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Risk of Rain 2 ist schon fast perfekt

Ein Musterbeispiel für Eskalation und Machtbesoffenheit – auch in 3D.

Das erste Risk of Rain geriet vor sechs Jahren zu so etwas wie einer kleinen Pixel-Legende: Zusammen mit Rogue Legacy bildete der Platform-Shooter den vorläufigen Höhepunkt der Roguelite-Bewegung, die sich eines bis heute nicht abreißenden Zustroms an Fans und lohnenden Spielen erfreut. Der Look war mit immensem Wiedererkennungswert gesegnet und das gesunde Anforderungsprofil an Spieler, auf hohem Level noch durchzublicken und ihre Skills effektiv einzusetzen, gewährleisteten ein auf die gute Art anstrengendes Spielerlebnis.

Risk of Rain 2 wagt insofern nun die Überraschung, dass man seine Verwandtschaft zum ersten Teil zwar schnell wiedererkennt, es aber den Schritt in die dritte Dimension tut. Sicher, Entwickler Hopoo war vor dem Millionenerfolg mit dem Erstling seinerzeit ein winzig kleines Team, aber man hatte nie das Gefühl, die 2D-Pixeloptik wäre aus der Not geboren. Tatsächlich war ich sicher, Punkt für Punkt handgemachte Visuals wären für die Entwickler eine Herzensangelegenheit. Nun denn, Teil zwei gibt's nun im Early Access und in ziemlich ansehnlichem und mit kräftigen, kontrastreichen Farben in 3D - und das gefällt den Leuten so gut, dass im ersten Monat seit Launch über eine Million User zuschlugen.

Der Look mag technisch nicht beeindruckend sein, ist aber trotzdem ein Hingucker. Gekonnte Reduktion und geschickte Farbwahl machen's möglich.

Im Grunde ist der Perspektivwechsel ein genialer Kniff. Natürlich setzt man die Treue der Leute ein Stück weit aufs Spiel, die den ersten Teil explizit deshalb unterstützten, weil er eben in 2D gespielt wurde. Bei dem mittlerweile übergroßen Angebot an hochkarätigen Titeln aus der Seitenansicht lastet auf Risk of Rain 2 aber etwas weniger Verantwortung als noch vor ein paar Jahren. Was die Ansicht über die Schultern der mit verschiedenen Skills ausgestatteten Charaktere jedoch ermöglicht, ist ein komplett neues Spielgefühl, ohne den allgemein seit jeher so gut funktionierenden Ablauf großartig anzutasten.

Hinzu kommt ein gewisses Gefühl von "Ohh" und "Aah", wenn man auf diesen hübsch gestalteten, längst verfallenen fremden Welten in einer Raumkapsel abgeworfen wird. Der Landeplatz ist mit jedem Durchlauf an einer anderen Stelle, die Platzierung der Beute und der Schlüsselelemente eines Levels passiert prozedural, während die Umgebungen im Aufbau die gleichen bleiben. Und dann geht es los und was man direkt merkt, ist, dass die Eskalation in Risk of Rain weiterhin erfrischend anders tickt als in vielen anderen Games: der Schwierigkeitsgrad steigt fortwährend an, je länger ihr euch mit der Suche nach dem Teleporter in den nächsten Bereich aufhaltet.

Flügel. Warum nicht Flügel? Eines meiner Lieblings-Upgrades, das ich gerne häufiger finden würde.

Die anziehende Härtespirale hat schon fast etwas von alten Atari-VCS-2600-Spielen, als alles mit der Zeit einfach nur immer schneller lief und die Gegnermengen den Spieler zunehmend zu übermannen drohten. Risk of Rains Rezept dagegen: Auch ihr werdet alle paar Meter nach dem Zufallsprinzip stärker: nahezu grenzenlos skalieren eure Durchschlagskraft und Kapazitäten zur effektiven Mengenkontrolle mit der Bedrohungsstufe. Alle passiven Upgrades, die ihr so zahlreich aufhebt - von angreifenden oder verteidigenden Drohnen über die Heilung umstehender Mitspieler, wenn ihr stehenbleibt, und passiven Elementareffekten nach Kills oder Treffern wird alles immer weiter aufgetürmt, bis ihr wie eine Naturgewalt durch den Level marodiert.


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Ihr zieht ein Geschwader robotischer Freunde hinter euch hier, legt reihenweise Feinde per Kettenblitz um, die dann bei ihrem Ableben noch Nachzügler in Brand setzen und so weiter und so fort. Zu den ohnehin gegebenen klassenspezifischen Skills - der erste Charakter, ein mehr oder weniger durchschnittlicher Weltraumsoldat, bringt eine Ausweichrolle, einen durchdringenden Schuss und eine besonders schnelle Salve mit - kommt noch ein zusätzlicher aktiver Ausrüstungsgegenstand, der dann wie auch die anderen Fertigkeiten einem Cooldown unterliegt. Mit im Angebot sind so mächtige Dinge wie Libellenflügel, die euch eine ganze Weile durch den Level flattern lassen. Solche Fundstücke bereichern das ohnehin schon gute Bewegungsmodell noch einmal.

Muss man auch erstmal durchblicken und dann entsprechend priorisieren. Gleich drei Heildrohnen halten den Schaden aber in Schach, während der Gunner-Flattermann den Feinden ein zusätzliches Ziel bietet.

Und natürlich habt ihr immer ein Auge auf der Uhr, denn zwar locken immer weitere Gegenstände euch auch dann noch in entlegene Gebiete, wenn ihr den rettenden Teleporter längst gefunden habt. Aber die Zeit läuft eben gegen euch und je länger ihr die finale Konfrontation mit dem Boss, der den Ausgang bewacht, hinauszögert, desto schwieriger ist er. Wie sicher seid ihr euch also, dass ein Raubzug diesen einen Tunnel hindurch sich wirklich lohnt?

Ein mögliches Problem könnten auf lange Sicht allerdings die handgemachten Umgebungen sein. Zwar variiert stets, was ihr wo findet, wo ihr startet und hinmüsst, aber die einzelnen Gebiete sind recht prägnant und wirken damit schnell vertraut.

Die Zeit wird zeigen, ob und inwieweit sich das als Motivationshemmer für weitere Durchläufe herausstellt, vor allem, da ein neues Match nach der geballten Zerstörungswut des letzten Versuchs doch stets ein bisschen gemütlich startet. Das ist eine Frage der Balance, die in den nächsten Wochen und Monaten geklärt werden dürfte. Bis hierhin machen die Fähigkeiten - vor allem das hemmungslose Kombinieren - auf jeden Fall viel Freude, die sich zusammen mit bis zu drei Freunden kommt in Risk of Rain 2 naturgemäß noch potenziert.

Die verschiedenen Charaktere, die man nach und nach freischaltet, bringen allesamt interessante individuelle Fähigkeiten mit (achtmal 110 Prozent Schaden bei gleichzeitiger Unverwundbarkeit? Danke, gerne!).

Und so bleibt mir nur, euch für den Moment meinen Segen zu geben, wenn ihr die weitere Entwicklung von Risk of Rain 2 mit einem Kauf der Early-Access-Version unterstützen wollt. Es stimmt immer zuversichtlich, wenn ein Spiel mit Inhalten und einer derart überzeugenden Spielbarkeit an den Start geht, dass es geringeren Entwicklern wohl für ein fertiges Produkt genügen würde. Die Leute von Hopoo signalisieren, dass sie trotz der neu entdeckten Tiefe der Welten von Risk of Rain 2 genau wissen, wo sie damit hinwollen - und dass sie den Weg dorthin kennen. Eine fast perfekte Ausgangssituation für das, was da noch kommen mag.


Entwickler/Publisher: Hopoo Games/Gearbox Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: Steam Early Access erhältlich


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