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Castlevania: The Dracula X Chronicles

So wie damals

Lasst mich mit der Zeile beginnen, mit der unsere Kollegen von der britischen Schwesterseite ihren Test zu Castlevania: The Dracula X Chronicles für die PSP beendet haben: „Dies ist ein Release für und von Castlevania-Fans“.

Stimmt...zu 95%. Auch wenn das Fazit der Kollegen, wie Ihr später sehen werdet, mehr als genug Wahrheit enthält, erlaubte sich Konami doch ein paar Verbesserungen, die Fans des Originals nicht unbedingt wollten. Nun, vielleicht wollte nur ich diese Optimierungen nicht, aber das ist mein Test und meine Gelegenheit, daran herumzukritteln. Und so kann ich hier offen und ehrlich schreiben: Ich liebte die Klassiker Castlevania X und Symphony of the Night nicht trotz, sondern auch wegen ihrer trashigen Sprachausgabe!

Solltet Ihr Euch zu den Glücklichen zählen, die das hierzulande mystisch verklärte, weil praktisch nicht für normales Geld zu bekommende PC-Engine Castlevania X (der beinahe einzige Japan-only Titel der Serie) spielen durften, werdet Ihr Euch sicher an das Intro besinnen. In feinster Trash-Goth-Deutsch-Vertonung, untermalt mit simplen, aber effektiven Bildern, wird von der Auferstehung Draculas berichtet. Schlecht und schön wie ein Bela Lugosi-Streifen. Und als hätte man diesen nachkoloriert und neusynchronisiert, wirkt das Intro auf der PSP natürlich weit schöner und professioneller. Leider wirkt es aber auch weniger beseelt. Nun ja, man kann halt nicht alles haben.

Eine ruhige Passage. Nur ein paar tödliche Abgründe, Spike-Kugeln und Knochenköpfe.

Und davon abgesehen wird Euch ein gewaltiges Castlevania-Bündel auf der kleinen UMD geschnürt: Das Original wurde unter der Regie von Koji Igarashii auf eine Art in die dritte Dimension transportiert, die dem Spieldesign der Serie mehr entgegenkommt, als alle sonstigen 3D-Versuche der Belmonts zusammen. Das Remake zeigt Euch die Welt von Castlevania X in Polygonen. Alle Figuren, Hintergründe und Objekte wurden als feinste 3D-Objekte wiedererschaffen, ohne dabei das alte 2D-Design auch nur für eine Sekunde anzutasten.

Es mag die Jüngeren unter Euch dann auch ein wenig verwirren, dass Ihr zwar einen modernen Look mit einigen traumhaft schönen Sequenzen bekommt – zumindest im Rahmen eines winzigen Displays –, das Gameplay dahinter Euch aber jede Sekunde wissen lässt, woher es stammt: Aus dem härtesten Old-School-Sümpfen, die Transsylvanien zu bieten hat!

Vor 15 Jahren, und auf der PC-Engine sowieso, gehörte es zum guten Ton, dem Spieler den Levelaufbau auf die denkbar schmerzhafteste Weise näherzubringen. Wer nicht auswendig lernen wollte, hatte nicht die geringste Chance. Wer auswendig lernte, bekam in den ersten fünf Anläufen vom Endgegner sofort eins übergebraten. Wer dann dessen erste Angriffstechniken und eine entsprechende Abwehr ausknobelte, wurde damit belohnt, dass der Finsterling noch mal kurz vor Schluss seine Strategie komplett änderte und erneut zeigte, wo der Hammer hängt.

Maria hält sich Vögel, die man nicht im Tierladen kaufen kann.

Das war halt so und da Castlevania X ein treues Remake eines solchen alten Titels darstellt, blieb das auch so. Ein wenig greift man Euch mit Rücksetzpunkten unter die Arme, nur leider scheinen die bei Konami gerade in den späteren Leveln knapp geworden zu sein. Obendrein gibt es nur drei Leben, dann heißt es zurück an den Levelanfang. Es ist folglich harte Arbeit, in altbekannter Jump'n'Hit-Manier die von links nach rechts oder rechts nach links scrollenden Szenarios zu erkunden, Unmengen an Zombies, Skeletten und sonstigen Monströsitäten mit Peitsche, Kruzifixen und Wurfmessern zu beseitigen und etwaige Obermotze hops zu nehmen - auch wenn das Speichersystem Euch später in jedem beliebigen Level starten lässt, den Ihr mal erreicht habt.

In diesem Punkt zeigt sich das Spiel halbwegs großzügig. Nicht nur, dass Ihr auch in den alternativen Levels nach neuen Wegen stöbern dürft, ohne diese noch einmal finden zu müssen. Ihr könnt auch jederzeit per Quicksave einen temporären Speicherstand anlegen sowie die schon sehr früh freischaltbare Maria Renard statt Richter Belmont übernehmen. Maria bringt ein erstaunliches Maß an Spaß mit sich, da ihr diverse Extras, ein eigener, poppiger Game Over–Schriftzug und ein komplettes Set an neuen Waffen spendiert wurde. Alle Waffen basieren hierbei auf Tieren. Anstelle einer Peitsche greift die Holde zu zwei Vögeln, die zu beiden Seiten fliegen und Schaden verursachen. Phönix und Drache gibt’s als Special, eine Katze für bodennahe Angriffe und eine Schildkröte als Panzer. Und vor allem ist sie beweglicher als der ungemein träge Belmont, der immer noch sehr behäbig auf langen, aber lahmen Gliedern durch die Level stakst.

Die Freischalterei hört aber nicht bei Maria auf. Solltet Ihr Fans der Serie sein und gelegentlich die News verfolgen, werdet Ihr es gehört haben: Auf der UMD versteckt sich noch ganz verschämt das Original Castlevania X im klassischen 2D-Gewand mit schnuffigen 60 Hz und einem Schwierigkeitsgrad, der Euch das Wasser in die Augen schießen lassen wird. Und ganz nebenbei hält sich in einer Ecke, genauer gesagt kurz vor Endgegner Nummer drei, zudem der Nachfolger Symphony of the Night in kompletter 50plus Stunden Spielspaß-Gewaltigkeit verborgen.

Kurz gegen die Hängepflanze schlagen und schon könnt Ihr Symphony of the Night auf PSP spielen.

Zwei komplette, unglaublich gute Spiele, die Ihr erst in knochenharter Arbeit freischalten müsst? So ist das Leben in Transsylvanien halt, nichts gibt es geschenkt. Auch keine 16:9 Optimierung der Klassiker, die stattdessen akustisch bei der Sprachausgabe ein wenig aufgefrischt wurden. Wollten wir das? Ich spreche sicher nur für mich, wenn ich sage, dass ich den Trash-Appeal der Zeilen vermisse. Ihr seid da geschmacklich sicher weniger verwirrt und freut Euch über passende, fast professionelle Sprecher.

Übrigens werdet Ihr bei genauer Suche in Castlevania X noch etliches mehr entdecken. Mitunter könnt Ihr weitere Minispiele freischalten, beispielsweise Boss Rush und Full Boss Rush, bei dem Ihr die Endgegner hintereinander weg schnetzeln müsst. Findet zahlreiche Extras und liebevolle Details, die vom Humor der Entwickler zeugen – die Stadt im zweiten Level stammt aus Castlevania 2 -, und dürft Euch an den besten Soundtracks der Serie laben. Vorausgesetzt, Ihr haltet lange genug durch...

Und dies dürfte auch die Achillesferse dieses Paketes sein: Vor 15 Jahren war Castlevania brutal hart. So sind Spiele heute nicht mehr. Um an all die schönen Dinge zu kommen, werdet Ihr leiden und zahlreiche Bildschirmtode sterben. Lohnt sich diese Mühe? Absolut, denn Castlevania X versprüht mehr Charme und Seele als viele moderne Titel, die Euch mit großzügigen Speicherpunkten und Zugänglichkeit locken. So ist das halt mit charakterstarken Persönlichkeiten. Man kommt nicht leicht an sie ran, aber am Ende lohnt sich die ganze Arbeit dann doch. Von und für Fans halt. Aber die sind glücklich.

In den USA und Japan ist Castlevania X schon seit Monaten zu haben, hierzulande dann ab dem 14. Februar.

8 / 10

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