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Rocksteadys Arkham-Batmänner - die einflussreichsten Spiele dieser Generation?

Des Dunklen Ritters lange Arme.

Bald ist es wieder so weit. Die aktuelle Generation nimmt ihren Hut, und wenn man mal ehrlich ist, soll sie den ganzen anderen Quatsch gleich mitnehmen, der sich über die Jahre angesammelt hat. Es war schön. Aber - trotz immer noch vieler toller Spiele - auch ein bisschen länger als es hätte dauern müssen, was nicht wenige Spielehersteller aktuell an einer gewissen Kaufmüdigkeit der Kundschaft ablesen. Trotzdem geht der Wechsel sicher nicht ohne eine gute Portion Wehmut über die Bühne, wenn der Ära, die uns Dinge wie Achievements, DLC, Ring of Death, UE 3, Reboots und Produktionskostenexplosion samt DIY-Indie-Gegenkultur brachte, das Licht ausgeknipst wird.

Für die Magazin- und Gamesblog-Redaktionen dieser Welt bedeutet das freilich, sich zusammenzusetzen und über die Titel zu sprechen, die hängen blieben. Einige haften unverrückbar und auf ewig im Gedächtnis als das Erlebnis, das man mit ihnen verbindet. Andere tun sich als Überraschung hervor, die man nie kommen sah und wieder andere durch das, was sie für die Spiele geleistet haben, die nach ihnen kamen. Rocksteadys Batmänner fallen in alle drei Kategorien zugleich. Für sich genommen die unbeschreibliche Premiere eines exzellenten und vorlagentreuen Superheldenspiels, mit Arkham Asylum als ebenso unerwartetes wie unwahrscheinliches Juwel. Und jetzt, eine Weile nachdem die Briten zeigten, wie es gemacht wird, zwei Mal sogar, merkt man auch, was für einen großen Einfluss der nachtschwarze Superheld auf den Rest der Industrie ausübte.

In erster Linie kommen einem natürlich eine Vielzahl alles andere als außergewöhnlicher Superheldenspiele in den Sinn, die versuchten, das Wunder von Arkham zu wiederholen. Nicht nur, weil es einfacher ist, etwas abzuschauen, als es sich selbst auszudenken. Sondern vor allem, weil Arkham Asylum / City einfach eine so verdammt gute Blaupause liefert. Nach diesem Spiel ist es mit einigem Aufwand verbunden, sich je wieder einen kostümierten Helden in einem Spiel vorzustellen, das in Struktur und Ablauf deutlich hiervon abweicht. Mit diesem spielerischen Korsett ist fast jeder knurrige Mutant, fast jeder außerirdische Rächer und fast jeder verstrahlte Student kompatibel und das ist eine Formel, die man erst einmal austüfteln muss. Alleine die Umsetzung macht ja schon Probleme, wie man vielen der Kinofilm-Umsetzungen problemlos ansehen kann.

Trotzdem hat die dunkelschwarze Strahlkraft der Arkham-Abenteuer auch einige mehr als nur passable Lizenzspiele erreicht. Beenox hat für seine Spider-Man-Titel zumindest strukturell und technisch einige wichtige Lehren aus den Rocksteady-Titeln gezogen, während sich das Transformers-Team von High Moon mit War respektive Fall of Cybertron vor allem an seiner Liebe zum Ausgangsmaterial in ungeahnte Höhen aufschwingt - etwas, das man zuvor in der Form nur in den Batman-Werken vorgelebt bekam. Die wundervoll fließende Verknüpfung von Spiel und Erzählung in Digital Extremes' The Darkness 2 lässt dagegen erahnen, dass Bats auch über Genre-Grenzen hinaus noch viele Entwickler auf gute Ideen gebracht hat. Ein weiteres prominentes Beispiel, wie sich der lange Arm dieses Spiels bemerkbar macht, ist etwa das neue Tomb Raider. Im Zusammenhang mit Crystal Dynamics Lara-Wiederbelebung beschwören weite Teile der Öffentlichkeit zwar immer noch lieber einen gewissen Nathan Drake, was natürlich thematisch naheliegt, aber trotzdem ein bisschen unfair ist. Der gesamte Ablauf des neuen Tomb Raider orientiert sich nämlich eher an Bruce Waynes jüngsten Spiele-Eskapaden. Auch hier ist es eine Art "weicher" Free-Roaming-Ansatz mit offenen Gebieten zwischen den durchgescripteten Katakomben, in denen man die Geschichte vorantreibt. Sogar eine Art Detektiv-Sicht hat es in das Spiel geschafft.

Ähnliches gilt für das neueste Abenteuer des Hitman, bei dem man dank des buchstäblichen Killer-Instinkts von Nummer 47 Laufrouten und andere Dinge nun klarer sieht als die NPCs. Und nicht zuletzt sind es hier auch die Inszenierung, die Perspektive und die Art und Weise, wie IO Interactive mit der Kamera spielt, die wenig Zweifel daran lassen, welche Titel die Dänen in den vergangenen Jahren besonders gut fanden. Einen ähnlich tiefen Knicks legt Sleeping Dogs hin, das in seinem Nahkampf eine gut gemachte, aber mehr oder weniger identische Neuauflage der Batman-Schlägereien feiert. In die Tatsache, dass die letzten drei genannten Spiele von Square Enix stammen, dem Publisher von Arkham Asylum, nicht aber des Nachfolgers (Warner Bros. Interactive), kann man einiges hineinlesen. Muss man aber nicht.

Batman: Arkham City - Nightwing-Trailer

Zumal sich die Ehrerbietung für Rocksteadys Leistung ohnehin fast überall findet. Ob in kleineren Features anderer Spiele oder in Bekenntnissen namhafter Entwickler. Die Königsklasse ist es wohl, wenn ein Designer vom Schlage eines Ken Levine die Erzählkunst von Rocksteadys Welten als Inspiration für BioShock: Infinite nennt. Dessen Vorgänger ist ja selbst schon eine der maßgeblichen Inspirationsquellen dieser Generation.

Woran das liegt? Immerhin bekommen genügend exzellente Spiele niemals auch nur annähernd so viel Gewicht, bleiben eine spielgestalterische Fußnote. Auf ewig toll, aber eben auch eine singuläre Angelegenheit, an deren große und kleine Einfälle sich niemand traut. Rocksteady bedient sich ja selbst in vielerlei Hinsicht nur bekannter Elemente anderer, viel älterer Spielereihen. Das beginnt beim Metroid-artigen Ablauf und endet nicht bei inszenatorischen Kniffen, die man bereits aus eben genanntem BioShock kennt. Es war einfach der viel beschworene perfekte Sturm verschiedener Variablen. Zwei exzellente Filme im Rücken, die Lizenz auf der Höhe ihrer Popularität. Und ein handwerklich unglaublich solides Spiel auf Kollisionskurs mit einer mächtigsten aller Kindheitsfantasien: Einmal Batman sein!

Batman: Arkham City - GOTY-Edition-Trailer

Zu guter Letzt profitierten die Entwickler von einem Vertrauensbonus, der bis dahin alles andere als selbstverständlich war: Losgelöst vom Zwang, einen Film auf den Markt zu schieben und ohne allzu großen Franchise-Ballast im Nacken, genoss Rocksteady große kreative Freiheit. Das Team bediente sich beim Besten der mannigfaltigen Interpretationen und Handlungsfäden des Charakters, verpasste der Geschichte seinen eigenen, kleinen Dreh und schenkte den Fans so etwas vollkommen Neues. Ob es einflussreichere Spiele diese Generation gab, darüber kann man lange diskutieren. Aber das hier dürfte mit Abstand die schönste Lehre sein, die einer der großen Titel des Xbox-360-Zeitalters seiner Nachwelt mit auf den Weg gab.

Entsprechend naturgewaltig fiel er aus, der verdiente und vielgestaltige Applaus von Spielern und Entwicklern für zwei absolut außergewöhnliche Spiele. Die nicht ganz einfach zu beantwortende Frage ist jetzt: wohin als Nächstes? Das ist nun Mal die Sache mit "Perfekten Stürmen": Sie wiederholen sich selten. Alleine die Figur dürfte nach der Veröffentlichung von The Dark Knight Rises, der sicher nicht alle Schäfchen wohlbehalten ins Trockene brachte, für eine Weile zumindest leicht auf dem absteigenden Ast sein. Und Arkham Citys gesamter Handlungsverlauf, der Villains und Plot-Punkte in großen Kellen um sich warf, macht es nicht ganz einfach, sich vorzustellen, wohin es spielemäßig für den dunklen Ritter als Nächstes gehen soll. Aber das "Wohin" ist vielleicht auch nicht so wichtig. Wichtiger ist, wer am Steuer sitzt.

Rocksteady ist viel zuzutrauen. Sogar, dass wir am Ende der nächsten Generation wieder hier sitzen und uns über eines ihrer Spiele unterhalten.


Zum Anlass: Seit Kurzem ist im Handel die Game of the Year Edition von Batman: Arkham City zu haben. Mit dabei: Alle alternativen Kostüme für den Dunklen Ritter sowie sämtlicher DLC: Das Catwoman-, Robin- und Nightwing-Pack sind ebenso dabei wie das stramm geschnürte Paket zusätzlicher Challenge-Karten und die Zusatzkampagne Harley Quinn's Revenge. Wer traditionellere Kaufberatung benötigt, liest unseren Test von Batman: Arkham City

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