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Splinter Cell: Double Agent

Schleichgang mit Macken

"Die Kunst des Krieges" von Sun Tsu ist eines der frühesten Werke seiner Art zu diesem Thema und gilt vielen auch heute noch als wegweisend. Dasselbe könnte man über die Splinter Cell-Reihe sagen, die ein ähnliches Renommee auf dem Gebiet der Schleich-Shooter aufweist und mit dem Protagonisten Sam Fisher sogar über eine astreine Identifikationsfigur verfügt. Doch auch solche Helden sind gelegentlich vom Schicksal gebeutelt und müssen die eine oder andere Wendung in ihrem Leben verkraften. Und so kommt es, dass der Geheimagent der NSA-Splittergruppe "Third Echolon" in seinem vierten Abenteuer Splinter Cell: Double Agent auf der Playstation 3 abermals ein doppeltes Spiel treibt: Die PS3-Fassung ist quasi identisch mit seiner Mission auf der Xbox 360.

Über die Kriegskunst

Papa darf mich nicht wieder beim Zocken erwischen ...

Unverändert ist daher nicht nur die zugrunde liegende 08/15-Terroristen-Story, bei der Ihr die Welt rettet, sondern auch das gewohnt eingängige Gameplay. Nach wie vor ist Sam Fisher darauf bedacht, möglichst kein Aufsehen zu erregen und seine Aufträge unentdeckt auszuführen. Womit er sich übrigens auch auf einer Wellenlänge mit Sun Tsu befindet, dessen Philosophie des Krieges ja besagt, den Kampf möglichst zu vermeiden. Das fällt Sam nach dem tragischen Verlust seiner Tochter jedoch zunächst nicht gerade leicht und so gerät der Held früherer Tage auf die schiefe Bahn. Und findet sich schon bald darauf im Knast wieder - landet aber nur kurz darauf erneut im Dienst der Geheim-Organisation. Allerdings in einer neuen Rolle als Doppelagent, der die Terror-Organisation John Brown's Army (JBA) unterwandern soll.

Dieser Story-Kniff bedeutet gleichzeitig, dass Ihr als Mr. Fisher Aufträge für beide Seiten der "Macht" ausführt und bei Missionen sowohl für die Terroristen als auch Regierung vor die eine oder andere knifflige Entscheidung gestellt werdet: Killt Ihr den unschuldigen Typen (dessen Leben ohnehin verwirkt ist), um Eindruck bei den bösen Buben zu schinden oder bleibt Ihr sauber und verschont ihn - womit Ihr jedoch Vertrauen bei der JBA einbüßt? Wie auch immer Ihr Euch in solchen Situationen entscheidet, allein daran werdet Ihr nicht scheitern, denn das neue Vertrauenssystem ist ziemlich milde und verzeiht so manchen Fehltritt. Andersrum dürft Ihr Euch hier und da einen Fehltritt beim Spionieren erlauben, ohne dass Euch gleich wieder der Game Over-Bildschirm entgegenflackert, wie es in den vorherigen Teilen der Serien oftmals der Fall war.

Das Schwert in der Scheide

Zwei gegen einen, das ist doch unfair!

Mit seiner neuen Tätigkeit als Undercoveragent verschlägt es Fisher wieder an einige sehenswerte Locations, jedoch muss sich unser Protagonist öfter als je zuvor ans Tageslicht gewöhnen. Das macht zwar einige Einsätze nicht eben einfacher, aber herausfordernder und neben vermindert Ihr mit der Suche nach schattigen Plätzchen das Hautkrebs-Risko.

Für aufmerksame Leser und/oder Splinter Cell-Fans werden all diese Details keine Neuigkeit darstellen, denn wie schon bemerkt, unterscheidet sich die PS3-Version des Spiels nur in Nuancen von seinem Xbox 360-Vorläufer. Kommen wir also auf diese kleinen, aber feinen Unterschiede zu sprechen. Da wäre zum einen die Möglichkeit, Schlösser mithilfe der Tilt-Steuerung des Sixaxis-Controllers zu öffnen. Dazu rüttelt Ihr in diesen Situationen ein wenig am Gamepad, was im Vergleich zur üblichen Technik via Analogstick nicht wirklich eine drastische Verbesserung ausmacht. Ebenso wenig dürften die zwei neuen Multiplayer-Maps sowie ein neuer Skin (Spy Girl) als absolutes Verkaufsargument durchgehen. Möglicherweise werden diese Features über früh oder lang auch für die 360 verfügbar sein.

Auch die PS3 bietet den ein oder anderen Augenschmaus.

Das soll aber nicht heißen, dass der Multiplayer-Modus an Reiz verloren hätte. Die Mehrspieler-Hatz zwischen Söldnern und Spionen ist nach wie vor eine gelungene Abwechslung zum sonstigen Shooter-Einerlei und erweitert den Umfang des Spiels auf spannende Art und Weise. Abgesehen von den oben angeführten Punkten spricht aber im direkten Vergleich kaum etwas für die PS3-Fassung von Splinter Cell: Double Agent, eher gibt es noch einige Argumente, die den Kauf eher madig machen. Auf dringende Verbesserungen im Lade- und Speichermanagement wurde verzichtet, sodass erneut unnötig lange und umständliche Prozeduren das Nervenkostüm strapazieren. Schlimmer jedoch sind gelegentlich ruckelnde Videos, teilweise verzerrt erscheinende Texturen und fehlende Partikeleffekte, die unterm Strich dafür sorgen, dass diese Version schlechter abschneidet als die Xbox 360-Fassung.

Das ist schade, denn ansonsten ist Double Agent noch immer ein gelungener Schleich-Shooter, der alle Elemente der erfolgreichen Serie in sich vereint: Spannende Schleicheinlagen auf der Suche nach dem richtigen Lösungsansatz, Augenschmaus-Lichteffekte, ein Hauptcharakter, mit dem man sich identifizieren kann, gelungene Steuerung, passender Soundtrack, knifflige Aufgaben. Warum dann bei der Umsetzung teilweise geschlampt wurde, bleibt wohl Ubisofts Geheimnis. Obendrein unverständlich ist zudem, dass man wieder viel zu wenig aus den Möglichkeiten des Sixaxis-Controllers gemacht und nur eine klitzekleine Alibi-Funktion eingebaut hat.

Letztendlich schließt sich am Ende auch der Kreis von Splinter Cell zu Sun Tsu, denn in beiden Fällen ist nicht alles Gold, was glänzt. Ließ der Militärstratege zur Veranschaulichung seiner Führungsqualitäten die Lieblingskonkubinen seines Herrschers enthaupten, wurde bei der Umsetzung der PS3-Version von Splinter Cell: Double Agent bei einigen Details geschlampt und mit Neuerungen gegeizt. Das macht zwar aus dem neuesten Abenteuer des Schleich-Künstlers noch lange kein schlechtes Spiel - trotzdem fällt es in dieser Version gegenüber der 360-Fassung ab. Wer die Wahl hat, sollte daher lieber zu einer mittlerweile wohl günstiger verfügbaren Konkurrenz-Fassung greifen.

8 / 10

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