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Sacred 2: Fallen Angel

Quo Vadis: Der Quest-Editor

Wenn es um die international erfolgreichsten deutschen Produktionen geht, fällt sofort der Name Far Cry, dann kommt lange nichts und dann vielleicht noch die Anno-Serie. Doch von vielen vergessen, gelang es Ascaron mit Vertriebspartner Take 2 das Action-Rollenspiel Sacred inklusive Add-On Underworld über 2 Millionen mal zu verkaufen. Im Gegensatz zu anderen deutschen Titel wurde ein Großteil davon sogar im Ausland erzielt. Ein beachtliches Ergebnis für das damals recht kleine Entwicklerstudio in Gütersloh. Kein Wunder also, dass für den zweiten Teil kräftig aufgestockt wurde. Über 80 Mitarbeiter arbeiten inzwischen an der Fantasy-Fortsetzung, die im Genre Zeichen setzen möchte.

Die eigens entwickelte 3D-Engine sie ja schon ganz gut aus (Screenshots), von der eigentlichen Storys und den unterschiedlichen Quests gab es aber bisher noch nicht so viel zu sehen. Deswegen haben wir auf der Entwicklerkonferenz Quo Vadis den Vortrag zum Thema „Das Sacred-Questsystem“ mit Thomas Dähling und Daniel Balster besucht. Die beiden Programmierer sind beim Ascaron-Studio 2 beschäftigt und für die Entwicklung eines einfachen und verständlichen Editors zuständig. Nebenbei gab es dann jede Menge bewegte Bilder und ein paar interessante Informationen aus dem Gameplay zu bestaunen.

Mächtiges Tool für Programmier-Dummys

Thomas Dähling (links) und Daniel Balster von Ascaron's Studio 2.

Zum Einstieg erläuterten die Entwickler die Aufgabenstellung. Das Ziel war es, einen Quest-Editor zu erstellen, der es den Designern ermöglichen sollte, einen Großteil der Quests ohne eine Zeile Programm-Code zu bauen. Für Animationen darf man weiterhin spezielle Skripte verwenden, doch der gesamte Rest musste über den Editor laufen. Weiterhin musste der Quest-Editor vernetzt sein, um die neuen Inhalte sofort für alle sichtbar zu machen. Wichtig ist außerdem eine Reduzierung der Logik-Fehler, kleine Savegames und die Erweiterbarkeit für Add-Ons und mögliche Fortsetzungen.

Das Ergebnis wurde uns kurz danach gezeigt. Der Quest-Editor bietet die Möglichkeit, in einer extremen Zoom-Ansicht die Spielwelt zu überblicken. Die Spielwelt ist übrigens so gigantisch, dass man für eine einmalige Durchquerung ohne Reittier über 8 Stunden benötigt! Einzelne Figuren und die dazu passenden Mission werden als Symbol dargestellt. Über Topdown-Menüs können dann unterschiedliche Tools aufgerufen werden. Wenn schon Aufgaben angelegt wurden, reicht eine Maus-Bewegung, um ihre Position zu verändern.

Anschließend brachte uns Thomas Dähling die Grundzüge des Quest-Designs näher. Auf einem einfachen Objekt-Screen wählte er ein vorgefertigtes Template aus oder versuchte, einen neuen Quest-Typen zu erstellen. Dazu werden erst einmal die Vorbedingungen festgelegt, wie Level oder ein bestimmtes Item. Thomas Dähling erklärte uns aber, dass die Aufgaben sich bis zu einem gewissen Punkt an die Stärke des Spielers angleichen. So gibt es zwar keine komplett adaptiven Gegnerlevel wie bei Elder Scrolls IV: Oblivion, aber einen bestimmten Level-Bereich, in dem der Balancing Manager automatisch die Spielstärke anpasst.

Da haben unsere Entwickler nicht aufgepasst : Die Stadt ist eigentlich noch nicht freigegeben, dafür gibt es aber nur eine Draufsicht.

Im Anschluss ging es daran, aus einer Liste von Objekten einen Auftraggeber zu bestimmen. Logischerweise wird danach ein Zielpunkt für die Quest angelegt und eine bestimmte Bedingung daran gebunden. Diese Ziele können dann miteinander verknüpft werden. So sind auch lange Auftragsreihen gegeben, die sich über mehrere Level-Abschnitte hinziehen. Es wird im Gegensatz zum Vorgänger allerdings nicht mehr möglich sein, eine Mission abzuschließen, ohne den entsprechenden Auftrag zu besitzen. Daraus entstanden beim ersten Teil zu viele Logik-Fehler, die diesmal ausgeschlossen werden sollen– siehe die berühmt, berüchtigte Milchdiebe-Quest. Final wird dann eine Belohnung festgelegt. Dabei ist zu bedenken, dass das Balancing durch ein komplett anderes Team realisiert wird. Die Quest-Autoren bauen nur das Grundgerüst und geben ihre Ergebnisse an andere Abteilungen weiter.

Gut gegen Böse, pfiffiger Multiplayer-Modus

Um zum Beispiel die Lokalisierung zu vereinfachen, besitzt jede Mission verschiedene Textfelder. Hier werden einfach die jeweiligen Sprachversionen eingetragen und auch nachträgliche Änderungen an den Texten vorgenommen. Außerdem gibt man den Objekten einer Mission verschiedene Parameter. Zum Beispiel, ob sie angreifbar ist oder nicht. Thomas Dähling zeigte uns anhand einer einfachen Kill-Quest, wo ein paar Monster zerlegt werden mussten, wie einfach man die vorhandenen Templates auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden kann. Zudem erklärte er, dass für die Xbox 360-Fassung und die Multiplayer-Spielmodi eigene Aufträge angedacht sind.

Ohne die Bodentextur sind nur die unterschiedlichen Quests und ihre Verknüpfungen zu erkennen.

Große Überraschungen wird es im Mehrspielermodus aber nicht geben. Im Großen und Ganzen deckt sich der Funktionsumfang mit ähnliche Konkurrenzprodukten. Lediglich ein so genannter Competitive-Mode sticht ein wenig aus der Palette heraus. Ein böser und ein guter Charakter treten hier gegeneinander an und versuchen, jeweils für ihre Seite bestimmte Aufträge abzuschließen. Diverse Duelle sind zwar so unvermeidbar, doch die meiste Zeit agiert man mehr im Hintergrund.

Nach dem Quest-Editor durften wir noch etwas länger eine aktuelle Version bestaunen. In der Debug-Fassung ist die Kamera noch frei beweglich und es werden Zahlenwerte eingeblendet. Im fertigen Spiel wird es vermutlich einen festen Blickwinkel geben, das Reinzoomen ist aller Wahrscheinlichkeit aber erlaubt. Um einige KI-Elemente zu verdeutlichen, zeigte uns Daniel Balster eine brave Kuhherde, die so lange auf der Weide wartete, bis der Bauer sie abholen kam. Das Verhalten basierte dabei nicht auf starren Skripten, sondern auf ersten KI-Routinen.

Von Drachen und Kühen

Dieser wunderschöne Drache zeigt, wie hervorragend die Größenverhältnisse umgesetzt wurden.

Um diese zu demonstrieren, ließ der Entwickler die Zeit schneller laufen. Beim ersten Tag- und Nachtwechsel kam der Bauer nicht vorbei und die Kühe fraßen brav weiter Gras. Erst am zweiten Tag schaute er vorbei, schnappte sich die Tiere und führte sie im Gänsemarsch in den Stall. Als Bonbon ließ er zum Ende noch einen ausgewachsenen Drachen erscheinen, der mit majestätischen Flügelschlägen die gesamte Karte durchquerte. Schön waren dabei die „realistischen“ Größenverhältnisse, denn das Monster nahm fast den gesamten Bildschirm ein.

Natürlich tauchte die Frage auf, ob es dieses mächtige Werkzeug auch für die Modder-Community geben wird. Momentan wird es heftig diskutiert, was uns auch der Presse-Sprecher bestätigte. Aber die Entwickler sind guter Dinge und denken, dass es auch für Modder zur Verfügung gestellt wird. Sacred-Fans müssen sich nichtsdestotrotz noch ein wenig gedulden. Momentan peilt das 85 Mann starke Team Oktober 2007 für das Ende der Entwicklungsarbeiten an. Es würde aber niemanden wundern, wenn es einen Tick später wird, schließlich will Ascaron den Titel wirklich Bug-frei machen.

Wenn dies gelingt und die Story mit der Technik mithalten kann, steht uns da ein veritabler Action-Rollenspiel-Hit ins Haus, der auch noch aus Deutschland kommt. Gerade was die glaubhafte und vor allem frei begehbare Spielwelt angeht, wirkt Sacred 2 noch weniger wie das große Vorbild Diablo. Stattdessen fühlt man sich an einigen Stellen an Oblivion erinnert, was dem Titel gerade gegenüber Konkurrenz wie Titan Quest ein klares Alleinstellungsmerkmal gibt. Eine finale Einschätzung gibt es aber erst, wenn wir ausführlich selbst Hand anlegen konnten.

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