Rockstar Games präsentiert Tischtennis
Nur für Scharfschützen
Am Ende ist der Controller auf dem Wii paradoxer Weise weniger die Verlängerung des Armes in die Spielwelt als es das Xbox 360-Pad zuvor war. Denn hier ordnet man den Schlag nur an und schaut ihm dann hinterher, anstatt ein Gefühl für den Ball bekommen zu können. Dass Ihr Euch zeitgleich schon auf den nächsten Schlag Return vorbereiten müsst, schafft da auch nicht gerade Abhilfe. Der treibende Rhythmus, den Rockstar Games präsentiert Tischtennis ursprünglich so ausmachte, ist auf dem Wii spürbar aus dem Tritt geraten.
Damit kann man sich ohne Frage arrangieren. Nach einer Weile bekommt man sogar das Gefühl, mit etwas Konzentration durchaus zu einem besseren und kontrollierteren Spiel zu finden. Allerdings ist es dann umso frustrierender, dass ein unmotiviert schaufelndes Gegenüber trotzdem noch relativ lange dagegen halten kann. Hier greift das Programm nicht hart genug durch und sorgt dafür, dass ich mich als bemüht und fokussiert aufspielender Racket-Virtuose ein bisschen veräppelt fühle.
Im „Scharfschützen“-Modus mit angestecktem Nunchuck fühlt man sich noch am ehesten als Herr der Lage. Steuerung und Spielgefühl sind am nahesten an dem, was das ursprüngliche Tischtennis so ausgemacht hat. Ihr zielt mit dem Analogstick, wählt den Spin per Steuerkreuz und startet den Schlag über den Schwung der Wiimote. Letzteres funktioniert zweifelsfrei, ist und bleibt aber nach wie vor ein dickes Fragezeichen. Ist es wirklich sinnvoll, nur um des Bewegungssensors Willen Spinwahl von der Auslösung des Schlages zu trennen? Vor allem, wenn die eigentliche Bewegung ohnehin nur eine untergeordnete Rolle spielt? Macht es mehr Spaß? Meine Antwort ist „Nein“.
Am bedauerlichsten jedoch ist das Fehlen des Online-Modus. Gerade bei der Konvertierung eines Spieles, dessen einziger Kritikpunkt ohnehin schon mangelnder Umfang ist, ist es geradezu unverständlich, wie man ein solches Feature ersatzlos streichen kann. Wenigstens Stuben-Turniere mit Freunden hätte ich mir gewünscht und eine Art Herausforderungs-Modus hätte ebenfalls einiges für die Langzeitmotivation getan.
Rein technisch hat man sich zwar keine Schnitzer ähnlichen Kalibers erlaubt. Allzu große Mühe hat sich Rockstar Leeds augenscheinlich aber auch hier nicht gegeben. Wer ohne hinzuschauen eine Idee vom Wii-Look von Rockstar Games präsentiert Tischtennis bekommen möchte, muss im Geiste nur die Trikots der Athleten steif und faltenfrei vorstellen, die Details der markanten Gesichter unter einer dicken Schicht digitalen Puders verstecken und die Bildwiederholungsrate des Originals deutlich zurückfahren. Niemand hat eine eins zu eins Umsetzung der Optik erwartet. In dieser Rohfassung allerdings, verliert das ohnehin schon relativ minimalistische ausgestattete Sportsgame einen Großteil seines Charmes. Es sieht zu keinem Zeitpunkt schlecht aus, wirkt aber austauschbar und irgendwie blass.
Das alles mag jetzt nach einer Katastrophe klingen, ist es aber nicht. Der motivierende Rumpf des Spieles ist immer noch „alive und kicking“. Besonders , wenn man die Standard-Kontrollen links liegen lässt und mit angestecktem Nunchuck den „Sharpshooter“ gibt. Dass das Spiel in der konservativsten Variante am besten funktioniert, gibt mir aber schon zu denken, ob ich nicht wieder das inspirierte und technisch ansprechendere Original aus dem Schrank holen sollte…
Für ein optimales Wii-Tischtennis hätten Rockstar Games einfach deutlich tiefgreifendere Änderungen am ursprünglichen Spiel-System vornehmen müssen. Und dass dafür die Energie diesmal nicht gereicht hat, lässt auch der abgespeckte Umfang vermuten.
Wer keine 360 besitzt und des Öfteren einen Tischtennis-begeisterten Kollegen in seinem Wohnzimmer begrüßt, darf bei diesem Preis dennoch gerne zugreifen. Allerdings solltet Ihr vorher an der Tür ein Schild anbringen:
„Unmotivierte Schaufler müssen draußen bleiben!“
Rockstar Games präsentiert Tischtennis ist für die Wii im Handel erhältlich.