Sonic Riders
Der Igel kriegt die Kurve nicht!
Vor einiger Zeit veröffentlichte Sega für die Konsolen ein Spiel namens Sonic Riders. Der blaue Igel mit dem Rieseniro, der Punker sicherlich vor Neid erblassen lässt, mimte den Star-Akteur. Allerdings sahnte dieser Arcarde-Racer nicht gerade Bestwertungen ab – „macht nix“, dachte sich wohl Sega, und veröffentlicht den Titel jetzt auch für die PC-Spieler. Ob das wirklich so eine gute Idee und vor allem Investition war ...?
Die Luft macht's aus
Die Story von Sonic Riders ist schnell erzählt: Sonic und seine Kumpanen nehmen an einer Boardermeisterschaft Teil, um ein paar Kristalle, die sich liebevoll Chaos Emeralds schimpfen, wieder in ihren Besitz zu bringen. Einer davon wurde dem blauen Igel nämlich kurz zuvor von den Dieben der Babylon Rogues geklaut; und die nehmen auch am Turnier teil, das übrigens Erzfeind Dr. Eggman alias Dr. Robotnik veranstaltet. So weit, so ungemein episch - und ein Grund für Sonic, die roten Siebenmeilenstiefel ab und ein ultra-“cooles“ Airboard anzuschnallen. Das könnt Ihr wahlweise im Story-, Team-, Missions- oder Überlebensmodus misshandeln. Letzteren hätte man sich übrigens sparen können, da er etwa so spaßig ist, wie die Mehrwertsteuererhöhung.
Kommen wir zum Gameplay: Auf zahlreichen abgedrehten Strecken düst Ihr mit der KI auf Airboards um die Wette. Neben dem Gefühl, als würde man einen Porsche auf einer Seifenbahn fahren, gibt es noch einige Besonderheiten: Ab einer bestimmten Geschwindigkeit hinterlässt jeder Fahrer einen Luftstrom, auf den die Hintermannen „aufspringen“ können. Auf diesem fliegt es sich dann fast wie von selbst und um einiges schneller ist man obendrein. Das freut einen so lange, bis man selbst erster ist und nach 30 Sekunden mit einem Affenzahn überholt wird. Noch ärgerlicher ist es dann, wenn die KI auf Euch einkloppt – ihr verliert einiges an Speed und die aufgesammelten Ringe sind auch weg. Aufgesammelte Ringe? Die beeinflussen maßgeblich das Spielgeschehen. Habt Ihr genügend Ringe, steigt Ihr ein Level auf und Euer Airboard besitzt mehr Luftreserven (dazu gleich mehr). Je nachdem welches Board man sich gerade untergeschnallt, soll man außerdem mehr oder weniger schnell fliegen und die Kurve kratzen können – in der Praxis sind die Unterschiede aber so gering, dass sich lediglich absolute Airboardgurken von den Topspeedmodellen unterscheiden. Faustregel ist daher: Steigst du ein Level auf, hast du mehr Luft im Tank.
Womit wir beim entscheidenden Feature wären: Ein nette und (viel zu) kleine Leiste am rechten Bildschirmrand zeigt an, wie viel Luft Euch für diverse Aktionen zur Verfügung steht. Diese verbraucht sich zum Beispiel, wenn Ihr den Turbo einlegt oder Euch in den Kurven durch Luftschübe stabilisiert. Aber auch beim normalen Fliegen sinkt der Balken stetig. Damit Euch nicht irgendwann völlig die Luft wegbleibt, sind deshalb Tricks angesagt, die Ihr im Luftstrom oder an zahlreichen Rampen vollführen könnt. Klingt recht interessant, ist es aber nicht – mangelnder Abwechslung sei Dank. Solltet Ihr übrigens irgendwann ohne Luft im Tank dastehen – und das passiert wegen der schlechten Spielbalance ziemlich oft -, schnallt Sonic oder wen immer Ihr gerade steuert das Board ab und hechelt zu Fuß bis zur nächsten Zapfsäule, an der Ihr wieder genügend Luft saugen könnt. Das kostet inklusive Gerenne massig Zeit und ist oft der Grund für einen Neustart.
Viel Frust, viel Lohn?
Neu starten werdet Ihr aber auch so öfter, als Euch lieb ist. Da die KI selbst die schärfsten Kurven ohne Geschwindigkeitsverlust meistert und die verwirrenden Strecken wie ihre Westentasche kennt, ist im Storymodus hin und wieder Tastaturbeißen angesagt. Tipp: Das Spiel im Fenstermodus laufen lassen und die eigene Lieblingsmucke einschmeißen. Da merkt man gar nicht, wie oft man eigentlich verliert.
Immerhin erwarten den Sonicfan über den Storymodus hinaus insgesamt 100 Missionen und zahlreiche freispielbare Charaktere, unter anderem Bösewicht Dr. Eggman und Aiai aus Super Monkey Ball. Die Fahrer weisen übrigens wie die Airboards auch verschiedene Stärken und Schwächen auf. Sonic-Gefährte Knuckel the Echidna etwa haut feste druff und kann sich den Weg zu verborgenen Abkürzungen freikloppen. All das täuscht aber nicht über einen eher schlechten als rechten Racer hinweg, der schon vor einem halben Jahr auf der Konsole die Runde machte.
Eine mittelmäßige Grafik, eine Musikuntermalung, bei der man sich wie in der Kinderdisko fühlt, und eine Steuerung, die am besten mit dem Wort „Seife“ in Verbindung zu bringen ist – solche Zutaten machen den schwer genießbaren Sonic Riders-Drink aus. Und dabei hätte man mit ein paar Kniffen den Spaßfaktor gewaltig anheben können. Aber Sega hat es wohl in einem halben Jahr nicht geschafft, die etwas zu starke KI und das unausbalancierte Luftfeature in den Griff zu kriegen. So bleibt der Arcarde-Racer nur ein weiterer unter vielen – auch wenn er für Sonic-Fans, die nichts gegen die hanebüchene Storys einzuwenden haben, sicherlich einen Blick wert sein dürfte.