Rocketbirds: Hardboiled Chicken - Test
Wenn ein Huhn gegen faschistoide Pinguine kämpft, sind auch die Kommando-Wellensittiche zur Stelle.
Wolltet ihr nicht schon immer mal als muskelbepacktes Huhn gegen faschistoide Pinguine in den Krieg ziehen? Nein? Nun, vielleicht solltet ihr das mal gründlich überdenken, denn genau das macht ihr nämlich in der Vita-Version des bereits für PC und PS3 veröffentlichten Rocketbirds: Hardboiled Chicken. Warum ihr das tun solltet? Nun, ganz einfach: weil es ein gutes Spiel ist. Kein weltbewegendes Machwerk und ganz sicher kein perfektes, aber gut, ja, das ist Rocketbirds allemal.
Das Ganze präsentiert sich als schicker 2D-Sidescroller, ähnlich wie zuletzt schon Serious Sam Double D XXL. Und obwohl Rocketbirds auf der Abgedrehtheits-Skala nicht ganz an Sams jüngste Alien-Metzelei herankommt, ist es doch eigenständig genug, um sich aus dem Einheitsbrei hervorzutun. Einerseits natürlich durch die schon erwähnte Prämisse. Das ganz offensichtlich größtenteils an die Nazis angelehnte Pinguin-Regime - dunkelgrüne und schwarze Uniformen, rote Armbänder und Flaggen mit einem schwarzen Stern auf weißem Hintergrund in der Mitte - unterdrückt nämlich das Land Albatropolis und seine Bewohner. Und ihr als Kommandosoldat-Huhn Hardboiled müsst sie von dort vertreiben.
Gackernder Retter
Das Besondere an Rocketbirds ist auch, wie es seine Geschichte erzählt - nicht groß mit vielen Worten, sondern vielmehr mit stilsicheren Zwischensequenzen. In denen erfahrt ihr nicht nur mehr über die aktuellen Geschehnisse, sondern auch über Rocketbirds tragische Vergangenheit, die ihm einen guten Grund für das gibt, was er da tut. Musikalisch wird das obendrein bestens untermalt von Songs der Band New World Revolution. Die grundsätzlich eigentlich recht düstere Thematik wird unterdessen durch den comicartigen Stil des Spiels, die Zwischensequenzen und den einen oder anderen witzigen Monolog, dem ihr in den Abschnitten lauschen könnt, etwas aufgelockert. Man bewegt sich irgendwo zwischen Ernsthaftigkeit und Humor und fährt damit ganz gut.
Design und Inszenierung erweisen sich letzten Endes als größte Stärke des Spiels, denn die Kämpfe sind im Vergleich mit einem Serious Sam Double D XXL fast schon gemächlich und eher unspektakulär. Im Gegensatz zu Sam kann Hardboiled etwa ausschließlich in die Richtung schießen, in die ihr gerade blickt - ob nun stehend oder geduckt. Es wirkt alles ein wenig bodenständiger, weniger übertrieben, aber insgesamt auch anspruchsloser - obwohl es grundsätzlich vom Spielerischen her funktioniert. Die Gefechte gegen eure Feinde sind zumeist nicht die großen Herausforderungen und wenn ihr scheitert, liegt das meist an einer falschen Herangehensweise eurerseits, denn für jede Situation gibt es die passende Lösung - auch wenn manchmal ein wenig Glück dazugehört. Besonders achten müsst ihr dabei auf Feinde, die womöglich in eurem Rücken auftauchen. Sich gegen Widersacher vor und hinter euch zu wehren, zählt zu den kniffligeren Angelegenheiten. Wenn es euch doch mal erwischt, steigt ihr an den fair verteilten Checkpoints wieder ins Geschehen ein.
Einer gegen alle
Abwechslung kommt durch die Rätselpassagen ins Spiel. Auch hier gilt: Sie sind nicht übermäßig anspruchsvoll und mit ein wenig Grübeln zumeist ziemlich offensichtlich. Abseits des simplen Verschiebens von Kisten könnt ihr etwa die Mindbugs einsetzen, um die Kontrolle über Feinde zu erlangen. So öffnet ihr Türen und macht den Weg für Hardboiled frei, da er ansonsten nicht weiterkommen würde. Wirklich sinnvoll ist die Nutzung jedoch nur an dafür vorgesehenen Stellen. Es funktioniert zwar theoretisch auch überall anders, aber meist seid ihr besser beraten, wenn ihr in den normalen Gefechtssituationen einfach mit eurer Waffe draufhaltet.
Alles in allem nehmen die Rätselabschnitte aber auch immer ein wenig das Tempo aus dem Spiel. Es geht nicht immer Schlag auf Schlag, sondern ebenso mal etwas ruhiger zur Sache. Deutlich freier fühlen sich hingegen die Jetpack-Abschnitte des Spiels an. Hier fliegt ihr wirklich frei - und schießt in jede beliebige Richtung - am Himmel entlang und müsst Pinguin-Zeppeline aus dem Inneren heraus in die Luft sprengen. Zuvor gilt es jedoch erst einmal, deren fliegende Verteidiger auszuschalten, erst dann könnt ihr landen. Das ist nicht immer so problemlos wie die sonstigen Kämpfe, denn die Kamera ist recht nah am Geschehen dran und man wünscht sich, sie würde einfach einen größeren Ausschnitt zeigen. Besonders dann, wenn eure Feinde Raketen abfeuern, die recht schnell unterwegs sind und ordentlich Schaden anrichten. Mit ein wenig Geschick fliegt ihr aber so durch die Gegend, dass das Geschoss kurzerhand einen Gegner vom Himmel holt.
Gemeinsames Vorgehen
Die insgesamt 15 Kapitel hat man alleine in vielleicht fünf, sechs Stunden durchgespielt. Hinzu kommen noch zehn eigenständige Koop-Level mit separater Story, die ihr zusammen mit einem Freund spielen könnt. Zwar gibt es hier sechs unterschiedliche Kommando-Wellensittich-Charaktere zur Auswahl, ihre Fähigkeiten beeinflussen das Gameplay aber jetzt nicht in einem solch großen Ausmaß, dass es sich großartig gegenüber der Singleplayer-Kampagne verändern oder davon absetzen würde. Genauso viel Spaß macht es jedoch allemal.
Wenn ihr unterdessen beim Spielen die Vita ein wenig nach links, rechts, oben oder unten bewegt, könnt ihr die Perspektive somit leicht in die jeweilige Richtung bewegen beziehungsweise drehen. Spielerisch entscheidend oder von Vorteil ist das nicht, es ist mehr eine nette kleine Spielerei. Ansonsten hält man sich bei der Nutzung der Vita-Features eher zurück. Lediglich das Touchpad auf der Rückseite des Handhelds kommt beim Wurf von Granaten oder Mindbugs zum Einsatz. Mit diesem wählt ihr durch das Bewegen eures Fingers anhand der sichtbaren Flugkurve präzise den Aufschlagort aus.
Die Vita hat neue und gute Spiele dringend nötig und Rocketbirds: Hardboiled Chicken ist eines davon. Klar, ein echter Systemseller ist es nicht, sondern „nur" ein PSN-Titel, aber definitiv einer der besseren. Euch erwartet hier nicht nur solide, sondern auch sehr stylische 2D-Sidescroller-Kost, mit der auch Genre-Einsteiger etwas anfangen können, ohne gleich die Vita aus Frust gegen die Wand werfen zu wollen. Sonderlich innovativ oder spielerisch perfekt mag Rocketbirds nicht sein, aber angesichts der gelungenen Präsentation kann man darüber hinwegsehen. Für 7,99 Euro bekommt ihr jedenfalls ein Spiel mit angemessener Singleplayer-Spielzeit plus optionaler Koop-Kampagne.