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Rune Factory: A Fantasy Harvest Moon

Pflugscharen zu Schwertern

Rune Factory: A Fantasy Harvest Moon dürfte wohl das reaktionärste Spiel sein, das ich je auf dem DS sah. Die Serie pflegte schon immer die konservativen Grundwerte von frühem Aufstehen, Fleiß an harter Scholle und traditionellen Familienwerten. Rune Factory geht aber noch drei Schritte weiter und zeigt es den 60s Peacenicks: Pflugscharen zu Schwertern! Und die Sklavenhaltung wurde auch endlich eingeführt. Ok, es sind ja nur Monster und Tiere, aber es gab mal eine dunkle Zeit, in der man solche Worte auch für Menschen benutzte, deren Hautfarbe der wie immer taktvolle italienische Ministerpräsident als „gut gebräunt“ bezeichnen würde…

Ich reagiere natürlich über und bin sicher, dass die Entwickler nichts davon im Hinterkopf hatten, als sie das wohl universellste aller Harvest Moons schufen. Im kleinen Fantasy-Dörfchen von Kardia lässt sich erst einmal so ziemlich alles anstellen, was Ihr Euch unter einer eher friedlichen Fantasyexistenz so vorstellen könnt. Ihr seid halt der Typ, dem der Held der Geschichte bei seiner Durchreise kurz freundlich zunickt. Der Typ, der seinen Acker bearbeitet, Samen ausstreut, erntet, Steine zerklopft, Unkraut jätet. Am Ufer fischt, Ausrüstung anfertigt, seine Hütte ausbaut, Tiere zähmt, mit den anderen Dörflern einen Schwatz hält, seinen mäßigen Sexappeal an den Holden des Ortes erprobt. Der Typ der….

Die Liste ließe sich noch ein Weilchen fortsetzen. Die schiere Masse an Aktivitäten dürfte so ziemlich alles erschlagen, was es sonst da draußen gibt. Im Vordergrund steht allerdings immer noch der Acker. Und solltet Ihr Angst haben, dass die Bewirtschaftung dieses genauso zäh und unkomfortabel wie im Vorgänger Harvest Moon DS abläuft, kann ich Euch beruhigen. Wirkte es vorher eher wie eine GBA-Adaption, nutzt Rune Factory geschickt die DS-Möglichkeiten aus. Zielsicher tippelt Ihr durch das Feld und bepflanzt die Welt mit dem Stylus. Zumindest solange Ihr daran denkt, Select zu drücken, was das Feld vor Euch markiert und das Danebenklicken auf Null reduzieren sollte.

Warum treffe ich auf Bauernhöfen immer auf Schafsliebe? Hatte Night on Earth doch recht?

Ihr könnt die Felder nun frei verteilen und müsst Euch nicht mehr an die 3 x 3 Regel vorangegangener Harvest Moons halten. Da der Zwangsschutz der Pflanzen über Bord ging, ist es gestattet, über die zarten Knospen beziehungsweise das reife Gemüse und Obst hinweg zu spazieren und so die ganze Fläche zu nutzen. Und nach ein paar Upgrades Eurer Werkzeuge (Schaufel, Hammer, Sichel, alles wie gehabt) lässt sich der Acker sehr bequem in gutem Zustand halten.

Ihr dürft jetzt wahlweise die Ernte auch direkt zum Händler tragen und sofort das Geld einstreichen, statt warten zu müssen. Es bleibt alles immer noch mitunter Arbeit, aber das nervenaufreibende Fleißklicken hat sich ein wenig erübrigt. Die Jahreszeiten spielen natürlich nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Bepflanzung und der Wochentag bestimmt die Ladenöffnungszeiten und die Dorffestivitäten, auf denen Ihr am besten kleine Aufmerksamkeiten für angebetete Dorfschönheiten dabei haben solltet. Ihr könnt natürlich auch selber Gerichte kochen, das Haus umbauen oder, und das ist wirklich neu, in eine der verschiedenen Höhlen spazieren und Monster killen.

Trotz des bis hier schon satten Umfangs folgt nun eine beinahe komplette zweite Hälfte, die sich als Dungeon Crawler entpuppt. Einer, dessen Kompetenz nicht ganz mit dem Rest des Spiels mithalten kann. Die Steuerung ist recht hakelig, der Schwierigkeitsgrad nicht ganz ausbalanciert und das Looten lässt auch klar zu wünschen übrig. Trotzdem kann man sich, bei entsprechender Veranlagung, nicht dem Reiz des Hochlevelns entziehen. Und es ist auch lebensnotwendig. Spätestens die Endgegner machen Euch das auf schmerzhafte Weise klar und Ihr müsst alle Tricks nutzen.

Schlafsäcke erlauben Euch das Nächtigen unter der Erde, teure Heiltränke solltet Ihr im Gepäck haben und es kann auch nicht schaden, die unterirdischen Felder zu nutzen. Diese Ackerflächen sind nicht nur mit einer stabilen Witterung ausgestattet, sodass Ihr hier ganzjährig und saisonunabhängig Eure Früchte anbauen könnt, sie geben auch wie die überirdischen Felder nach erfolgter Ernte Runenenergie ab. Diese lässt sich am besten mit Ausdauer übersetzen und verbraucht sich bei allem, was Ihr tut. Um sie aufzufrischen, müsst Ihr schlafen oder die Runenenergie der Felder einsammeln. Tränke gibt es hier auch wieder als Alternative und selbige dürft Ihr sogar selbst anrühren. Ich weiß nur noch nicht genau wie.

Schwert und Stahl im Farmerland.

Ganz sicher jedoch könnt Ihr die Arbeit an der Scholle beschleunigen, indem Ihr Monster fangt und zur Fronarbeit auf den Felder nötigt. The South has risen again. On DS. Solltet Ihr jedoch keine Probleme mit der Versklavung niedlicher Biester haben, dann stellen diese sich schnell als wertvolle Erntehelfer heraus, die das Spiel von der zwangsweise einsetzenden Routine einiger Acker-Aufgaben befreien. Wahlweise befördert Ihr die Burschen mit Euch in den Dungeon, wo sie im Gefecht ebenfalls zeigen können, was sie auf dem Kasten haben.

Irgendwo in der Tiefe aus verschiedenen Leveln für den Charakter, die Erntefrüchte und eigentlich jeden Aspekt des Games verbirgt sich so viel, dass es vielleicht zu viel für einen Menschen sein könnte, es herauszufinden. Also schnappt Euch ein paar Freunde und tauscht fröhlich Items vor Euch hin. Ein echter Bauernmarkt per WiFi – haltet die Freundescodes parat – oder Wireless.

In Rune Factory: A Fantasy Harvest Moon steckt genug Materie für drei Spiele und bei entsprechender Veranlagung könnt Ihr Euch getrost bis 2010 mit dem Modul einschließen. In dieser Masse steckt auch genug Klasse und in seinem Kernelementen Handel und Ackerbau läuft es zu echter Hochform auf. Der Dungeon-Anteil wirkt dagegen noch nicht ganz so ausgereift. Ein mittelmäßiger Crawler kann sich auch hinter tausend Ablenkungen nicht ganz verstecken, zumal er zum Abschluss der Story keineswegs optional bleibt. Aber die zu fangenden Monster rechtfertigen auch diesen Ausflug und bereichern Rune Factory noch einmal. Im Ergebnis bleibt ein wirklich überzeugendes Gesamtpaket, dem lediglich noch der Feinschliff seines neuesten Elements abgeht.

Rune Factory: A Fantasy Harvest Moon is exklusiv für den DS zu haben. In den USA erschien das Modul bereits 2007, in Japan schon 2005.

8 / 10

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