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Zelda: The Twilight Princess

Endlich Erwachsen

Gleich zu Beginn ein Geständnis: Mir gehen die klassischen Nintendo-Charaktere inzwischen gehörig auf die Nerven. Egal ob Mario, Yoshi, Kirby, Pokemon oder Nintendogs, immer die gleiche Blümchen-Sülze. Die eigentlichen Spiele hinter der Knuddel-Fassade sind zwar meistens hervorragend, doch das Zuckerguss-Universum dieser Machwerke habe ich schon in der Pubertät hinter mich gelassen und damit auch den Sinn für solche Heile-Welt-Szenarien. Durch Wind Waker landete auch Zelda im Weichspülertopf, der voll ist mit braven Omas, denen man den Garten sauber macht, und netten Nachbarsfrauen, die ihren Weidenkorb verloren haben. Doch die ersten Bilder von Twillight Princess versprachen dank eines erwachsenen Hauptdarstellers und einer deutlich düsteren Welt eine klare Besserung. So gab ich mir einen Ruck und nutzte vor dem Eintreffen unserer Wii die Gelegenheit, in einer der Wii-Cribs die Vollversion tagelang zu testen (SD-Karte macht's möglich). Schließlich stellt das neue Zelda auch eines der ersten „Hardcore-Games“ dar, das „angeblich“ perfekt auf den Wii-Controller zugeschnitten wurde.

Mit den Magnetstiefeln steht Eure Welt Kopf.

Und nun Willkommen zurück in der Welt von Twillight Princess, die ich Euch auf den nächsten Seiten näher bringen möchte. Eine Welt voller Wunder, nostalgischer Momente und einmaliger Charaktere, die das Bindeglied zwischen alter und neuer Konsolen-Generation bilden. Eine Welt so herrlich altmodisch und schmerzhaft modern, dass es mir zwischendrin schwer fiel, den Controller wieder aus der Hand zu legen. Wohlgemerkt „zwischendrin“, denn anfangs sah es nicht so rosig ist. Zunächst musste ich mich durch den Zelda-typischen Einstieg kämpfen, der dem Spieler als Reminiszenz an die Vorgänger vor allem kleine Helferdienste für die Bewohner des Dorfes aufbürdet. Da muss eine Katze und ein Weidenkorb zurückgebracht, ein Bienennest entsorgt und Ziegen zusammen getrieben werden. Das alles verpackt in bunten Farben, angereichert mit süßen Figuren und abgeschmeckt mit dem typischen Zelda-Soundtrack war mir einfach zu dröge und die Motivationskurve zeigte steil nach unten. Vor allem das Recycling des typischen Zelda-Jingles, des Ocarina of Time- Soundtrack und jedes einzelnen Soundeffektes ist eindeutig zu viel des Guten. Die schmerzlich fehlende Sprachausgabe des Hauptdarstellers kann man gerade noch mit der einmaligen „Stimme“ erklären. Warum aber auch alle anderen Charaktere nur mit piepsender Textausgabe unterlegt sind, will einfach nicht in meinen Schädel hinein. Damit sind wir auch schon bei einem der wenigen, störenden Punkte, die trotz der Genialität des Spiels immer wieder für Kopfschütteln sorgen. Oft scheint gerade der Versuch Hardcore-Fans zu befriedigen, diesem genialen Titel Steine in den Weg zu legen. Nostalgiker hin oder her, wer noch keinen Zelda-Teil sein Eigen nennt, wird sich über das seltsame 16Bit-Gedudel ganz schön wundern.

Die Endgegner aus den späteren Dungeons haben einiges in petto.

Meine Leidenszeit war Gott sei Dank auf circa eine Stunde begrenzt. Danach gab es neben dem ersten Schwert auch den ersten richtigen Auftrag, mit bösartigen Trollen und Fleisch fressenden Pflanzen. Von diesem Moment an wurde mir klar, dass nach dem lahmen Einstieg einfach alles besser werden musste. Zumal es die ersten Hinweise zur Story gab, die mit einer gewaltigen Bedrohung für Hyrule zwar nicht gerade kreativ ausfällt, aber dank vieler Wendungen und Überraschungen nie langweilt. Denn so viel sei schon mal verraten: Link entdeckt in Twillight Princess recht früh seine animalische und dunkle Seite – die Wolfsform. Auslöser ist die Bedrohung durch eine dunkle Macht, die die Bewohner Hyrules in entmaterialisierte Geister verwandelt. Die Götter des Lichts – die einzige Hoffnung – werden leider von den Kreaturen der Dunkelheit in Schach gehalten. Also muss Link die Lichtgestalten befreien und die einzelnen Landstriche seiner Welt aus der Dunkelheit führen. Unterstützt wird er bei der Mission durch den herrlich zynischen und ambivalenten Schattengeist Midna. Diese hilft ihm in seiner Wolfsgestalt insektoide Lichtfänger zu jagen und mit der gespeicherten Energie nach und nach den Schatten aus Hyrule zu verbannen.

Eine spezielle Wolfs-Attacke, die gleich mehrere Gegner vom Boden fegt.

Wie schon bei A Link to the Past hat es natürlich Auswirkungen, was Ihr während der Dunkelheit treibt. So sind Euch einige Wege im Licht versperrt, die Ihr in der Wolfsgestalt locker erreichen könnt. Wenn Ihr später beliebig zwischen den Welten wandert, ergeben sich vorher unlösbare Rätsel oft von selbst – ein genialer, wenn auch schon etliche Male durchgekauter Gameplay-Ansatz, der natürlich auch bei Twillight Princess erstklassig funktioniert. Die komplexen Möglichkeiten, die sich aus all den wichtigen Gameplay-Bausteinen ergeben, werden zu Beginn stark eingeschränkt. So fühlen sich selbst Anfänger nicht überfordert und bereiten sich Schritt für Schritt auf die gewaltige Spielwelt vor. Erst nach vielen Stunden entlässt Euch Entwickler-Legende Miyamoto in die Zelda-typische Freiheit, die einem schon bei Ocarina of Time die Sprache verschlug. Übrigens: Erst hier machen Ausflüge auf Eurem geliebten Pferd Epona abseits der Reiter-Kämpfe wirklich Sinn, obwohl bereits zu diesem Zeitpunkt ein recht effektiver Teleport-Zauber verfügbar ist.

Der kleine Ausflug zu Geschichte und Atmosphäre war nicht nur zu Unterhaltungszwecken wichtig. Er zeigt, dass trotz diverser Neuerungen der Charakter der Zelda-Serie erhalten geblieben ist. Das Spiel ist allerdings genau wie der Hauptdarsteller reifer geworden. Schon als Wolf wird deutlich, dass man manchmal Dinge tun muss, die moralisch nicht immer in Ordnung sind. Diese andere Sichtweise spiegelt sich weniger im eigentlichen Gameplay, sondern in der Tonalität wider, die aus Twillight Princess ein fast wehmutiges Spiel macht. Und das Bild wird in den fast düsteren Zwischensequenzen weiter geschärft. Der Tod ist bei den Angriffen der Gegner ein stetiger Begleiter und auch Link verliert im Laufe des Spiels ihm lieb gewonnene Mitmenschen. Erstmals wagt sich die Serie damit auch an moralische Fragen heran, ohne ihren Humor und ihre Leichtigkeit zu verlieren. Erzählerisch ganz sicher der richtige Weg, der Zelda auch für seine inzwischen erwachsenen Fans interessant gestaltet.