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Robert Ludlum's Das Bourne Komplott

Bourne To Be Wild

Und irgendwie ist auch das Konzept dann nicht mehr stimmig. So sehr man sich im Nahkampf noch als außergewöhnlich empfindet, so schnell holt einen die Normalität bei den Schusswechseln ein. Ganz wie bei der Konkurrenz kann Bourne zwar aus der Schulterperspektive mit dem Standard-Waffenarsenal gezielt Schüsse anbringen, trifft aber ohne Zoom-Funktion auf weite Entfernung oft nur die Wand. Das gleiche Spiel bei der Deckungsmechanik: Da der Protagonist kein Superheld ist und nach ein paar Gewehrtreffern auf dem Boden liegt, müsst Ihr fast bei jedem Gefecht hinter Säulen und Kisten in Deckung gehen.

Wirklich schade, dass der gute Mann zum Beispiel nicht blind feuern kann oder sich spektakulär in Schussposition bringt. Die Gefechte sind so einfach zu gewöhnlich und sie ziehen sich auch viel zu lang hin. Steht Ihr unter Zeitdruck steigt schnell der Frustfaktor. Immerhin wurde das „Takedown“-System sinnvoll auf die Feuergefechte übertragen. Ganz wie im Nahkampf sammelt Ihr mit jedem Abschuss Adrenalin und könnt so bis zu drei Kontrahenten auf einen Streich erledigen. Davon hätte es mehr geben müssen.

Über den Fahrlevel breiten wir lieber einen Mantel des Schweigens. Da ihr nur einmal hinter das Steuer müsst, zieht er den Titel aber auch nicht wirklich nach unten. Die Verfolgungssequenzen bestehen aus schnellen Sprints und umfangreichen Quicktime-Aktionen. Dazwischen muss man noch ein paar Daten von einem Computer herunter laden oder eine Waffe klauen. Diese Elemente wirken aber eher aufgesetzt und tragen nichts Besonderes zum Spielkonzept bei.

Hektisch wird es, wenn Ihr unter Zeitdruck kämpft.

Inhaltlich bekommt Ihr nicht die gekürzte Filmfassung präsentiert, sondern alle Details aus dem ersten Buch „Die Bourne Identität“. Neben den Szenen aus dem Film, bekommt Ihr so auch jede Menge Attentats-Missionen zu Gesicht, die Euch um den halben Globus führen. Leider müsst Ihr auf Matt Damon als Bourne verzichten, weil der gute Kerl zwar viel von brutalen Filmen, aber nicht ganz so viel von brutalen Spielen hält. Statt seinem Allerweltsgesicht, bekommt Ihr also ein fiktives Allerweltsgesicht geliefert, dass sich nach einer Weile hervorragend in die Hintergrundgeschichte einfügt.

Die Handlung wird dabei strikt linear umgesetzt. Zu Beginn einer Mission suggeriert Euch der Titel oft einen Moment der Freiheit, eine Sekunde später, werdet Ihr aber ohne Umwege wieder direkt in einen Levelschlauch geworfen. Falls Ihr Euch trotz des recht übersichtlichen Areals mal nicht zurecht findet, könnt Ihr Euch mit der Bourne-Vision das nächste Missionsziel und versteckte Gegner anzeigen lassen. Aber Vorsicht: Ab dem Agent-Schwierigkeitsgrad kostet Euch diese Hilfestellung Adrenalin-Energie, wer sie also zu oft zu Rate zieht, kann weniger „Takedowns“ nutzen.

Boss-Fights fallen dank eingestreuten Quicktime-Events deutlich anspruchsvoller aus.

Unterstützt wird die packende Inszenierung durch eine gelungene Grafik auf Basis der Unreal Engine 3. Den Entwicklern ist es gelungen, dass Spiel eben nicht wie Gears & Co. aussehen zu lassen. Gerade die Charaktere strotzen nur so von Details und überzeugen mit glaubhaften Animationen. Wie von der Engine gewohnt, gibt es immer mal wieder eine Stelle, an denen Texturen zu spät geladen werden. Im Eifer des Gefechts fallen die kurzen Hänger aber kaum auf und Ihr bekommt im späteren Verlauf echte optische Höhepunkte geliefert. Unterschiede zwischen den beiden Systemen müsst Ihr mit der Lupe suchen, die Framerate ist stets stabil und bis auf minimale Details sehen beide Versionen gleich ansprechend aus.

Trotz seiner brillanten Aufmachung ist Bourne ein Spiel voller verpasster Chancen. Natürlich möchte der Titel weniger Hardcore-Shooter und mehr packender Thriller sein, doch mit so wenig Tiefgang reicht es nicht ganz, die Spannung bis zum Ende aufrecht zu erhalten. Vor allem den Schusswechseln, aber auch den Faustkämpfen mangelt es an sinnvollen Variationen. Hier ein Konter, dort eine Zoom-Funktion oder andere, fordernde Elemente und Bourne hätte auch spielerisch auf ganz Linie überzeugen können.

Was bleibt, sind abwechslungs- und ideenreiche Level, eine gelungene, bugfreie Grafik und herrliche Kampfsequenzen, die in ihrer Wucht einmalig sind. Wer sich im Kino lieber einen Popcorn-Film als ein französisches Beziehungs-Drama reinzieht, sollte Bourne eine Chance geben. Nur selten kann man so entspannt eine packende Action-Sequenz nach der anderen genießen, ohne sich im Joypad fest zu beißen. Vielleicht beherzigen die Entwickler ja die Kritikpunkte, dann steht uns mit dem zweiten Teil ein echter Höhepunkt ins Haus, der beweist, dass Buch/Film-Umsetzungen sehr wohl die Qualitäten der Vorlage einfangen können.

Robert Ludlum's Das Bourne Komplott erscheint am 27. Juni für Xbox 360 und PlayStation 3.

7 / 10

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