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Rock Band

Wo bitte sind die Groupies?

Und doch fasziniert Rock Band wie kein anderes Musikspiel, ist es doch das gemeinsame Erleben, das gemeinsame Musizieren, das ein erstaunliches Gemeinschaftsgefühl vermittelt. Während man aus vollem Halse „Should I stay or should I go“ schreit, als müssten die Nachbarn unbedingt von den eigenen musikalischen Unzulänglichkeiten überzeugt werden, dann wie beim Tambourine auf dem Mikrokopf den Takt mitschlägt, sitzt der Drummer lässig am Schlagzeug, malträtiert die vier verschiedenfarbigen Patterns, tippt mit dem Fuß ab und zu schwungvoll auf das Drumpedal am Boden und die beiden Gitarristen zupfen lässig ihre Saiten - alle schauen sich vergnügt und doch konzentriert an.

Man hat das Gefühl, eine Einheit zu bilden, eben eine Band. Wer schief spielt, und das kommt dank der zumindest in unserer Vorschauversion leicht verzögerten Reaktion am Bildschirm öfter mal vor, wird mit abwertenden Blicken bestraft, schließlich gefährdet das die gemeinsame Punktzahl. Aber auch einzelne Performance-Noten werden vergeben. Wer beispielsweise beim Solo am Schlagzeug brilliert hat, kassiert extra viele Punkte. „Und das soll auch online funktionieren?“, bohrt sich die entscheidende Frage unweigerlich in mein Gehirn.

Ich beuge mich bei all dem „Krach“ zu einem der Entwickler rüber und versuche, ihm mit meinem „Hey, ich hatte mal Englisch-LK“-Sprachschatz zu entlocken, ob man nicht Angst vor Lags habe und was man denn vom Einsatz einer Kamera beim Online-Play halte. Aus der Cam-Unterstützung wird nichts, höre ich bruchstückhaft heraus. Schade, denke ich und bohre bei den Lags erneut nach. „Die brauchst du nicht zu fürchten!“, wird mir versichert und gleich auch die passende Erklärung geliefert. Schließlich befinden sich die Songs auf der jeweiligen Konsole (Xbox 360, PS3, PS2 und Wii), über das Netz werden lediglich kleine Bit-Pakete geschickt, die richtig oder falsch anzeigen – Lags ade! Dem weltweiten Rock-Konzert über das Netz steht nichts im Wege und hebt damit das Thema Onlinegaming für Musikspiele auf eine neue Stufe.

Ein wirklich stylisches Ambiente.

Spätestens bei „Are you gonna be my girl“ von JET ist die Stimmung im Bus auf dem Siedepunkt angekommen. Die private Jam Session mit den Entwicklern ist deshalb so eine Riesengaudi, weil wirklich jeder seine Erfolgserlebnisse mit Rock Band hat. Vier verschiedene Schwierigkeitsgrade sind die Basis. Auf HART wird das Spielen der Drums zur absoluten Herausforderung und erreicht schon fast professionelles Niveau – echtes Schlagzeugspielen liegt nicht weit weg. Das gilt für die beiden Gitarren-Parts ebenso. Es ermöglicht dadurch aber auch Gigs mit völlig unterschiedlichen Könnens-Stufen.

Egal für welche Stufe Ihr Euch entscheidet, es fühlt sich grandios an. Rock Band macht Euch zum Star – das war im Bus deutlich zu spüren. Plötzlich ist man der Held auf der Bühne, für den Moment einer kompletten Songlänge vergisst man die Welt um sich herum, man hat das Gefühl, wirklich richtig Schlagzeug spielen zu können, der umjubelte und von Groupies umschwärmte Bassist zu sein oder der charismatischste Frontsänger, den die Welt je gesehen hat. Gut, nach dem Lied ist man wieder nur der Otto-Normal-Bürger von nebenan, aber man kann ja noch einen Song spielen, oder noch einen und noch einen...

Trotz Multiplayer-Fokus wird es einen Solo-Part geben.

Die Sucht wäre aber nicht da, wenn die Songauswahl nicht perfekt auf den Akt des gemeinsamen Performens abgestimmt wäre. Deshalb stehen viele Gute Laune-Songs auf dem Programm, von denen fast alle im Original auf der Disk zu finden sind. Angefangen von Black Sabbaths 'Paranoid', über Metallicas 'Enter Sandman' bis hin zu 'Sabotage' von den Beastie Boys sind echte Klassiker vertreten. Insgesamt 45 Songs sind dabei. (Anm.: Die komplette Liste gibt es auf der offiziellen Homepage.) Für Nachschub ist ebenfalls gesorgt, denn es sollen bald nach dem Release ganze Alben zum Download zur Verfügung stehen. Aktuell ist „Who's next“ von The Who schon bestätigt, und auch Metallica hat weitere Songs zugesichert.

Als ich den Bus verlasse, fühle ich mich seltsam. Ich kann den Rausch eines Popstars plötzlich nachvollziehen, diese Faszination, auf der Bühne zu stehen. Leider kommt Rock Band erst 2008 nach Europa und zum Weihnachtsfest fällt die Jam Session unterm Tannenbaum wohl aus. Angesichts der vielen Controller, die nicht ganz günstig werden dürften, eigentlich schade. Sie wären ein passendes Weihnachtsgeschenk. Erfreulicherweise können Besitzer der X-Plorer Gitarre ihre Klampfe auch für Rock Band verwenden. Eine Frage habe ich aber noch: Wenn ich schon ein Rock Star bin, wo bleiben dann eigentlich die Groupies?

In den USA wird zum Weihnachtsfest gerockt, Europäer müssen sich leider noch bis 2008 gedulden.

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