RACE - The official WTCC Game
Aktuelle Lizenz, altes Spiel
Erst vor zwei Monaten haben wir mit GTR 2 ein aktuelles Werk der schwedischen Spieleschmiede SimBin getestet und schon legen die eifrigen Entwickler das nächste Spiel nach: RACE - The WTCC soll erneut die Fans beinharter bzw. realistischer Rennspielsimulationen ansprechen. Diesmal jedoch mit einer aktuellen Lizenz der Tourenwagen-Weltmeisterschaft. Die Fahrzeuge sind jetzt zwar deutlich schwachbrüstiger als die Boliden der FIA GT Meisterschaft, dafür aber auf dem neusten Stand.
Altbewährte Technik in neuem Lack
Dass es sich bei Race nicht um eine völlige Neuentwicklung handeln kann, lässt schon der kurze Zeitraum zwischen diesen beiden Veröffentlichungen erahnen. Dementsprechend bietet sich beim Start des Spiels eine recht gewohnte Umgebung und Präsentation Auch wenn der Look farblich anders gestaltet wurde, sind große Ähnlichkeiten zum GTR-Menü daher nicht zu übersehen. Im Vergleich zu GTR 2 fällt bei der Durchsicht der Menüpunkte sofort auf, dass die Fahrschule entfallen ist. Das stimmt befremdlich, denn gerade bei einer komplexen Simulation wie dieser sollten Spieler mehr Unterstützung erhalten als nur einige textliche Tipps. OK, es gibt einen Übungsmodus, doch dort ist der angehende WM-Fahrer völlig auf sich allein gestellt. Anfänger fräsen daher sicher des Öfteren die eine oder andere Schneise in das Kiesbett.
Trotzdem – und obwohl es sich zunächst liest wie ein Widerspruch - ist Race für Neulinge deutlich zugänglicher als die bisherigen Simulationen der Schweden. Das liegt daran, dass der Anfänger-Modus diesmal auch wirklich leicht ist. Zum einen wegen der vielen zuschaltbaren Fahrhilfen und sehr vielen Einstellungsmöglichkeiten, mit denen der Fahrspaß den eigenen Fähigkeiten angepasst wird. Vor allem aber aufgrund eines mehr als moderater Schwierigkeitsgrades, der tatsächlich auch für totale Greenhorns Erfolgserlebnisse ermöglicht. Hatte man als Neuling noch in GTR 2 teilweise erhebliche Probleme als Sieger aus den Rennen hervor zugehen, fällt das auf "Anfänger" mehr als einfach. SimBin nahm sich hier scheinbar die Kritik zu Herzen und bietet eine deutlich zugänglichere Spielerfahrung - ohne jedoch gleichzeitig den Realitätsanspruch zu opfern.
Realismus pur!
Denn egal, welchen Spielmodus man wählt - Blitzrennen, Rennwochenende, eine komplette Meisterschaft oder Mehrspieler-Wettfahrten - immer steht die möglichst wirklichkeitsgetreue Nachbildung der Rennen im Vordergrund. Wie schon von der GTR-Reihe bekannt, besitzen alle Fahrzeuge eine höchst realistische Fahrphysik – besonders hinsichtlich Abbremsen und Beschleunigen. Während sich dabei die Vehikel mit Fahrhilfen noch sehr gut steuern lassen und kaum zum unter- bzw. übersteuern neigen, sieht das Ganze ohne diese Unterstützung schon ganz anders aus. Auch wenn es sich bei den Touren-BMWs, Seats, Alfa Romeos, Hondas, Chevrolets und Peugeots nicht um PS-Granaten der Marke Ferrari oder Lamborghini handelt, gehört dann ein gehöriges Maß an fahrerischem Können und Fingerspitzengefühl dazu, die Wagen auf der Strecke zu halten. Wer zu forsch mit seinem Fuß aufs Gaspedal steigt, hat schon verloren und das Fahrzeug dreht Pirouetten ohne Ende, bewegt sich ansonsten aber kaum von der Stelle. Geschweige denn, dass man so ein Rennen gewinnen könnte. Nur Profis wagen es daher, alle Fahrhilfen komplett zu deaktivieren.
Erstmals dürft Ihr auf Fronttriebler zurück greifen. Auch sie unterliegen denselben Vor- und Nachteilen, fahren sich aber spürbar anders als die Boliden mit Hinterradantrieb und neigen zum Untersteuern in Kurven. Einen großen Anteil an dem realitätsnahen Fahrgefühl vermittelt zudem das Schadensmodell, besser gesagt die Defekte selbst. Mit einem Plattfuß fährt es sich nicht nur deutlich schlechter, man kommt kaum noch voran bzw. beschädigt seinen Wagen noch weiter und rattert bald auf den Felgen über die Strecke. Noch schlimmer äußern sich Getriebeschäden oder gar Motorenausfälle, bei denen man es unter Umständen nicht mal mehr im Kriechtempo zur Box schafft und ausfällt. Optisch äußern sich etliche Schäden wie gewohnt durch weg fliegende Motorhauben, Stoßstangen, Heckflügel und so weiter.
Platz da, hier komm ich!
In Race kommen Karambolagen fühlbar häufiger vor als früher. Das hat seinen Ursprung in den Regeln dieses Tourenwagen-Wettbewerbs, wo durchaus auch mal Blechschäden in Kauf genommen und Unfälle toleriert werden. Positionskämpfe sind daher an der Tagesordnung und die aggressiv vorgehenden KI-Fahrer scheuen sich nicht, Euer Vehikel mit einem Schubser von der Strecke zu befördern. Wer jedoch auf die Idee kommt, sich mit einer Runde als Geisterfahrer zu revanchieren, landet schnell im Abseits bzw. in der Box. Falschfahrer werden nämlich schon nach wenigen Metern disqualifiziert. Zum Reglement des FIA World Touring Car Championship gehört außerdem das "Handycap"-Gewicht - Fahrer erhalten abhängig von ihrer Platzierung im vorherigen Rennen ein Gewicht ins Auto gelegt, das eventuelle Ungleichheiten beseitigen bzw. mildern soll.
Nichts geändert hat sich an den vier verfügbaren Perspektiven. Abgesehen von der beliebten "Stoßstangen"-Ansicht, bietet Euch das Spiel Kameraperspektiven aus dem Inneren der Fahrzeuge, eine "Ego"-Ansicht mitsamt Motorhaube, sowie einen Sichtwinkel vom Heck. Wie immer ist Eure Wahl Geschmackssache, allerdings erweist sich der sichtbare Ausschnitt aus dem Cockpit für eine sinnvolle Renngestaltung doch eher ungeeignet.
Wagen hui, Zaungäste pfui!
Wie auch schon bei den drei vorangegangenen SimBin-Titeln konzentrieren sich die Entwickler sichtlich auf die Vehikel-Optik und das Asphalt-Geschehen, vernachlässigen aber die Details abseits der Strecke. Während die Pisten ohne Beanstandungen bleiben, wirkt die Kulisse drumherum sehr steril, ja geradezu leblos und die Texturen oft matschig. Ab und zu stehen irgendwo einige Zuschauer rum, die schrecklich nach 2D aussehen. Und die Fahnen schwingenden Streckenposten, die Ihr gelegentlich erspäht, geben auch nicht mehr her als Pixel-Dummies. Dies mag zwar angesichts des ansonsten gelungenen Renn-Flairs nur eine Randnotiz sein, ein perfektes Rennevent besteht aber eben nicht nur aus qualmenden Reifen und röhrenden Motoren. Auch eine mitgehende Zuschauermenge kann für sehr viel Atmosphäre sorgen.
Für eine unter dem Strich überzeugende Vorstellung sorgt aber der satte Sound der Boliden, bei denen jeder Schaltvorgang, das Röhren der Aggregate und viele kleine Details Rennsportfans akustisch überzeugen werden.
Wer Spaß an Mehrspielerpartien hat, darf sich bei Online-Rennen mit bis zu 25 anderen Fahrern messen. Na ja, das heißt, wenn Ihr Mitspieler findet. Das hat sich in der Vergangenheit als nicht immer einfach erwiesen. Während unserer Testphase fanden sich aus verständlichen Gründen keine anderen Renn-Enthusiasten.
Mit RACE - The official WTCC Game ist den schwedischen Entwicklern erneut ein überdurchschnittlich gutes Rennspiel gelungen. Allerdings stellt sich die Frage, was einen Fan, der bereits GTR und/oder GTR 2 besitzt, dazu animieren soll, es zu kaufen? Neue Features sind rar, lediglich ein für Anfänger deutlich zugänglicheres Gameplay sticht hervor. Eine neue Lizenz? Hmm, ich konnte auch mit den älteren Modellen der GTR-Reihe sehr gut leben. Wer noch keine der SimBin-Simulationen sein Eigen nennt und eine aktuelle Rennsimulation auf hohem Niveau sucht, wird mit Sicherheit nicht enttäuscht. GTR 2-Besitzer können hingegen getrost bei ihrem Liebling bleiben, da Race im Gesamtpaket eher hinten dran klebt.
Race steht ab dem 24.11. in den Regalen. Eine Demo ist bereits seit einigen Tagen hier erhältlich.