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Röki Test: Wie ein schwedischer Studio-Ghibli-Film

Indies retten das Adventure. Mal wieder.

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Herzerwärmendes Adventure mit maßvollen Modernisierungen: Nicht schwer und sicher nicht perfekt. Aber packend und stilistisch traumhaft.

Röki Test. Seit der EGX Berlin freue ich mich nun schon auf Röki, dieses herzige, unterschwellig aber nicht zu knapp finstere klassische Adventure der ehemaligen Guerrilla-Games-Leute von Polygon Treehouse. Die gesamte Aufmachung, das Szenario eines spielbaren Märchens in einer nordischen Sagenwelt und die maßvollen Modernisierungen eingefahrener Adventure-Abläufe machten wahnsinnig Lust auf dieses Erstlingswerk. Es ist eines der wenigen Spiele der letzten Jahre, deren Demo ich gleich zweimal spielte, weil mir das Erlebnis so gefiel und das fertige Spiel zeigt sich nun ebenfalls als sehr gelungen.

Im Grunde haben wir es hier mit einer skandinavischen Version eines Ghibli-Films zu tun: Ein Menschenmädchen mit trauriger Familiengeschichte verschlägt es auf die Suche nach ihrem verlorenen Bruder in eine Sagenwelt, in der sie auf fantasievolle, mächtige Kreaturen trifft. Spielerisches Korsett ist das eines klassischen Point-and-Click-Adventures, nur, dass man dieses hier mit direkter Kontrolle über die jetzt schon ikonische Protagonistin Tove steuert, während sie herauszufinden versucht, wo ihr unter mysteriösen Umständen verschwundener Schutzbefohlener steckt.

Begleitet Tove in eine Welt nordischer Mythen.

Es ist ein deutlich anderer Ansatz, das klassische Adventure zu erneuern, als der, den The Walking Dead ging: Hier stehen sehr wohl Kombinationsrätsel und Gegenstandssuchen im Mittelpunkt, während die Dialoge selbstablaufend und ohne Wahlmöglichkeiten sind. Aber durch die direkte Steuerung, ein schön in die Spielmythologie eingewobenes Schnellreisesystem und Rätsel, die vielleicht nicht schwer, dafür aber die meiste Zeit nachvollziehbar und vor allem für die Suche nach Lars immer zielführend sind, fühlt sich auch Rökis Weg wie ein vollkommen valider an. Auch so kann man dieser Gattung-Spiel frischen Wind einzuhauchen - und wird bei Fans von Sierra und LucasArts vermutlich sogar mehr Anklang finden als Telltale einst.

Und meine Güte, ist dieses Spiel hübsch. Viele kühle Pastellfarben, bloße, schattierte Polygone, und doch sieht hier jede Einstellung wie ein Gemälde aus. Die Charakterdesigns von Tove und Lars wachsen einem direkt ans Herz und auch wenn hier und da eine Animation nicht zur Umgebung passt oder größere Bewegungen einfach sparsam weggeblendet werden und auf diese Weise das kleine Team und Budget sichtbar machen, wirkt Röki immer bildschön und schlichtweg zauberhaft. Zugegeben hatte ich mir nach der in der Demo zart angedeuteten Abgründigkeit vielleicht etwas mehr Handlungs-Erdung dort und ein wenig mehr Dialog-Pepp oder inszenatorische Wucht hier gewünscht, um dramatische Erkenntnisse auch als solche zu untermalen. Aber ich war trotzdem zu jedem Zeitpunkt schwer darin investiert, diese zerbrochene kleine Familie wieder zusammenzuführen.

Und ab und zu wird's richtig gruslig.

Was das Handwerkliche angeht, ist Röki gut gelungen. Das clevere Drag-and-Drop-Interface funktioniert mit Maus und Tastatur ebenso gut wie mit dem Controller und auf Knopfdruck lässt man sich die Hotspots - also die interaktiven Elemente einer Szene - anzeigen, wenn man will. Ein Tagebuch notiert wichtige Entwicklungen und gibt Hinweise, sogar Sammelgegenstände hat man integriert, wenn auch etwas lapidar, wenn Tove sie wortkarg hinten im Tagebuch verstaut.

Die Rätsel sind fast immer nachvollziehbar und - wie gesagt - der Sache, die vor einem liegt, dienlich. "Fast", weil ab und an nicht komplett gut kommuniziert wird, was zu tun ist. So war ich mir an einer Stelle fast sicher, dass ich aus zwei Gegenständen und einem Seil etwas basteln sollte, bekam aber nur eine Fehlermeldung. Ein wenig Sucherei später war dann klar, dass ich von den genannten Gegenständen nicht zwei brauchte, sondern noch einen mehr, den ich einfach übersehen hatte. Auch, warum zum Beispiel ein Item für eine Aufgabe geeignet war, ein anderer jedoch nicht, war mir an ein, zwei Stellen nicht klar.

Vielleicht können die Jötun helfen?

Alleiniger Tiefpunkt war eine Sequenz, in der man während eines Kombinationsrätsels eine Kletterpassage bewältigen musste, einfach weil sie so träge und das Vorankommen an der Wand kraxelnd weder intuitiv noch zügig zu steuern war. Von dieser einen Stelle aber abgesehen, sind das hier nicht wirklich schwere, dafür aber gute Rätsel, die nie so lange beschäftigen, dass sie die Handlung ausbremsen würden. Ich gebe zu, dass ich gelegentlich, wenn ich kurz auf dem Schlauch stand, dann doch alle Gegenstände im Inventar aneinander gerieben habe. Im Allgemeinen war ich aber sehr zufrieden mit dem Aufbau der Puzzles, auch wenn jetzt nichts davon wirklich inspirierend war. Ich mag diese Balance.

Kandidaten für einen Patch wären das Notizbuch, das grundsätzlich vergisst, auf welcher Seite man es zuletzt aufgeschlagen hatte, sodass man immer aufs Neue zur Seite mit dem gesuchten Hinweis blättern muss, und einige Hotspots, die nicht richtig auslösen. Auch hätte man ruhig einige Interaktionen verkürzen können, etwa wenn man am Ende einer Questlinie einer Figur drei Gegenstände bringen muss: Warum muss ich jeden davon einzeln geben und mir dazwischen wieder den gleichen Dialog anhören? Aber das sind Kleinigkeiten, die im Großen und Ganzen nicht weiter störend auffallen.

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Polygon Treehouse hat mit Röki ein beachtliches Debüt auf die Beine gestellt. Die Geschichte von Tove und Lars nahm mich vom ersten Moment an gefangen. Audiovisuell ist es ohnehin ein Fest, wenn mal unheimliche, mal liebliche Sphärenklänge die in verblichener Schönheit vor einem liegende Sagenwelt riesiger Wächterwesen und allsehender Bäume untermalen. Es mag nicht komplett die hochtrabenden Hoffnungen erfüllen, die ich darin gesetzt hatte, dazu ist es bei allem Herz, das es aufbringt, letzten Endes doch ein wenig zu naiv und traditionell. Aber es hat mich ausgezeichnet unterhalten, ohne meine Zeit zu verschwenden. Das klingt nach einem zweifelhaften Kompliment, sicher. Doch wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich dasselbe von gewissen Klassikern nicht behaupten. Adventure-Fans kommen hieran nicht vorbei. Gebt Röki eine Chance und ihr werdet Tove und Lars genau so ins Herz schließen wie ich.


Entwickler/Publisher: Polygon Treehouse/United Label- Erscheint für: PC, PS4, Xbox One, Switch - Preis: ca. 22 Euro - Erscheint am: 23. Juli - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein - Getestete Version: PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Röki

PS4, PS5, Xbox One, PC, Nintendo Switch

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