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Romancing SaGa 2: Revenge of the Seven im Test – Der König ist tot, lang lebe der König!

Tausend Herrscher sollt ihr sein.

Umfangreiches Taktik-Rollenspiel mit motivierendem Kampfsystem, das erzählerisch allerdings recht bieder und systemisch daherkommt.

Kunstpflege à la Square Enix: In ganz unterschiedlicher Form holt man dort seit geraumer Zeit eigene Klassiker zurück ins Programm – das eine Mal als Remaster, das andere als Remake sehr unterschiedlicher Bauart. Denn während Romancing SaGa 2: Revenge of the Seven von einer Neuausrichtung wie Final Fantasy 7 weit entfernt ist, wurde auch dieses Taktik-Rollenspiel für seine Neuauflage komplett neu entwickelt.

Kein Wunder, hat das ursprüngliche Romancing SaGa 2 doch mehr als 30 Jahre auf dem Buckel! Und obwohl der Vorgänger vor zwei Jahren noch als Remaster des einstigen Pixel-Abenteuers frisch veröffentlicht wurde, fühlt sich das Remake des Nachfolgers um einiges moderner an. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich Revenge of the Seven jedenfalls als aktuelles Abenteuer einsortiert, das sich lediglich an traditionellen Werten orientiert.

Man zieht ja keine Sprites mehr über eckige Linien im Hintergrund, sondern bewegt sich als Herrscher des Varennes-Imperiums zwar nicht durch eine offene Welt, ist aber in zahlreichen kleinen Orten und Dungeons unterwegs, um entweder Auftraggeber zu treffen, Shops zu besuchen oder so lange gegen Gruppen von Monstern zu kämpfen, bis man irgendwann den Boss des jeweiligen Dungeons besiegt hat.

In Sachen Artdesign ist das oft kitschige Romancing SaGa 2: Revenge of the Seven dabei nicht ganz mein Fall. Ich mag allerdings den „sauberen“ Look und die oft idyllischen Schauplätze, während man stets alle Ecken erkundet, um Geld, Ressourcen oder einen Rückblick in die Geschichte von Varennes zu finden.

Bei den titelgebenden Seven handelt es sich nämlich um sieben Helden, die das Reich einst vor einem Unheil bewahrt haben – die später aber zu Dämonen wurden und nun selbst als Bedrohung wieder aufgetaucht sind. Als der Vater von Gerard, seines Zeichens Herrscher über Varennes, getötet wird, übernimmt sein Sohn deshalb das Zepter und man selbst die Steuerung über ihn…

… bis die Erzählung nach ein paar Dungeons und Missionen irgendwann mehr als hundert Jahre in die Zukunft springt und man einen neuen Herrscher oder eine neue Herrscherin wählt, um von dort weiterzumachen, wo man als Gerard aufgehört hatte. Man kann den Thron sogar ohne erzählerische Notwendigkeit abgeben. Auf jeden Fall wechselt man aber häufig das Alter Ego, um so die Geschichte von Varennes über mehrere Jahrhunderte zu schreiben. Das ist der Kniff, der Romancing SaGa 2 zu etwas Besonderem macht.

Romancing SaGa 2: Revenge of the Seven in dreizehn Bildern.

Und das Konzept ist klasse! Keine Sorge: Sämtliche beim Tod eines Herrschers freigeschalteten Fähigkeiten und Ausrüstungsgegenstände bleiben erhalten. Wobei das leider bedeutet, dass die Herrscher im Grunde austauschbar sind und man trotz des Wechsels der Generationen ein ganz normales Abenteuer erlebt – nur dass man Klasse und Geschlecht des Alter Ego ständig ändern kann.

Letzteres ist übrigens deshalb von Bedeutung, weil man sich so nicht nur auf verschiedene Gegner einstellen kann, denn der taktische Rundenkampf steht ja immer im Vordergrund. Es ist auch deshalb wichtig, weil sich einige der Quests entsprechend dem entwickeln, wie man sie angeht. Das betrifft nicht nur das Geschlecht, sondern auch kleine Entscheidungen, die man in Gesprächen trifft. Da geht es nicht um tiefschürfende Änderungen im Verlauf der Handlung. Man hat aber zum Beispiel die Wahl, ob man einen Boss besiegt oder auf andere Art das Vertrauen eines Auftraggebers gewinnt.

Clever fand ich etwa eine Mission ganz zu Beginn, wo man nach dem Besiegen des Bosses die Wahl hat, noch das restliche Dungeon von gefährlichen Kreaturen zu befreien. Weil man vorher gesagt bekommt, dass die dafür zuständigen Wächter das selbst machen wollen, weiß man allerdings, dass man ihnen damit auf die Füße tritt.

Ich habe die Höhle trotzdem „aufgeräumt“ – immerhin haben sich die Dorfbewohner vorher noch beschwert, dass besagt Wächter ihrem Job nicht nachzukommen scheinen. Zugegeben, das Ergebnis meiner Entscheidung war dann kaum der Rede wert, da mein Herrscher lediglich ein Duell mit dem angefressenen Chef der Gruppe bestehen musste; danach war die Sache gegessen. Alles in allem hauchen solche Kleinigkeiten dem Abenteuer aber ein wenig Leben ein.

Überhaupt gibt es nicht gerade wenige verpflichtende sowie optionale Quests und in welcher Reihenfolge man die angeht, ist jedem Herrscher selbst überlassen. Bis auf Ausnahmen trifft das sogar auf das Bekämpfen der fiesen Sieben zu. So ganz nebenbei erweitert man die Hauptstadt außerdem um eine Schmiede, eine Universität und andere Einrichtungen, um stärkere Waffen zu bauen oder seinen Kämpfern neue Zauber beizubringen.

Apropos andere Kämpfer: Als Herrscherin oder Herrscher ist man ja selten alleine unterwegs. Denn auch wenn man immer nur das Alter Ego steuert, wird es von vier Charakteren begleitet, die ihr oder ihm im Kampf zur Seite stehen. Man darf diese Gruppe freilich selbst zusammenstellen und muss das nach größeren Zeitsprüngen ohnehin tun. Dabei sollte man darauf achten, Vertreter möglichst unterschiedlicher Klassen mit solchen Waffen und Zaubersprüchen zu wählen, die sich im Kampf sinnvoll ergänzen.

Sogar die Aufstellung spielt eine Rolle, weil die Kämpfer an den verschiedenen Positionen des auf ihrer Seite fünf mal fünf Felder großen „Bretts“ unterschiedliche Vorteile genießen beziehungsweise Nachteile in Kauf nehmen müssen. So sind die Werte für Angriff und Verteidigung eines frontal platzierten Charakters erhöht – allerdings wird er dort auch häufiger attackiert.


Romancing Saga 2: Revenge of the Seven ist digital natürlich in den Stores der entsprechenden Plattformbetreiber, für PlayStation 5 als auch Nintendo Switch aber auch in physischer Form erhältlich. Der Preis der Konsolenfassungen beträgt dabei stets knapp 60 Euro, während die PC-Version mit knapp 50 Euro zu Buche schlägt.
  • Steam
  • PlayStation Store
  • Nintendo eShop
  • Amazon

  • Das hat mich mal fast einen Infanteristen gekostet, der dann dauerhaft aus dem Abenteuer verschwunden wäre. Denn Lebensenergie wird zwar nach jedem Gefecht wiederhergestellt und kann auch im Kampf geheilt werden. Sinkt sie jedoch auf null, verliert der Kämpfer einen seiner festen Lebenspunkte. Deren Anzahl variiert von ungefähr zehn bis fünfzehn, kann nicht erhöht werden und ist der letzte davon verbraucht, stirbt die Figur.

    Interessant ist aber vor allem das Kämpfen selbst, weil man darauf bedacht sein sollte, Schwachstellen der Gegner anzugreifen. Die muss man zwar erst herausfinden, indem man mit verschiedenen Waffen und Zaubern attackiert – anschließend sind entsprechende Verwundbarkeiten sowie Resistenzen und weitere Besonderheiten aber dauerhaft markiert.

    Wobei die Gegnervielfalt so groß ist, dass man fast immer experimentieren muss. Abgesehen davon lernen die Feinde dazu, sodass man auch gegen bekannte Kreaturen stets gefordert wird. Nicht zuletzt ist es ja so, dass eine Kämpferin, die sich mit Pfeil und Bogen besonders gut auskennt, damit womöglich größeren Schaden anrichtet als mit einem Schwert, auf das ihr Ziel „allergisch“ reagiert, dessen Handhabung aber nicht ihre Stärke ist.

    Durch Benutzen der jeweiligen Waffen und Zauber (und übrigens nur auf diesem Weg – man verteilt in Romancing SaGa 2 keine pauschal verdienten Erfahrungspunkte) werden die Charaktere nämlich nicht nur besser, sie lernen auch neue Techniken dazu. Man bildet also Spezialisten heran, was die Bindung an sie verstärkt.

    In jeden Fall ist es ungemein befriedigend, wenn man mit einem besonders starken Angriff mächtigen Schaden anrichtet oder wenn man nach einer gewissen Zeit das gemeinsame Attackieren von zwei Charakteren freischaltet. Hebt euch das nur für die richtigen zwei Kämpfer im richtigen Moment auf, denn diese starke Aktion führen immer diejenigen aus, die als nächstes auf dem Zeitstrahl am Zug sind.

    Gerade wegen dieser Bindung an die Begleiter finde ich es nur bedauerlich, dass sie genau wie der Herrscher mitunter komplett ersetzt werden, was noch dazu erstaunlich unzeremoniell durch einen knappen Hinweis geschieht. Und es wird nicht besser dadurch, dass sich die prozedural erstellten Herrscher und Kämpfer auch noch zum Verwechseln ähnlich sehen.

    Dieses Ausbilden und Austauschen bekam Valkyrie Profile wesentlich besser hin. Hier sorgt es eher dafür, dass ich das mechanisch richtig gute Rollenspiel aus einer emotionalen Distanz heraus dirigierte – wobei daran auch die viel zu systemisch angelegten Siedlungen und Dungeons ihren Anteil haben, weil dort zwar meist verschiedene Wege ans Ziel führen, abseits davon aber alle paar Meter eine Ecke kommt, in der man auf viel zu vorhersehbare Art eine „versteckte“ Kiste oder anderweitig blinkende Ressource findet. Weil man das alles zum Herstellen neuer Ausrüstung benötigt, spornt das den Sammeleifer an. Eine glaubhafte Welt entsteht bei dem schnöden Ablaufen aller Winkel aber nicht.

    Gut ist dafür, dass man die Wahl zwischen dem Original-Soundtrack sowie einer modern arrangierten Version hat, und dass man Romancing SaGa 2 auf drei jederzeit wählbaren Schwierigkeitsstufen spielen darf. Dabei stellen die meisten Feinde schon auf der normalen Einstellung eine ebenso anständige wie machbare Herausforderung dar, während man sich auf dem hohen Schwierigkeitsgrad schnell mal die Zähne an ihnen ausbeißt. Oder wollt ihr das Remake lieber als entspannte Geschichte erleben? Dann könnt ihr auch das einstellen.

    Romancing SaGa 2: Revenge of the Seven im Test – Fazit

    Wären Welt und Charaktere nicht dermaßen deutlich als systemischer Überbau erkennbar, hätte ich Romancing SaGa 2 also mehr genossen. Immerhin ist das Kampfsystem angenehm komplex, ohne überladen zu sein, während man alle Charaktere sehr genau zu den Spezialisten entwickeln kann, die man in seiner Party braucht. Dazu der motivierende Aufbau des eigenen Imperiums... Trotz des formelhaften Ablaufs kann man viel gute Zeit mit diesem Remake verbringen.

    Romancing SaGa 2: Revenge of the Seven
    PROCONTRA
    • Motivierende Rundentaktik um Formationen und das Ausnutzen von Schwächen
    • Relativ große Freiheit beim Erledigen von Missionen sowie kleine Entscheidungen darin
    • Umfangreiches Entwickeln von Fähigkeiten und Ausrüstung
    • Drei Schwierigkeitsgrade fordern auf sehr unterschiedliche Art und zahlreiche Optionen zum Einstellen unterschiedlicher Vorlieben
    • Siedlungen und andere Schauplätze sind recht starre Kulissen mit und ohne Gegner sowie sehr vorhersehbar „versteckten“ Ressourcen
    • Übergang von einem Herrscher zum nächsten ist reine Spielmechanik und hat keine erzählerische Bedeutung
    • Prozedural erstellte Charaktere sind sich zum Verwechseln ähnlich

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