Dragon Quest Monsters: Joker
Rollenspielers Leid, Sammlers Freud
Hoch auf einem windigen Berg ist eine verzweifelte Stimme zu hören. Trotz des heulenden Sturmes, der Schnee und Kälte trägt, schallt sie laut und deutlich in das weit unten liegende Tal der Rollenspiel-Programmierer. Es ist die Klage des Rollenspielers im Land der Monstersammler:
„Gibt es denn kein Spiel, das gekonnt episches Rollenspiel mit einem guten Monstersammelspiel verbindet? Gibt es da kein mutiges Programmierteam, das diese Herausforderung annimmt? Das eine gute Geschichte mit dem Spaß, unzählige kleine Biester zu sammeln, vereint?“
Die Worte verhallten nicht ungehört. Weit wurden sie getragen, bis in die Studios von Square Enix, wo ein tapferes Team zu ihren Waffen griff, die Rüstung umschnallte und sich in dieses große Entwicklerabenteuer stürzte. Das Ergebnis ihrer Queste: Dragon Quest Monsters: Joker. Aber auch diese Beute wird von dem harschen Rollenspieler als zu leicht befunden…
Sicher, ein Lost Odyssey hat keiner erwartet, als ein neues Dragon Quest Monsters angekündigt wurde, aber der Standard von Dragon Quest 8 beim Geschichtenerzählen wäre ja schon mal was gewesen. Eine nette Geschichte mit genug Epik und Momentum. Genau den Zutaten, die auch diesem Monsters-Ableger wieder abgehen. Was wird geboten? Ein Turnier, das Ihr gewinnen müsst, um die dunklen Machenschaften im Hintergrund aufzudecken. Eigentlich kein schlechter Ausgangspunkt, leider bleibt es letztlich so weit an der Oberfläche, dass die Geschichte statt Tiefgang zu bieten, schon fast wieder aus dem Wasser rausguckt.
Das geht so weit, dass Ihr über weite Teile der ausgesprochen stattlichen 30-40 Stunden Spielzeit schlicht vergessen werdet, warum Ihr überhaupt an dem Turnier teilnehmt. Alle paar Stunden rüttelt Euch eine kurze, bedeutungslose Einlage aus der inhaltlichen Total-Lethargie, verpufft dann aber auch wieder so schnell wie sie kam.
Da die Story Euch nicht wach hält, konzentriert Ihr Euch auf die Monstersammel und -Duell Aspekte. Hier sieht es glücklicherweise weit besser aus. Das liegt schon allein an den Untieren der Dragon Quest-Serie. Sie sind einfach sooooo süüüüß! Nicht wie die Pokemons, irgendwie anders. So ein 'Blauer Schleim' hat eben seinen ganz eigenen Charme und auch wenn er kämpferisch eigentlich zu nichts nütze ist, hab ich ihn auch nach vielen Stunden noch dabei. Nur weil er so niedlich guckt. Selbst einen gewaltigen Megalodon könnt Ihr trotz seiner Größe ins Herz schließen.
Die Kämpfe mit den Fluffeln laufen dann so routiniert ab, wie Ihr es aus über 20 Jahren Dragon Quest gewohnt seid. Der Unterschied der Monsters-Reihe besteht darin, dass Euer eigentlicher Charakter als Avatar fungiert und er nur seine Schergen in die Schlacht schickt. Hier kämpfen sie entweder nach den Vorgaben, die Ihr der KI gebt, oder Ihr steuert die Kleinen einfach rundenweise mit dem Einsatz von Angriffen, Magie und Items. Alles schon reichlich bekannt, lediglich das System der Persönlichkeitsentwicklung durch eigene Kampfinitiative aus den Vorgängern wurde gekippt. Was wiederum kein großer Verlust ist, zumal es Euch damit leichter fällt, die richtige Strategie zu wählen.
Ihr solltet aber das generelle System des Japan-RPG-Kampfes schon schätzen. Ihr werdet sehr viel Zeit auf dem Kampfscreen verbringen. Hochleveln steht hier auf dem Pflichtprogramm und solltet Ihr darauf einfach keine Lust haben, haltet Ihr am besten gleich einen gesunden Sicherheitsabstand. Auch die Möglichkeit zur Monstersynthese wird dann nicht viel für Euch retten. Das Züchten der ersten Monsters-Teile wurde hier durch die asexulle Synthese abgelöst. Monster teilen sich jetzt in positive, negative oder neutrale Polarisierung auf. Gegensätze ziehen sich an und das Experimentieren bei der Erschaffung neuer Viecher bringt mindestens genau soviel Laune wie zuvor das Züchten.
Die generelle Grundmotivation an dem „Catch ´em all“-Prinzip sollte natürlich schon bei Euch stark ausgeprägt sein. Dann könnt Ihr auch die strategischen Feinheiten des Systems würdigen. Bei der Verbindung der Monster gibt es genug zu beachten, und ohne jetzt zu tief in die Details zu gehen: Es läuft nicht auf reines Ausprobieren hinaus. Technik und Taktik sind vorhanden und müssen für Erfolge auch genutzt werden.
Eine weitere effektive Art an neue Monster zu kommen, bietet Euch das Spiel durch das Umwerben Eurer Feinde. Eure eigene Bande zeigt sich von ihrer gefährlichsten Seite, ohne jedoch Schaden zu machen. Der Feind gibt sich entweder davon beeindruckt und schließt sich Euch an oder ihn lässt es kalt. In diesem Falle steckt Ihr eine Runde ein und solltet es mit einer stärkeren Truppe noch mal versuchen. Gerade bei mächtigen Monstern ist der Versuch natürlich heikel, aber dafür macht Ihr Freudensprünge, wenn es doch klappt.
Und so nett das alles auch daherkommt: Meine Hoffnung, dass vielleicht das inzwischen dritte Monsters-Game des Dragon Quest Offspins sich seiner Rollenspielwurzeln besinnt und zusätzlich zu der grundsoliden, wenn auch alles andere als innovativen Sammeltriebförderung eine echte Handlung bietet, wurde wieder nicht erfüllt. Genrefans werden sich abermals durch die Monsterlevel metzeln, Ihr rafft die Viecher was das Zeug hält, aber am Ende geht es erneut um nichts anderes, als die Freude am virtuellen Besitz schnuffiger Monster. Ich will aber mehr. Und nach einer mehr als erklecklichen Anzahl von Auflagen des Konzepts seit Pokemon solltet auch Ihr mehr wollen. Wir haben ein Recht darauf. Gibt es denn kein mutiges Team, das diese Herausforderung bewältigen kann?
Dragon Quest Monster: Joker ist ab sofort exklusiv für das Nintendo DS zu haben.