Rollerdrome – Test: Das Style-Budget für 2022 wäre dann jetzt alle…
Minimalismus richtig gemacht!
Das Genre des dystopischen Future-Sports war mal mächtig in Mode. Welche Sportart wurde zwischen 1990 und 2010 nicht fleißig mit Waffeneinsatz und schwarzem Humor in ein derbes Zerrbild seiner selbst verwandelt? Rollerdrome lässt diesen Trend wieder aufleben und vereint das beneidenswert vor sich hinfließende Skate-Gameplay eines Tony Hawk – wenngleich auf Rollschuhen – mit den Sensibilitäten eines modernen, vorwärts gerichteten Shooters und fährt damit wirklich bestens.
Sowohl das Skaten als auch das Ballern stellt Rollerdrome von den OlliOlli-Machern bei Roll7 dem eigentlichen Spielinhalt hinten an: Möglichst ohne Unterbrechung und Score-Abriss eine Serie von Aufgaben abzuhaken. Das bedeutet: Die Fortbewegung und das Zielen sind ein Stück weit automatisiert. Es gibt keinen Trick, bei dem man sich gepflegt langmachen könnte, weil Protagonistin Kara Hassan einfach jedes Kunststück wie von selbst landet. Und gezielt wird ohnehin mit großzügiger Aufschaltung. Zu tun gibt es in dem 2030 von einer Megacorporation ausgerichteten Blutsport dennoch zu jeder Sekunde mehr als genug.
Ihr werdet unentwegt von wärmesuchenden Raketen verfolgt, alle paar Sekunden von einem anderen Scharfschützen aufs Korn genommen oder von Baseballschlägern schwingenden Feinden in die Dränge getrieben. Eure Aufgabe: Immer in Bewegung bleiben, den Flow maximieren und die Arena so einsetzen, dass ihr den Bedrohungsgrad niedrig oder zumindest konstant haltet, damit euch nicht alles um die Ohren fliegt.
Beachtlich ist vor allem, wie Rollerdrome seine einzelnen Systeme miteinander verzahnt. Ist das Magazin leer, ladet ihr es mithilfe von Tricks wieder auf. Weicht ihr einem Sniper-Schuss im letzten Augenblick aus, setzt es eine Super-Zeitlupe mit Bonusschaden – ‘Bullet-Time’ haben wir da damals zu gesagt – und besiegte Gegner lassen an Ort und Stelle Lebensenergie fallen. Wie ein Hai, der nicht zum Stehen kommen darf, ist die stete Bewegung der Sinn eures Lebens in Rollerdrome.
Schnell verfällt man in diesen gewissen Rausch, den die besten dieser “Flow”-Games entfesseln, bei dem man erst bei der Punkteabrechnung am Schluss merkt, dass man die letzten viereinhalb Minuten weder geblinzelt, noch die Augen bewegt hat. Und dann versucht noch einmal, den High-Score zu knacken und ein paar der zusätzlichen Aufgaben zu erledigen, etwa an einer Trickmarke ein bestimmtes der vielen recht einfach auszuführenden Kunststücke hinzulegen. Kein kompliziertes Zeug, aber knifflig, weil eben so viel los ist und die Arenen euch alles abverlangen.
Tatsächlich ist Rollerdrome eines von der Sorte, über die man gar nicht so viel mehr erzählen kann – oder sollte. Es ist ein Spiel, das einer wunderbar simplen Design-Idee folgt, die sich in alle Bereiche erstreckt: Wenige, aber in ihrer Anwendung angenehm unterschiedliche Waffen – die Schrotflinte will zum Beispiel mit Timing genutzt werden. Dazu eine Handvoll Gegnertypen, die jeweils einen anderen Zweck erfüllen und bestens voneinander zu unterscheiden sind und zwölf bestechend minimalistisch ausgestattete Level, die man immer und immer wieder spielen möchte. Mehr steckt hier eigentlich nicht drin, und doch ist es so elegant gelöst, dass man nirgends anders sein möchte.
Und dann sieht es natürlich noch ganz fabelhaft aus: Feine Comic-Linien umreißen jede Silhouette wie einen französischen Sci-Fi-Cartoon aus den 80ern. Zusammen mit der gewagten Farbgebung räumt das Spiel schon mit seiner Optik die prinzipiell durchaus hektische Action angenehm auf. Ein Look, der nicht nur apart rüberkommt, sondern auch die Spielbarkeit verbessert. Sieht ganz schön nach Moebius aus, was hier passiert und klingt einfach angemessen treibend nach vielen, hart geschwungenen Tanzbeinen. Sogar die Fonts sind zum Niederknien schön. Da verzeihe ich auch gern, dass die Animationen für die Tricks und das grundlegende Bewegungsmuster ein wenig steif rüberkommen.
Rollerdrome Test – Fazit:
Rollerdrome hat eben wie von selbst all den Style, den geringere Spiele eher bemüht zu generieren versuchen und impft seine "Spielfluss-zuerst"-Attitüde auch den Spielmechanismen gekonnt ein. Es ist nicht die Sorte Spiel, die im Alleingang ein verloren geglaubtes Sub-Genre wiederbelebt – ich bin nicht einmal sicher, ob es je eines war. Aber es ist eine schöne Erinnerung daran, wie viel Leben vertraute Konzepte freisetzen können, wenn man sie im richtigen Verhältnis mischt und klare Prioritäten setzt. Noch dazu macht es Spaß, zwischen den einzelnen Stages das wenige an Story zu verfolgen, das da ist. Ist auch nicht selbstverständlich, in dieser Sorte Spiel. Schönes, kleines Ding, an das ich mich lange erinnern werde.