Rez HD
Digitales Meisterwerk
Die Liste der fehlgeschlagenen Retro-Revival-Versuche für die Live Arcade ist lang und schmerzhaft. Ob Tempest, Contra oder Tron, ohne nennenswerte Aufwertung gelang es den Titeln nie, den Spielspaß ihres Erscheinungstags zu erreichen. Manche Spiele altern eben schneller als andere und nur wenige entpuppen sich auch noch nach vielen Jahren als echte Klassiker. Ein solches Kleinod ist Rez, das nicht nur einen Meilenstein in der Musikspiel-Produktion darstellt, sondern durch seine zeitlose Brillanz auch 2008 ein nahezu einmaliges Spielgefühl transportiert.
Gefangen in der Welt der Töne und Rhythmen gelingt es wie keinem anderen Spiel, Coolness, geradezu hypnotisierende Schlichtheit und perfektes Design zu einem einmaligen Tanz aus Bilder, Tonspuren und Gameplay-Ideen zu verschmelzen. Im Jahre 2001 von Tetsuya Mizuguchi für den Dreamcast entwickelt und seitdem vom Meister selbst mehrmals kopiert – und nie wieder erreicht wurde – präsentiert es das Beste, was Videospiele in Menschen auslösen können. Es bannt, fesselt und lässt für viele Stunden die tristen Häuserblocks und kalten Wintertage des Lebens vergessen.
Das Spielprinzip besteht wie bei vielen Mizuguchi-Spielen aus recht simplen Gameplay-Elementen, die aber dank der besonderen Umsetzung in einem vollkommen neuen Licht erscheinen. Eingebunden in eine abgedrehte Hintergrundgeschichte um die Überbevölkerung der Welt und eine durchgedrehte künstliche Intelligenz, transportiert Rez mehr als die Summe seiner Einzelteile.
Unter dem einmalig designten Äußeren steckt „nur“ ein On-Rail-Shooter a la Panzer Dragoon. Per 360 Grad Fadenkreuz werden bis zu acht Ziele markiert und mit einer Art Laser-Strahl abgeschossen. Die Besonderheit: Jeder Abschuss wird durch eine Note markiert, jede weitere Levelabschnitt addiert eine Tonspur. Was theoretisch sehr chaotisch klingen müsste, ergibt in den elektronischen Klangbildern bekannter Elektronik-Produzenten (Ken Ishii, EBZ, Adam Freeland) einen Sinn. Jeder Level entwickelt sich von einem zarten Pianissimo in ein pumpendes Crescendo. Lässt man sich darauf ein, entwickelt sich ein unwiderstehlicher Sog, der einen bis zum faszinierenden Finale nicht mehr los lässt.
Wie die Musikuntermalung entwickelt sich Rure Spielfigur ständig weiter. Spezielle Upgrade-Items lassen aus Eurer rudimentären Polygonfigur erst eine silbern glänzende Schönheit werden, nur um sie danach wieder in eine strahlenden Kugel zu verwandeln. Werdet Ihr getroffen, verliert Ihr eine Animationsstufe.
Als Smartbombe fungiert ein Overdrive, der alle Ziele auf dem Bildschirm anvisiert und zerstört. Ein Ausweichen oder Aufrüsten der Angriffe ist nicht möglich, allein die Geschwindigkeit der Geschosse steigt mit jeder Evolutionsstufe. Sonderlich komplex ist Rez also nicht. Doch das Team von Q-Entertainment holt aus diesen Elementen alles heraus.
Gerade bei den beeindruckenden und abstrakten Endgegnern wird neben eine schnellen Reaktion auch taktisches Denken gefordert. Denn die gewaltigen geometrischen Formen besitzen spezielle Angriffsmuster und Schwachstellen. Nur wenn Ihr genau überlegt, die richtigen Ziele attackiert und den Einsatz des Overdrive minutiös plant, habt Ihr eine Chance, die ersten vier Levels in einem Rutsch durch zu spielen und so das fantastische fünfte Areal freizuschalten.