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NBA Live 07

Endgültig abgedunkt.

NBA Live 07 ist ein seltsames Spiel. Obwohl „ein Spiel“ eigentlich überhaupt nicht stimmt. Genau genommen besteht NBA Live 07 nämlich aus zwei vollkommen verschiedenen Teilen, aus denen man mehr als nur ein Spiel machen könnte: Auf der einen Seite der Dynasty-Modus, in dem Ihr über mehrere Jahre hinweg Manager und Trainer eines NBA-Teams in Personalunion verkörpert. Und auf der anderen Seite das Basketballspiel an sich, das Euch die hochbezahlten Stars über den Platz scheuchen lässt. Eines dieser beiden Spiele hat Electronic Arts bestens hinbekommen, das andere weitaus weniger gut. Überraschenderweise aber nicht das, was Ihr wahrscheinlich erwartet.

Erst einmal vorweg, damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich gibt es noch mehr als nur den Dynasty-Modus. Ihr könnt die üblichen Freundschaftsspiele absolvieren, ganze Saisons ohne Managementaufgaben spielen und Euch in den beliebten Allstar Weekends austoben. Wie schon im Vorjahr sind in den Allstar Weekends Dunking Contest sowie 3 Point Shootout enthalten und beide Minispiele funktionieren wirklich gut. Während der 3 Point Shootout allein Euer Timing beim Schießen auf die Probe stellt, geht es beim Dunking Contest darum, den Ball möglichst spektakulär in den Korb zu stopfen. Ihr nehmt Anlauf, springt ab, entscheidet Euch für eine Dunking-Variante und verpasst dem Ganzen noch Eure eigene Note. Schnelligkeit und Geschick, aber auch ein gutes Auge sind gefragt - etwa, um den richtigen Punkt zum Absprung zu finden.

Auf dem Weg zur Meisterschaft

Dirk Nowitzki stolpert - und NBA Live 07 gleich mit.

Für eine Runde zwischendurch ist das ganz nett, aber die meiste Zeit werdet Ihr eben mit dem Dynasty-Modus verbringen. Der beginnt ganz einfach: Ihr wählt Euer Lieblingsteam der NBA aus und verpflichtet als erstes mal zwei neue Rookies. Wie in der Realität gibt es einen Draft, in dem sich die Clubs der Reihe nach aus der Masse der Nachwuchsspieler einen aussuchen. Wer in der Vorsaison schlecht abgeschnitten hat, ist als einer der ersten an der Reihe und hat die beste Auswahl. Damit Ihr nicht von Statistiken erschlagen werdet, gibt Euch NBA Live 07 allerlei Tipps, welchen Spieler Ihr wählen solltet: Wo liegen die Schwächen Eures Teams, welche Stärken besitzt der Rookie und so weiter und so fort. Ihr könnt Euch sogar jederzeit anzeigen lassen, welchen Spieler die anderen Clubs voraussichtlich wählen werden - eine große Hilfe, um nicht von vornherein auf's falsche Pferd zu setzen.

Habt Ihr das hinter Euch gebracht, geht es weiter mit dem Management: Assistenztrainer und Scouts wollen unter anderem eingestellt werden, müssen gute Arbeit abliefern, gleichzeitig aber ins Budget passen. Dann fahrt Ihr als Saisonvorbereitung ins Trainingscamp, trefft Entscheidungen über den Schwerpunkt der Übungseinheiten (Offensive, Defensive, Fitness) und begutachtet schließlich die Ergebnisse. Denn selbstverständlich verbessern sich die Spieler bei gutem Training mit der Zeit, machen Fortschritte. Auf der anderen Seite können sie sich aber auch verletzen - und wenn mal ein paar Spiele in Folge verloren gehen, sinkt die Moral der Truppe in den Keller, was sich ebenfalls auf die Leistung auswirkt. Ermüden können die Spieler über die Saison hinweg nun übrigens ebenfalls.

Kurz und gut: EA hat den Dynasty-Modus gegenüber den Vorjahren noch einmal deutlich verbessert. Alle wünschenswerten Features sind vorhanden. An komplexe Wirtschaftssimulationen wie EAs eigene Fußball-Manager-Reihe kommt er natürlich nicht heran, aber das würde in einem Titel wie NBA Live auch deplatziert wirken.

... oder in die Kreisklasse?

Schüsse aus der Distanz solltet Ihr nur riskieren, wenn Ihr gute Rebounder im Team habt.

Das Problem ist nur: Das Basketballspiel an sich ist eine Enttäuschung. In den letzten drei, vier Jahren hat sich auf dem Platz nämlich fast gar nichts getan. Nehmen wir das Aufbauspiel. Auch wenn es selten so aussieht, ist Basketball eigentlich ziemlich taktisch: Ohne einstudierte Spielzüge geht nichts, wenn man gegen eine gleichwertige Mannschaft antritt. NBA Live 07 jedoch versucht diesen Aspekt gar nicht erst ernsthaft zu simulieren. Die KI-Gegner laufen immer gleich, spielen plan- und konzeptlos. Der Spieler selbst fährt am besten ein Fastbreak nach dem anderen. Sprich: Ball schnell nach vorne passen, rennen, eventuell noch einen freien Mann suchen, zum Korb ziehen - irgendwie wird er schon reingehen. Schüsse von außen sowie ein ruhiger, gepflegter Spielaufbau sind fast unmöglich. Nicht zuletzt, weil die NBA-Stars eine Trefferquote haben wie unsere C-Jugend damals in der Kreisliga. Ich will lieber nicht darüber sprechen.

In der Verteidigung präsentieren sich die computergesteuerten Teams ein wenig intelligenter. Sie gehen aggressiv auf den Ball, doppeln häufig den Guard, sind bei Steals und Blocks erfolgreich. Aber trotzdem sieht das, was das auf dem Platz vor sich geht, nie so richtig nach Basketball aus. Die Spieler schweben förmlich ohne Bodenhaftung über das Parkett und es wirkt so, als hätten die Animationen mehr Kontrolle über ihre Bewegungen als die Steuerung: Mal reagieren sie deshalb nur mit arger Verspätung auf Eingaben, mal „teleportiert“ sie das Spiel einfach ein Stück weiter, um eine passende Animation abspielen zu können.

Diese Probleme sind seit Jahren bekannt - aber anstatt sie zu beheben, hat EA lieber neue Features eingebaut, über deren Sinn man sich streiten kann. So gibt es seit NBA Live 06 beispielsweise die so genannten Superstars, die mit ihren besonderen Fähigkeiten ein Spiel kippen können. Was sich in der Theorie gut anhört, führt letztendlich aber dazu, dass Ihr fast nur noch über diese Superstars spielt und die anderen Spieler zu Statisten verkommen. Das mag zu einem gewissen Grade realistisch sein. Dem ohnehin schon eintönigen Spielablauf ist es aber nicht gerade zuträglich, wenn sich das Geschehen auf ein, zwei Mann pro Team konzentriert.

So simpel ist der Spielaufbau fast immer: Nach vorne rennen, was das Zeug hält.

Darüber hinaus sind in NBA Live 07 noch einige neue Probleme oder gar Bugs hinzugekommen. Zum Beispiel gegnerische Spieler, die im Angriff den Ball gerne mal zehn Sekunden lang festhalten und selbst frei vor dem Korb stehend den Abschluss nicht suchen. Oder das neue Freiwurfsystem, bei dem Ihr per Analogstick eine Art Schussbewegung vollführt. Prinzipiell gut, nur haben die Statistiken der Spieler dadurch jetzt offenbar keinen Einfluss mehr auf den Erfolg - so dass sogar ein Shaquille O'Neal locker auf eine hundertprozentige Ausbeute kommen kann.

Alles in Allem fühlt sich NBA Live 07 einfach nie wie ein echtes Basketballspiel an. Es würde gerne eine Simulation sein, aber es ist keine. So einfach ist das. Dass auf der PlayStation 2 keine großen Fortschritte mehr in Sachen Grafik zu erwarten sind - okay, damit kann ich leben. Dass es im Vergleich zu NBA Live 06 nur wenige neue Features gibt, empfinde ich auch nicht als so tragisch. Aber dass es sich schlicht und ergreifend schlechter spielt als sein Vorgänger, das darf einfach nicht sein.

Um zum Punkt zu kommen: Für mich ist NBA Live 07 eine Enttäuschung. Der wirklich, wirklich gelungene Dynasty-Modus könnte so viel Spaß machen - wenn das Basketballspiel selbst doch nur nicht so viele Schwächen hätte. Es ist nicht abgrundtief schlecht, nur um das auch mal festzuhalten. NBA Live 07 ist „spielbar“ und als Fan kann man vielleicht über den einen oder anderen Fehler hinwegsehen. Aber ich will das nicht mehr, weil ich mich über viele der Probleme schon x-mal in den letzten Jahren geärgert habe. Und wenn Ihr eine der letzten zwei, drei Ausgaben der Reihe besitzt, solltet Ihr das auch nicht tun.

NBA Live 07 ist für PC, PlayStation 2 und PSP bereits im Handel erhältlich. Die Xbox-360-Version folgt am 12. Oktober.

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In diesem artikel

NBA Live 07

PS3, Xbox 360, PS2, Xbox, PSP, PC

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