann. Das allerdings ist kein gutes Zeichen, besitzen dort doch nur Menschen magische Kräfte, die dem Tod geweiht - sprich: unheilbar krank - sind. Viel größere Probleme bereitet Polka jedoch die Tatsache, dass offenbar ein Großteil ihrer Mitmenschen glaubt, diese Krankheit sei ansteckend, und sie deshalb wie die Pest meidet.
Auch sonst liegt einiges im Argen: Polka würde beispielsweise gerne Blumenpulver verkaufen, aber das wird neuerdings von dem fiesen Graf Waltz so hoch besteuert, dass damit kaum ein Geschäft zu machen ist. Stattdessen wollen alle Leute nur noch das neue und viel billigere Mineralpulver.
Also macht sich Polka gemeinsam mit Frédéric, der sich seines Traums bewusst glaubt, auf den Weg zum Grafen, um ihn um eine Senkung der Steuern zu bitten. Unterwegs treffen die beiden dabei auf zwei Jungen, die Waltz ebenfalls einen Besuch abstatten möchten, weil ihnen die Steuern auf Brot zu hoch sind. Klar, dass sie bald gemeinsam kämpfen, um die Gerechtigkeit im Land wieder herzustellen.
Zugegeben, das Spiel stellt das Ganze ein wenig komplexer dar, aber genau das ist vielleicht sein größtes Problem. Es suggeriert anfangs eine enorme Tiefe, die Charaktere schwadronieren mitunter minutenlang in Zwischensequenzen über philosophische wie politische Fragen, die das Spiel in seinem Verlauf nie zufrieden stellend beantworten kann - und teilweise nicht einmal wieder aufgreift. Mehr noch: Schon früh muss die Geschichte auf die typischen Klischees zurückgreifen, die Ihr in so ziemlich jedem japanischen Rollenspiel antrefft. Der Herzschmerz von kulleraugigen Kindern passt einfach nicht zu der schwermütigen Prämisse.
Auch in einigen anderen Bereichen ist Eternal Sonata ein etwas zu klassischer Vertreter seiner Art: Ihr rennt durch überwiegend kleine und absolut lineare Umgebungen, trefft im Prinzip nie auf Sidequests und von den wirklich langatmigen Cutscenes habe ich ja schon gesprochen.
Richtig interessant wird das Spiel erst, wenn Ihr über einen Widersacher stolpert, die übrigens fairerweise nicht zufällig auftauchen, sondern in der Umgebung dargestellt werden. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr vielen also einfach ausweichen, indem Ihr an ihnen vorbeilauft, was angesichts der stets am Ende eines Abschnitts auftauchenden Bossgegner jedoch nicht empfehlenswert ist. Ein bisschen Grinding muss schon sein.