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Ride 3 - Test: Hauptsache, es macht Spaß

Wenn das Fahrgefühl stimmt, ist schon viel gewonnen.

Die inkonsistente KI und recht einfach gehaltene Karriere ziehen das gute Fahrgefühl und den damit verbundenen Spaß nicht zu sehr runter.

Milestone ist fast schon eine Legende, wenn es um gehobenes Mittelmaß geht. 150+ Leute in bester Lage im Herzen von Mailand, keiner preiswerten Stadt, das ist kein kleines Team. Aber seit zig Jahren jagen sie entweder dem einen Hit hinterher oder sie begnügen sich einfach damit, dass die Motorradsport-verrückten Landsleute genug Titel mit Ducatis drin kaufen, um fröhlich für immer weiterzumachen. Nun, irgendwann musste es ja mal einen Ausrutscher geben. Ride 3 ist genau dieser Ausrutscher und es freut mich, sagen zu können, dass es mit diesem etwas zugänglicheren Zweirad-Racer einen Schwung die Qualitätsskala hinaufgeht. Richtig gelesen: Milestone hat mal ein gutes Spiel hingestellt, das auch Leute zu schätzen wissen, die nichts, aber auch gar nichts mit den Lizenzen und Team-Namen des Sportes was am Hut haben.

Dabei muss man wissen, dass Ride die eher auf Arcade denn Simulation ausgelegte Reihe ist, was natürlich direkt die Zugänglichkeit erhöht. Es ist in gewisser Weise das Zweirad-Äquivalent zu einem Forza, aber natürlich nicht annähernd so hübsch. Auch wenn Milestone endlich beginnt, die Unreal-Engine wirklich in den Griff zu bekommen, oft genug wirken die meist realen Rennstrecken eher funktional. Sicher, solche Pisten strotzen jetzt nicht gerade mit den markenten Merkmalen eines Abenteuerspielplatzes, gerade in Atmosphäre und Detail wirkt das alles noch schwer unterkühlt. Sauber, etwas steril, flüssig mit 60 Frames, aber eben doch fast abweisend unemotional. Noch dazu hält sich das Geschwindigkeits- und Beschleunigungsgefühl in Grenzen. Vergleicht man es mit dem oft unterschätzten Driveclub Bikes, dann ist das hier eine lahme Ente im Vergleich. Die Pflicht wird in Ride 3 kompetent erfüllt, belassen wir es dabei. Für Gefühle muss man hier nicht hingucken, sondern zuhören, denn die Motorensounds liefern, was die Grafik nicht hinbekommt: Das Gefühl, einen viel zu großen Motor in einem viel zu leichten Gefährt unter dem virtuellen Hintern zu haben.

Wird hübscher, vor allem, wenn es sich mal von den offiziellen Rennpisten heruntertraut.

Startet ihr die Kampagne, dann stellt ihr schnell fest, dass Milestone im Herzen es nicht sein lassen kann, ein Sim-Haus zu sein. Es gibt kaum eine Schraube, die ihr bei den Motorrädern nicht drehen dürft, kaum ein Teil, dass sich nicht auswechseln lässt, kaum ein aktuelles Bike selbst, dass es hier nicht in die Liste schaffte. Wie Gran Turismo und Forza bei den Autos wird hier der Sport-Fetischist bedient, der alle Objekte seiner Fan-Liebe bis auf die kleinsten Aspekte hinunter zerpflücken möchte und das hier auch darf. Selbst verständlich geradezu, dass es natürlich auch Massen an Deko-Texturen aller Art gibt, damit ihr genau das Bike bekommt, das ihr haben möchtet. Es geht dabei auch nicht nur um die Königsklasse, auch Custom Bikes, Enduros und ein paar echte Exoten findet ihr in der Garage. Viel Abwechslung also, wenn es um das Sportgerät selbst geht.

Die Kampagne zeigt sich dagegen recht konservativ. Es gibt keinen echten Team-Aufbau, ihr fahrt brav eure Rennen auf immerhin 17 Pisten, wobei die Abschnitte der Nordschleife die Rolle der Punkt-zu-Punkt-Rennen übernehmen, der Rest sind leider durchgehend Rundkurse. Teneriffa und der Gardasee lockern dabei das Best of von Monza bis Dayton auf. Es gibt auch keine Rennwochenenden oder echte Sonderevents, die Abwechslung reinbringen und so schön es auch ist, dass nun nicht mehr nur die Sonne scheint und man den Regen unter den Rädern auch oft schmerzhaft merkt, dynamisches Wetter ist nach wie vor Fehlanzeige.

Die Ego-Sicht bietet natürlich das beste Geschwindigkeitsgefühl, ist aber immer noch sehr viel kniffliger zu handhaben als die Heckansicht.

Was die KI angeht, wenn ihr nicht gerade eine Online-Meisterschaft fahrt - was tadellos funktioniert - , gibt es immer noch massive Schwankungen, die euch oft genug auf dem Weg durch die Karriere ausbremsen. Ein Rennen ist fast lächerlich einfach, dann wieder landet ihr in der Mitte des Feldes, obwohl ihr euch keiner großen Fehler bewusst wärt. Es ist einfach mal so und mal so, und wenn es so ist, dann hilft oft genug ein neues Bike. Nicht mal unbedingt ein schnelleres, denn die Leistungswerte der Motorräder spielen scheinbar auch nur bedingt eine Rolle. Der einstellbare Gummibandeffekt hat wohl keine große Bedeutung, jedenfalls merkte ich praktisch keine Unterschiede in den Extremen. Ganz im Gegensatz zur KI-Stärke, die jenseits von Mittel schon fast verdächtig perfekt fährt. Aber dafür ist ein hoher Level ja auch da.

Das klingt jetzt alles nicht so richtig hinreißend und es ist bis hier auch sehr Milestone: Gehobenes Mittelmaß halt. Aber was es nach vorn bringt ist das Fahrgefühl. Die Simulation von Bikes endet oft sehr unvergebend, das hier jedoch ist eine Art Mittelweg zwischen dem sehr action-orientierten Driveclub Bikes und den hauseigenen Sims. Es fühlt sich echt genug an, aber es ist vergleichsweise einfach zu lernen und handhaben, sodass man schnell ein paar Runden lebend übersteht, dann auch mal gewinnt und so wunderbar in den Fluss kommt und die Unterschiede zu den vier Rädern nicht nur akzeptiert, sondern zu schätzen weiß. Immer eleganter legt ihr euch in die Kurven, wagt hier und da erste abenteuerliche Überholmanöver und freut euch, wenn es nicht im Sandbett endet.

Viel zu tauschen, viel zu schrauben. Aber wirklich essenziell ist dieser Teil wie auch bei den Vierrad-Arcade-Sims nicht.

Es ist nicht wirklich realistisch, selbst wenn ihr die Hilfen abschaltet, wird auch Ride 3 immer noch keine echte Simulation, selbst wenn es sich dieser schon deutlich annähert. Aber ehrlich gesagt würde ich eher den Schwierigkeitsgrad hochstellen als die Hilfen abschalten, denn mit ihnen kommt schon ein Hauch von Hang-On auf. Man darf so tun, als wäre man sicher im Sattel und kämpft mit den anderen Fahrern um Plätze und weniger damit, überhaupt auf der Piste zu bleiben. Ride 3 fährt sich dann einfach richtig gut und für die Motivation bei einem Rennspiel gibt es kaum etwas Wichtigeres.

Da kann man auch verzeihen, dass das Straf-System mitunter etwas eingewillig wirkt. Selbst winzige Schnitte der Piste werden sofort geahndet, die hier und da etwas zu kontaktfreudige KI jedoch bleibt grundsätzlich ungestraft, wenn sie euch zu so einer Straftat zwingt. Es passiert sehr selten, es ist nie ein Problem, aber auch einer der Punkte, wo das Spiel noch mehr Konsistenz braucht. Entweder keine Strafen oder alles, denn so fühlt es sich nicht richtig an.

Die Atmosphäre stimmt, das Fahrgefühl ist gut, Ride 4 müsste endlich der große Hit für Milestone werden.

Trotzdem, auch wenn Ride 3 jetzt noch nicht ganz der Hit ist und seine Ecken und Kanten hat - vornehmlich die etwas sehr konservative Karriere mit ihren schwer in den Griff zu bekommenden Schwankungen im Schwierigkeitsgrad -, die wichtigste Disziplin wird genommen: Ride 3 macht als Arcade-Sim Spaß zu fahren. Das Steuerungsgefühl ist ausgezeichnet, die Räder auf der Piste fühlen sich gut an und es ist dabei sogar recht einsteigerfreundlich. Wer dieses Jahr vier Räder gegen zwei Räder tauschen möchte, das ist wohl das Spiel, um das zu wagen und Freude daran zu haben.


Entwickler/Publisher: Milestone / Bandai Namco - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: ca. 60 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch/Englisch und andere - Mikrotransaktionen: ja (Neue Motorräder)- Getestete Version: Xbox One X, PC

PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2018 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.

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