Faces of War
Die cleveren Kerle kommen
Der Zweite Weltkrieg ist vorbei. Dieses Wissen gehört eigentlich zur Allgemeinbildung. Selbst die Filmbranche hat das mittlerweile erkannt, die Spieleindustrie offenbar noch nicht. Egal ob Shooter oder Echtzeitstrategie: Kaum ein Monat vergeht, ohne dass nicht zumindest zwei bis drei Neuerscheinungen in den Händlerregalen landen, in denen sich Deutsche und Alliierte erneut um die Welt balgen. Und das meistens ziemlich langweilig. Deshalb mein Aufruf: Stopp, macht mal was Neues, bitte nicht schon wieder… Moment mal, was ist das denn? Hey, es gibt ja doch noch spannende Gefechte. Wo? In Faces of War.
Zwei Häuserblocks können eine verdammt lange Strecke sein. Zwei Häuserblocks, die unseren Jungs eine sichere Deckung geben würden. Doch das feindliche Sperrfeuer lässt kein weiteres Vorrücken zu. Unser Team feuert tapfer, gleichzeitig schickt unser CPU-gesteuertes Oberkommando ständig weitere Truppen vor. Da erspähen wir einen Scharfschützen in einem der oberen Stockwerke. Ein Mausklick genügt und schwups wirft einer unserer Leute eine fette Handgranate. Bumm, das hat gereicht, plötzlich rennen die KI-Kameraden allesamt los. Schnell schicken wir das eigene Team hinterher. Die cleveren Kerle nutzen jede Deckung, ohne dass wir es ihnen extra sagen müssten. Glücklich erreichen sie den Unterstand… da nähert sich ein deutscher Panzer… und die Granaten sind gerade aus…
Viel Freund, viel Feind
Die Gefechte in Faces of War sind allesamt extrem dramatisch. Je acht Gefechte auf deutscher, amerikanischer und russischer Seite, die eins gemeinsam haben: Die Einsatzziele ändern sich ständig. Gerade musste man noch eine Verteidigungslinie erobern, da gilt es plötzlich ein Waffendepot einzunehmen. Nur um kurz danach Patrouillenboote abzufangen, die eins der eigenen Sabotageteams attackieren. Dabei herrscht zuerst einmal Verwirrung. Stets und ständig wuseln Dutzende Einheiten, Freund wie Feind über die Karten. Aber keine Panik, Ihr steuert meist nur sehr wenige davon. Mehr als zwölf werden es nie. Und die sind zudem extrem clever. Wenn Ihr eine Richtung vorgebt, rennen die Jungs los, feuern auf alles was sich bewegt und verteilen sich dabei sogar relativ intelligent. Reicht Euch das nicht, könnt Ihr bequem per Mausklick vorgeben, wo sich die Soldaten Deckung suchen sollen.
Die Effektivität der eigenen Streitkräfte lässt sich aber noch deutlich erhöhen. Wie schon beim Vorgänger Soldiers, könnt Ihr jede Einheit auch direkt steuern. Per Druck auf die STRG-Taste und die Tastaturpfeile korrigiert Ihr die kleinen Fehler, die die KI nur allzu oft macht. So wählen die Truppen gern mal die falsche Munition und greifen ein Fahrzeug mit dem Standardgewehr an. Oder sie ignorieren einen Panzer, der derweil die eigenen Truppen drastisch dezimiert. Außerdem bekommen die selbst abgefeuerten Schüsse einen Trefferbonus auf große Entfernungen.
Der Tod verliert in Faces of War seinen Schrecken: Eure Leute werden nicht gleich von jedem Treffer umgehauen. Stattdessen fallen sie für ein paar Sekunden in Ohnmacht, sind dann aber wieder voll da und nehmen sogar selbstständig die Positionen ein, die sie vor dem Kurzschlaf innehatten.
KI = Kaum Interaktiv
Allerdings arbeitet die künstliche Intelligenz teilweise schon zu gut. So kann es passieren, dass Ihr minutenlang einem Gefecht zuschaut und keine Sekunde davon einzugreifen braucht. Die Soldaten verhalten sich meist so, wie Ihr das auch getan hättet. Nehmen schneller als ein Mensch es könnte Gegner unter Feuer und ziehen sich auch schon mal wieder zurück, wenn es sein muss. Richtig langweilig wird es, wenn die Jungs vom Sitz der Artillerien aus feuern. Denn dann kommt minutenlang fast kein Feind nahe genug, um gefährlich zu werden. Auf eines müsst Ihr jedoch selbst achten – die Munition. Sind die Magazine leer, stehen die eigenen Trupps ein wenig blöd in der Gegend herum. Das lässt sich jedoch recht leicht vermeiden, indem Ihr die Leichen erledigter Gegner durchwühlt. Beim Plündern findet Ihr neben neuen Waffen, Munition und Granaten auch Verbandszeug.
Die Gefechte umfassen so ziemlich alle kriegsbekannten Schauplätze. Ihr kämpft genauso in den Ardennen, wie auf Omaha Beach. Das letzte Gefecht findet rund um den Reichstag in Berlin statt. Jede Menge geskripteter Ereignisse sorgen dafür, dass es nicht langweilig wird. Sei es die Sprengung einer Brücke oder das Eintreffen von Panzerunterstützung. Die Entwickler verlassen sich bei der Inszenierung dieser Szenen voll und ganz auf ihre eigene Grafikengine – und das zu Recht. Die Schauplätze sind allesamt sehr detailliert gestaltet. Vor allem die Animation der Soldaten sieht sehr lebensecht aus, wenn sie vorwärts robben, die Waffen anlegen oder Granaten werfen. Weniger gelungen ist die Sprachausgabe. Alle missionserklärenden Texte sind englisch, deutsch gibt’s nur als Untertitel. Dafür reden immerhin die Wehrmachtstruppen in ihrer Muttersprache. Wer mag, darf sich mit zu 15 Gegnern im Netzwerk oder Internet beharken. An den kooperativen Missionen dürfen maximal vier Parteien teilnehmen.
Hui, Faces of War ist ganz schön spannend. Geschickt arbeitet sich mein Team vorwärts, nutzt jede Deckung und gibt dann dem Gegner Saures. Allerdings habe ich nur relativ wenig zu dieser Glanzleistung beigetragen. Ich meckere gern über eine zu schlechte KI – jetzt moniere ich mal eine zu gute. Viel zu häufig werde ich bei den Kämpfen zum Zuschauer degradiert. Nur ab und an muss ich doch selbst eingreifen, wenn meine Jungs minutenlang auf Feinde ballern, den dicken Panzer aber konsequent ignorieren. Spaß machen die abwechslungsreichen Gefechte aber dennoch. Das liegt natürlich auch an der schmucken und sehr detailreichen Grafik und vor allem den geschmeidigen Animationen meiner Kämpfer. Außerdem wechseln die Missionsziele häufig, Langeweile kommt dadurch nie auf. Ein Doppelbäh aber von mir für die englische Sprachausgabe, so etwas gehört voll deutsch synchronisiert.
Die Gefechte im Zweiten Weltkrieg toben bereits in allen Geschäften.