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Ridge Racer Unbounded - Test

Klassiker sucht Anschluss, bevorzugt an aktuelle Flavours, willig, auch mal gegen die Wand zu fahren

Ist es ein Ridge Racer? Nein. Ist es ein FlatOut? Nein. Aber was ist es dann? Gute Frage.

Irgendwo eine Mischung aus beiden, dazu kommt ein wenig die groß angelegte Zerstörungswut eines Split/Second und im Ergebnis bleibt ein Hybrid, der ein wenig auf Identitätssuche verloren zu sein scheint. Ridge Racer Unbounded bietet einen wilden Mix aus Burnout-artigen Demolition Derbys, relativ normalen Rennen, Zeitrennen, Drift-Rennen und alles vereint in einem Aufbau, der ein klein wenig an Gotham Racing erinnert. Jetzt müssten alle wichtigen Titel im Rahmen dieses Name-Droppings untergebracht sein.

Und daran krankt Unbounded auch irgendwo. Selbst nach Stunden scheint sich kein klarer Fokus herauszuschälen. Es probiert ein wenig hier, rutscht ein wenig da und wenn ihm nichts mehr einfällt, schickt es einen in den Editor, womit man dann auch noch TrackMania mit im Gepäck hätte. Aber letztlich ist das bei einem Action-Racer alles egal, wenn nur eine Sache stimmt. Das Fahrgefühl.

Das stimmt auch. Irgendwie. Meistens. In diesem Punkt ist Unbounded wahrscheinlich noch seinem Franchisegeber am nächsten. Die Strecken bieten in der Regel viel Raum zum Driften und die meisten Fahrzeugklassen sind dermaßen gutmütig, dass es Sinn macht, die Drift-Taste halten zu müssen, um den Boliden weiter rutschen zu lassen. Lediglich bei der wie alle anderen Fahrzeuge auch frei erfundenen "Shindo"-Klasse ist Vorsicht geboten. Sie ziehen ganz schnell Pirouetten über den rauen Asphalt. Alle jedoch teilen das seltsame Hybridgefühl, dass einerseits scheinbar kein direkter Kontakt zwischen Auto und Straße besteht, man aber andererseits permanent durch Brückenpfeiler, Häuserkanten und andere Dinge hindurchrauscht, ohne viel Feedback in der Beziehung von Auto und Umwelt zu spüren. Einem Blur - ich krieg sie alle unter - gelingt der Spagat aus dieser direkten Ansprache der Umgebung und unrealistischem Rennen. Hier ist es Ridge Racer im Gefühl und was ganz anderes, was gezeigt wird. Hätte sich Unbounded für eine Seite entschieden, wäre beides ok, so passt einfach irgendetwas nicht und das zieht sich bis zum letzten Rennen durch.

Ridge Racer Unbounded - Gameplay-Video

Das heißt nicht, dass es schlecht spielbar wäre. Die ersten Runden und Strecken sind hart, aber habt ihr euch erst mal an das Driften gewöhnt, schleudert ihr selbst um kleine Kurven elegant. Das Fahrverhalten der einzelnen Autos könnte durchaus differenzierter sein und letztlich reicht eigentlich eine Unterteilung in zwei Klassen - "driftet gut" und "driftet nicht ganz so gut" -, aber wirklich schlecht spielen tut sich keines davon.

Die Rolle des Spaßverderbers bleibt der KI überlassen und in den "Domination"-Rennen kann sie sich voll austoben. Pulk-Rennen und Gummiband sind eine schon für sich nicht so tolle Mischung, aber wenn die Fahrzeuge permanent zerstört und wieder zurückgesetzt werden, ist es eine tödliche Kombination. Selbst auf den noch recht frühen Strecken wird euch kein Platz geschenkt und relativ sauberes Fahren ist Pflicht. Das geht auch, so weit kein Problem. Das Kernfeature jedoch lautet, dass ihr durch Drifts, Sprünge und den anderem im Nacken hängen Power sammelt. Ist der Balken voll, könnt ihr entweder in günstigen Momenten durch ein Haus, eine Brückenabsperrung, einen Showroom oder viele andere, vordefinierte Ziele rauschen, um ein klein wenig abzukürzen, oder ihr legt einfach den Turbo ein. Mit diesem beschleunigt ihr nicht nur und legt beim Höchsttempo noch etwas drauf, es reicht schon eine kleine Berührung eines Konkurrenten, um in einen Burnout-artigen Super-Crash zu schicken.

So weit, so unspektakulär. Nur scheint die KI es sich zum Hobby gemacht zu haben, genau den Moment abzupassen, in dem ihr euch mal von hinten oder der Seite heranschleicht und ihr einen normalen Schubser geben wollt. Dann legt der Computer in der richtigen Millisekunde den Boost ein und statt einfach ein bisschen Stoßstangen knutschen zu lassen, findet ihr euch im brennenden Wrack im Todeslooping wieder. Wollt ihr selbst dies versuchen, klappt das nur bedingt, gibt es doch keinen Rückspiegel. Nur einen leicht rötlichen Schimmer am unteren Screen, von wo sich was nähert. Das ist bei Weitem nicht genau genug, um ein vergleichbares Manöver abpassen zu können. Auch wisst ihr hier nie so richtig, ob der nahende Hintermann jetzt schon mit gefährlichem Boost heranrauscht und ihr besser ausweichen solltet oder ob er normal ankommt und Blocken besser ist. Aus irgendeinem Grund scheint der Computer da mehr Überblick zu haben.

Auch entscheidet er spontan in den Domination-Rennen, wer das Rennen gewinnt und wie schnell seine Autos fahren. Sehr häufig hatte ich das Gefühl, dass die KI mich mal gewinnen lässt und mal nicht. Dies schien nur bedingt etwas mit meinen Fahrleistungen zu tun zu haben. Hier der Versuchsaufbau, um den wahrscheinlich wertlosen empirischen Beweis anzutreten. Ich suchte mir eine relativ anspruchsvolle Strecke aus dem Mittelteil des Spiels und übte sie für ein paar Runden. Dann wurden fünf Rennen gefahren. Die Zeit wurde gestoppt und am Ende lagen weniger als fünf Sekunden zwischen meinem besten und meinem schlechtesten Rennen. Sehr konstant gefahren also. Die Platzierung dagegen schwankte zwischen 11 und 1. Die 1 seltsamerweise auch noch im zweitlangsamsten Rennen. Bis auf ein Rennen wurde mein Wagen immer zweimal zerstört, also scheint auch das nicht ganz so der Faktor zu sein. Es wirkt wirklich einfach so, als würde mal alles passen und mal halt nicht. Lebt damit.