Lara Croft Tomb Raider: Legend
Kampf mit der Steuerung
Lara Croft hat Geburtstag. Auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 18. November 1996, [Anm. Chefred.: Hust..ich habs einen Tag zu früh online gestellt.] läutete das weibliche Videospiel-Pendant von Indiana Jones eine neue Ära ein. Das N64 und der 3D-Meilenstein Super Mario 64 waren damals hierzulande nur als Import erhältlich. Also wurde Tomb Raider für deutsche Saturn- und PlayStation-Besitzer zum ersten Ausflug in eine frei begehbare 3D-Umgebung aus der Third-Person-Perspektive. Eine Dekade später hat sich wenig am Spielprinzip geändert: Auch im neuesten Ableger der Serie mit dem Untertitel Legend jettet die bekannte Videospiel-Amazone zu mysteriösen Orten rund um den Erdball und sucht in verlassenen Ruinen sagenumwobene Artefakte. Ein paar Monate nach den übrigen Versionen serviert Eidos den DS-Besitzern jetzt eine eigens von Human Soft entwickelte Variante des Abenteuers. Leider sorgt die hakelige Steuerung dafür, dass das Handheldabenteuer deutlich frustiger ausfällt als auf dem PC und den „großen“ Konsolen.
Diesmal sind ein paar magische Schwertsplitter die Objekte, nach denen Lara den Globus absucht. Die Jagd führt Euch unter anderem in die Bergwelt Boliviens, in ein peruanisches Dörfchen, auf japanische Hochhausdächer und in verfallene Industriehallen in „Borats“ Mutterland Kasachstan. So weit, so bekannt – doch in der DS-Version von Legend durchquert Ihr diese Orte in einer Mixtur aus zwei- und dreidimensionalem Leveldesign. Die Hälfte des Spiels lauft, springt und hangelt Ihr Euch durch frei begehbare 3D-Areale. Marschiert Ihr durch einen engen Korridor oder über einen schmalen Bergpass, wechselt die Kamera allerdings in eine seitliche Perspektive. In diesen Passagen ähnelt das Gameplay dem von 2D-Action-Adventures, wie dem Tomb-Raider-Ableger auf GameBoy Color.
Die Aufgaben sind recht Lara-typisch: Ihr löst diverse Schalter- und Verschieberätsel, um den Weg zu versperrten Gebieten frei zu machen.Gähnende Abgründe überwindet Lara schwungvoll an Lianen und Ketten. Sollte einmal nichts Passendes in der Gegend herum baumeln, schießt Ihr einen Magnethaken ab und schwingt sie am daran befestigten Seil zum Ziel. Mit diesem Haken zieht man auch Gegenstände und Plattformen zu sich heran. Überflutete Tunnels durchsucht Ihr tauchend mit begrenztem Luftvorrat nach Hebeln, die das Wasser ablaufen lassen oder den Weg zu einer neuen Kammer freigeben.
Kennern der Serie fällt sofort eine einschneidende Neuerung in der Spielmechanik auf: Lara läuft in die Richtung, in die Ihr das Steuerkreuz drückt. Das klingt banal, funktionierte aber in den Vorgängern anders. Drückte man früher das Steuerkreuz oder den Analogstick nach oben, lief die Protagonistin in die Richtung, auf die sie ihren Blick gerichtet hielt. Nach beinahe zehn Jahren bekommt die Serie damit endlich eine Steuerung spendiert, die ich mir bereits 1996 für den ersten Teil gewünscht hätte. Auch in die übrigen Legend-Versionen ist das neue Handling integriert. Doch während Lara auf der Xbox 360 exakt und geschmeidig den Kommandos des Analogsticks gehorcht, führt sie sich auf dem DS oft auf wie eine störrische Diva. Mitunter läuft sie munter in den Abgrund, obwohl Ihr zuvor rechtzeitig auf den Sprungknopf gehämmert habt. An einer anderen Stelle des Spiels steht Ihr unter einer schrägen Eisenstange, an der Ihr offensichtlich in das gegenüber stehende Gebäude herunter gleiten sollt. Obwohl ein gutes Stück der Stange bequem zu erreichen ist, lässt sich Lara nur dann zu dem Stunt überreden, wenn Ihr millimetergenau an exakt die richtige Stelle springt. Solche Situationen führen dazu, dass Ihr häufig ratlos durch die Räume irrt.
Trefft Ihr dabei auf einen bewaffneten Schurken, wählt Ihr mit der A-Taste oder dem Menü auf dem Touchscreen eine Waffe aus. Drückt Ihr erneut die A-Taste, schaltet der Touchscreen in eine Ego-Perspektive um, in der eine gezeichnete Figur vor einem verschwommenen Hintergrund hin und her wackelt. Tippt ein paar mal mit dem Stylus auf seinen Kopf und schon ist der Angreifer Geschichte. Die zahlreichen Gegner leisten kaum Widerstand und so verkommen die Schuss-Sequenzen zum unmotivierten „Getippse“. Glücklicherweise hinterlassen die über den Haufen geschossene Widersacher stärkere Waffen, wie eine Schrotflinte und eine MP, die Ihr in Euer Inventar übernehmen dürft. Die dickeren Wummen ersparen Euch ein wenig „Tipparbeit“, wenn das nächste Kanonenfutter erscheint. Nicht gerade für Spannung sorgen auch die simplen Verfolgungsjagden: In diesen Sequenzen steigt Ihr auf ein Motorrad, weicht Hindernissen aus und ballert auf die neben Euch fahrenden Feinde.
Als kleiner Wermutstropfen zieht immerhin die Umgebungsgrafik während der Biker-Einlagen flüssig an Euch vorbei. Auch im übrigen Spielverlauf geht die Grafik-Engine nur selten in die Knie. Zwischen den Stages erzählen ansehnliche Renderfilmchen die Geschichte weiter. Weniger hübsch anzuschauen sind hingegen die Gegner, die offenbar allesamt frisch aus der Klonmaschine geschlüpft sind. Kaum einer weist markante Unterschiede auf – wirklich enttäuschend. Einen weiteren Kritikpunkt bieten die Fehler in der Kollisionsabfrage. Das man einfach durch so manch massiven Steinblock hindurch spaziert, ist schon merkwürdig.
Hinsichtlich der Akustik kommt's dann ganz arg: Sammelt Ihr ein Medi-Pack ein, erklingt das gleiche kratzende Nachladegeräusch, dass Ihr auch beim Einsammeln von Munition zu hören bekommt. Die Musiktitel bestehen jeweils aus einem Loop, der sich nach rekordverdächtigen 20 Sekunden wiederholt. Zum Glück lässt sich die akustische Folger im Hauptmenü abstellen.
Ich mochte den zweidimensionalen Tomb-Raider-Teil, der im Jahr 2000 für den GameBoy Color veröffentlicht wurde. Auch mit dem neuen Legend-Teil auf der Xbox 360 hatte ich, dank neuer Steuerung, viel Spaß. Umso gespannter war ich auf die DS-Version, die 2D- und 3D-Elemente miteinander verbindet. Diese Variante bietet ebenso einige schöne Momente. Beim Stöbern in Grabkammern und Überwinden von Fallen stellt sich schnell das gute alte Tomb-Raider-Feeling ein. Leider macht die hakelige Steuerung viel von dieser Stimmung zunichte. Manche Sprungpassagen stellen die Geduld des Spielers auf eine harte Probe. In der Japan-Stage etwa hätte der Nintendo-Handheld beinahe Bekanntschaft mit der Wand gemacht. Die uninspirierten und viel zu leichten Schusswechsel mit Touchscreen-Einsatz dagegen strapazieren allenfalls die Kiefermuskeln beim Gähnen. Insgesamt bleibt diese Tomb-Raider-Umsetzung weit von der Qualität der übrigen Fassungen entfernt und ist deshalb nur für Fans interessant.