Superman Returns
Superman kehrt zurück ... und stürzt ab.
Mitte August startete Superman in den deutschen Kinos zu seinem neuen Abenteuer und musste einmal mehr Metropolis und die ganze Welt vor den Machenschaften des bösen Lex Luthor beschützen. Ungewöhnlich: Da das passende Spiel zum Film nicht pünktlich fertig wurde, hob man sich die Veröffentlichung bis zum DVD-Start des Streifens und damit ebenso bis zum lukrativen Weihnachtsgeschäft auf. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Nun ist ja auch allgemein bekannt, dass die meisten Film-Umsetzungen eher eine durchschnittliche Qualität bieten. Also gibt es kein Superspiel für Superman? Nein, wohl eher ein Super-Reinfall.
Fünf Jahre war Superman spurlos verschwunden. Und wenn man sich das Spiel zum Kinofilm anschaut, dann wäre er auch besser da geblieben, wo er sich in diesem Zeitraum aufhielt. Denn hier stimmt einfach gar nichts.
Zunächst besitzen Film und Spiel - außer dem Titel, den Charakteren, einigen durch den Streifen inspirierten Zwischensequenzen und dem Endkampf - keine Gemeinsamkeiten. Wobei die finale Schlacht auch nicht so der Brüller ist. Die letzte Aufgabe besteht schlicht und ergreifend darin, eine von Lex Luthor erschaffene Kryptonitinsel aus dem Wasser zu heben und in den Weltraum zu befördern. Schon herrscht wieder Friede, Freude, Eierkuchen. War es das etwa schon? Lex Luthor mal ordentlich verprügeln? Fehlanzeige. Louis Lane in spektakulärer Art und Weise retten? Auch nicht. Na gut, gerettet wird die gute Dame schon, unter einem packenden Showdown versteht man aber im Grunde etwas anderes. Auch nicht schlecht: Die Verpackung verspricht zwar ein aus 60 Jahren Comic-Geschichte inspiriertes Gameplay, aber eigentlich würde das fertige Endprodukt gerade mal für zwei bis drei Comics ausreichen - sofern der Autor noch sparsam dabei umgeht.
Immerhin bekommt Ihr es mit bekannten Gegnern zu tun. Beispielsweise Brainiac, Bizarro oder Mr. Mxyzptlks (wie spricht man das eigentlich aus?). Die Gefechte gestalten sich dabei stets nach dem gleichen und überaus drögen Prinzip. Wie in Guitar Hero 2 erscheinen bestimmte Symbole auf dem Bildschirm und Ihr müsst lediglich im richtigen Moment die passende Taste drücken. Ist vielleicht am Anfang noch „ok“, nervt aber auf Dauer gewaltig. Und warum muss eigentlich jeder der Bosse in der Luft schweben? Weil es cool ist? Weil es so herausfordernder erscheinen soll? Ich weiß es nicht. Was ist mit dem guten, alten „finde bei jedem Boss die richtige Takik und den Schwachpunkt“-System? Wäre zumindest ein Anfang.
Als Lückenfüller zwischen den Bosskämpfen dienen kleinere Missionen, jeweils drei pro Fiesling. Diese versprechen auf den ersten Blick etwas mehr Abwechslung. Beim zweiten Blick bemerkt man hingegen, dass sich die Missionen nach einer Weile zu oft wiederholen – was wiederum die Einfallslosigkeit der Entwickler demonstriert. Von fehlender Logik ganz zu schweigen. Wie sonst ist es zu erklären, dass man bei einer Aufgabe Zivilisten von brennenden Ölplattformen retten muss, obwohl die Mission ja eigentlich laut Karte innerhalb Metropolis stattfindet? In weiteren Einsätzen löscht Superman brennende Autos, pustet Häuser gerade oder jagt böse Roboter – auch nix dolles.
Die Missionen tauchen gleichzeitig mit den Schurken auf und sind indirekt miteinander verbunden. Ihr könnt also erst in aller Seelenruhe den Obermacker umnieten und dann die Krisenherde aus der Welt schaffen. Spannender wäre es zweifelsohne gewesen, wenn man erst diese drei Aufgaben erledigen müsste, bevor es anschließend zum Chef geht. Aber wer braucht schon Spannung? Bei jedem Einsatz sorgt derweil ein knapp bemessenes Zeitlimit für Hektik. Am Start habt Ihr jeweils etwas über eine Minute Zeit, um die gestellten Aufgaben zu erledigen – in den höheren Schwierigkeitsgraden sogar noch weniger. Kaum Spielraum also für Fehler oder längeres Suchen nach den Zielen, die nicht immer auf der Karte des Einsatzgebietes sichtbar sind. Vor allem in den drei mit Bizarro zusammenhängenden Einsätzen kann das recht frustrierend sein, weil dort die Stadt auf dem Kopf steht. Grandiose Idee: Dreht einfach das Bild um.
Im Gegensatz zur Xbox 360 Fassung bewegt Ihr Euch übrigens nicht in Echtzeit durch Metropolis. Stattdessen gibt es eine Übersichtskarte, die wiederum in diverse Hexfelder aufgeteilt ist. Da fühlt man sich gleich an die angestaubten Rundenstrategiespiele auf dem PC erinnert – also die von vor zig Jahren. Pro Runde steht Euch dabei eine bestimmte Anzahl von Ausdauerpunkten zur Verfügung, mit denen Ihr Euch fortbewegen könnt. Gleichzeitig zieht jeder Brennpunkt pro Zug eine vorgegebene Menge an Zählern ab. Angefangen wird logischerweise bei 100. Erreicht der Stand die Zahl Null, hat Superman versagt und die Stadt liegt in Trümmern. Wirklich nervig: Ihr müsst oftmals von einem Ende der Stadt zum anderen Ende marschieren und fühlt Euch schnell wie ein Laufbursche ersten Grades.
Wenigstens teilweise gelungen ist die technische Präsentation des Spiels. Die kleineren Stadtabschnitte sind noch erträglich, andere Schauplätze hingegen möchte man schnell wieder aus den Erinnerungen streichen. Immerhin darf man Superman aus der Third-Person-Perspektive steuern, was mir persönlich recht gut gefällt. Bei den Soundeffekten wird es dann aber wieder ganz arg. Als wäre die katastrophale Umsetzung nicht schon Krampf genug, ertönt hier und da nerviges Gepiepse, Gequietsche und Gekratze, das sich besonders im Menü aufdringlich und schrill bemerkbar macht. Völlig unverständlich, zumal die Musikuntermalung an sich noch ganz ordentlich ist.
Wer nach dem Durchspielen der „tollen“ Kampagne – und das dürften die wenigsten sein – noch Lust verspürt, tritt per WiFi-Verbindung gegen andere Mitspieler an. Doch halt, zu früh gefreut. Mit der ganzen Welt legt Ihr euch keineswegs an, Eure Freunde müssen schon direkt neben Euch sitzen. Wenn die Superman Returns nicht besitzen, dann lässt sich zumindest einer der beiden Spielmodi per Download an die anderen Teilnehmer verschicken. Die dort stattfindenden Showdown sind spielerisch identisch mit den Nebenmissionen aus dem Singleplayer-Part. Ganz anders der „Mann aus Stahl“-Modus, für den jeder Mitstreiter eine eigene Kopie des Spiels benötigt. Hier findet Ihr Euch auf der Übersichtskarte von Metropolis wieder. Ziel ist es, nach dem Ende einer vorher festgelegten Rundenanzahl die meisten Bereiche der Stadt zu kontrollieren. Eigentlich eine recht witzige Angelegenheit, wenn es die Jungs denn mal in Betracht gezogen hätten, das Ganze auch über Internet spielbar zu machen.
Für Fans vielleicht noch ganz interessant: In den Levels sind Kryptonitkristalle in drei verschiedenen Farben verteilt. Wenn Ihr diese einsammelt, schaltet Ihr damit im Hauptmenü diverse Comiccover frei. Ist aber aufgrund des Zeitlimits eine schwierige Angelegenheit. Und überhaupt, warum soll man sich wegen ein paar Bildchen noch zusätzlich anstrengen?
Superman Returns ist genau das, was ich mir keinesfalls von der Umsetzung eines Kinofilms erhoffe - nämlich einmal mehr ein misslungenes Lizenzspiel. Zugegeben, die Steuerung ist in Ordnung, die Grafik teilweise auch, aber das alleine sorgt leider nicht für den nötigen Spaß. Die Kämpfe sind arm an Abwechslung und im Falle der Bossgegner sogar schlicht langweilig und ohne Herausforderung. Dazu kommt noch der halbgare Multiplayer-Modus ohne echte Onlinefunktion. Und nicht zu vergessen, der stolze Preis von ca. 40 Euro, den man für die zwei bis drei Spielstunden berappen muss. Was täte Superman wohl in diesem Fall? Nun, wenn er das Spiel fände, würde er es wohl wie Lex Luthors Kryptonitinsel in den Weltraum befördern. Aber dann bitte direkt in die Sonne, damit es sonst niemand mehr in die Hände bekommt.
Superman Returns ist bereits für den Nintendo DS erhältlich. Für die Xbox 360 erscheint das Spiel am 30. November, für den Gameboy Advance am 7. Dezember und für die Playstation 2 am 14. Dezember.