Saitek X52 und X52 Pro HOTAS-Flightsticks - Test
Premiumklasse schon für 159 Euro?
Im Zuge der Wiederbelebung der Weltraumoper in Form von Elite: Dangerous und Star Citizen haben wir ja bereits so einige Flightsticks im HOTAS-Format getestet. "Hands on Stick and Throttle" ist einfach die beste Art, diese Spiele zu erleben. Mad Catz und Saitek beziehungsweise Thrustmaster machen hierzulande das Gros des Angebots aus und bis die in der Simulationsszene hochgeschätzten Amerikaner von CH Products hierzulande einen breiteren Vertrieb finden, wird das wohl auch so bleiben.
Wir haben ein bisschen auf das Muster warten müssen - der X52 ist von 2005, sein Premium-Bruder X52 Pro von 2007 -, aber nach ausgiebigen Erkundungstouren durch die Milchstraße und Dogfights in War Thunder muss ich attestieren: Das Warten hat sich gelohnt. Man wundert sich nicht, dass beide Modelle nach wie vor verkauft werden und sich großer Beliebtheit erfreuen. Tatsächlich würde ich die Pro-Ausführung sogar als das Spitzenmodell Saiteks und meinen neuen Rundum-Wohlfühlstick bezeichnen. Der neuere und teurere X55 Rhino macht nur in Sachen Ausstattung und einigen Einzeldisziplinen gegen die Routiniers einen Stich.
Saitek X52
Zugegeben: Schön ist er nicht. Das Silber ist zwar an der Basis von Stick und Schubeinheit aus gebürstetem Metall, um die zentralen Bedienelemente herum aber einfach nur Plastik im etwas billig wirkenden Metallic-Look. Die blauen Buttons und die glubschäugigen Drehregler mit den gewaltigen Gumminoppen schreien geradezu das alte Baujahr heraus. Aber das ist zum Preis von nur 120 Euro sehr zu verschmerzen, wenn man sich die Funktionalität anschaut. Einmal in der Hand fühlt sich der Stick auch nicht schlechter oder ungenauer an als der des doppelt so teuren X55 vom letzten Jahr. Tatsächlich gefällt mir der des X52 sogar besser. Fangen wir vorne an:
Der Stick des X55 war sehr kopflastig designt. Sage und schreibe drei Acht-Wege-Hats und einen Feuerknopf wollte Saitek auf der Daumenfläche unterbringen, was dafür sorgt, dass die gewaltige Stirn des Steuerknüppels mit normalsterblich großen Händen nicht allzu gut zu erreichen war, ohne den Griff um die Basis des Sticks etwas zu lösen. Der X52 hat zwar nur zwei dieser Mini-Joysticks, bekommt dafür aber vier Tasten - eine unter einer Schutzklappe, lustig! - und einen Moduswahl-Drehregler untergebracht. Und alle sind unglaublich komfortabel und ohne große Mühe zu betätigen. Eineinhalb Jahre war der X55 der Stick meiner Wahl. Erst jetzt, mit dem X52 in Händen, merke ich, wie oft ich gerade in Gefechten etwas verkrampft bei der Sache war. Jetzt fliegt mein Daumen nur so über die Oberseite des Sticks.
Der Trigger unter dem Zeigefinger ist beim X52 sogar zweistufig, sozusagen zwei Tasten in einer, was Simulationsprofis freuen dürfte. Beim X55 Rhino wurde daran nicht mehr gedacht, auch wenn der einen zweiten Knopf für den kleinen Finger bietet. Der sorgte im Umkehrschluss aber wiederum dafür, dass die Handauflage des Rhino nicht in der Höhe verstellbar war. Das geht beim X52 noch immer und sorgt damit für größte Anpassbarkeit unterschiedlicher Handgrößen. Sogar den Z-Achsen-Twist darf man mit einem Riegel sperren. Der Stick-Klassiker zeigt hier, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Im Gegenteil, er fühlt sich sogar ein bisschen fortschrittlicher an. Dass sich alle Buttons und auch Hats recht gut anfühlen, mit Ausnahme der drei Kippschalter an der Basis, die etwas zu wacklig daherkommen und gerne eindeutiger auslösen dürften, ist bei diesem Gerät Ehrensache.
An der Schubeinheit, deren Leichtgängigkeit mit einem Drehregler justiert werden darf, befindet sich leider nur ein Acht-Wege-Hat, und der liegt unter dem Zeigefinger. Hier hat der X55 Rhino klar die Nase vorn. Die beiden kleinen Daumen-Hats an dessen Throttle sind wirklich Gold wert. Auf der anderen Seite funktioniert der Mausknubbel des X52 tatsächlich. Den des X55 habe ich bis heute nicht zum Laufen bekommen. Elite: Dangerous geht mit dem Mangel an Hat-Sticks in seiner X52-Voreinstellung sehr geschickt um und belegt etwa den unteren Daumen-Hat am Joystick doppelt, wenn man dazu den Kleiner-Finger-Schalter hält. Krampflos und clever. Der Schub selbst gefällt mir am X55 etwas besser. Am X52 setzt bei 75 Prozent Schub (und beim Herunterbremsen bei 25 Prozent) ein Widerstand ein, der auf meinem Holztischen, wo die optionalen, mitgelieferten Saugnäpfe nicht halten, dafür sorgt, dass ich die Throttle-Einheit ein wenig bewege - wenn ich nicht aufpasse.
Aber ansonsten ist auch linker Hand alles in bester Ordnung: Der stufenlose Schieberegler macht seine Sache gut, auf der Rückseite ist sogar ein Mausrad installiert (Zoomen in Star Citizen! Yeah!), das man sogar klicken kann. Da ist auch zu verschmerzen, dass der Stick per PS/2-Kabel erst mit der Schubeinheit verdrahtet werden muss, bevor er per USB in den Rechner geht. Es liegt also in jedem Fall ein Kabel auf dem Schreibtisch vor einem. Aber das ist eine Kleinigkeit, die nicht weiter ins Gewicht fällt.
Das gehobene Alter des X52 macht sich höchstens am "Multifunktionsdisplay" bemerkbar, das an der Basis der Schubeinheit heutzutage bestenfalls noch als Spielzimmer-Restbeleuchtung fungiert. Klar, eine Stoppuhr ist eingebaut, was MS-Flight-Simulator-Enthusiasten freuen dürfte. Heutzutage hat man seine Spielinformationen aber lieber auf dem Bildschirm. Auch die Software ist sichtlich noch aus Windows-XP-Zeiten - die Installation musste von Disk passieren, automatisch fand Windows keine Treiber -, was sie zwar sperrig und ein bisschen hässlich macht. Aber es ändert nichts daran, dass sie in Sachen Funktionalität durchaus potent mit Makros und individuellen Umbelegungen hantiert.
Alles in allem und für die Hälfte von dem, was der X55 kostet, ein tolles Angebot. Natürlich ist der X52 nicht so hübsch und fühlt sich nicht ganz so wertig an wie der X55 (was allerdings nicht für die Hats und Tasten gilt!). Und das neuere Modell bleibt mit seinen endlosen Hats-Sticks, geteiltem Schubhebel und verschwenderisch vielen Kippschaltern in Sachen Steuerungsflexibilität natürlich das Maß der Dinge. Aber der X52 verdichtet auf deutlich kleinerem Raum ein durchdachtes und sehr ergonomisches HOTAS-System, das auch auf moderne Fliegereien noch bestens eingestellt ist.
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Saitek X52 Pro
Die zwei Jahre jüngere Pro-Variante des X52 ist in mehrerer Hinsicht ein kleiner Triumph. Er vereint die tolle Ergonomie seines Vorläufers mit einer Verarbeitung und Wertigkeit, die sich nach einem deutlich teureren Gerät anfühlen. Dabei liegt der Ladenpreis aktuell bei gerade einmal 159 Euro. Gut 80 Euro niedriger als der des X55 Rhino, der bisher der Stick unserer Wahl war. Beim Pro kommen im Gegensatz zum normalen X52 viele Metallteile zum Einsatz: Neben den Einsätzen an der Basis, diesmal in Anthrazit, sind nun auch das Moduswahlrad, die Kleiner-Finger-Taste, der Trigger und der untere Hat-Stick sowie die Kippschalter und der Ring, auf dem die Federn ruhen, allesamt mattpolierte Highlights. Das und das edel gummierte Schwarz tun viel für die optische Runderneuerung und das Handgefühl des HOTAS-Systems.
Aber - und das ist wichtig - es gewährleistet auch eine bessere Funktionalität. Besonders der metallene Ring, der nun den Kontakt zum Basisgelenk herstellt, steigert den Komfort. Wo andere Sticks - auch der X55 und X52 - auf Kunststoff setzen, erzeugt jede Stickbewegung ein leichtes Schaben, das man nicht nur hört, sondern beim Lenken auch spürt. Der X52 Pro verbreitet hingegen eine Laufruhe, die zunächst richtiggehend irritiert, wenn man das gewöhnliche leise Scheuern und gelegentliche Kunststoff- oder Federknarzen anderer Sticks gewohnt ist. Das ist, mit Ausnahme vom Thrustmaster Warthog, der in einer ganz anderen Preisklasse unterwegs ist, bisher bei allen Sticks so gewesen. Man war es gewohnt. Mit dem X52 ist das nun Geschichte und ich gehe davon aus, dass es mich fortan bei jedem anderen Modell, das mir unterkommt, durchaus stören wird.
Gut möglich, dass es auch am Zwei-Feder-System liegt, das Saitek im Pro zum Zentrieren des Sticks nutzt. Ich habe häufig im Netz gelesen, dass der X52 einigen Spielern zu leichtgängig sei. Er ist zwar nicht der zäheste Knochen und liefert nicht, wie der X55, diverse Federn zum Tauschen mit, damit man sich selbst seiner persönlichen Präferenz annähern kann. Ich fühlte mich am Pro aber direkt zu Hause. Hier habe ich mehr das Gefühl, einen hydraulischen Joystick in der Hand zu halten, statt ein paar Sprungfedern zu verbiegen. Ich kann eigentlich nicht oft genug sagen, wie viel ruhiger als die meisten anderen Geräte dieser Art er läuft, auch wenn man hier und da gerade beim Z-Twist noch mal eine Feder überspringen hört.
Abgesehen davon ist das hier in Sachen Ausstattung eigentlich der gleiche Stick wie sein Vorgänger. Die Beleuchtung ist schöner, der Button unter der "Safe"-Abdeckung wird rot, wenn man den Deckel hochklappt, und die Sticks fühlen sich tendenziell noch einmal langlebiger an als auf dem X52. Das Multifunktionsdisplay ist hier programmierbar, aber außer ein paar voreingestellter Funkfunktionen, die einige War-Thunder-Spieler in ein Profil hineingemoddet haben, fand ich bisher noch nichts, was mir diese Zusatzanzeige wirklich schmackhaft machen würde. Definitiv ein Relikt aus einer anderen Zeit.
Das gilt allerdings nicht für den Gesamteindruck dieses Sticks: Wenn ich die Wahl hätte, wäre das derjenige, der auf meinem Schreibtisch stünde. Entweder das oder man legt fast 500 Euro für einen Warthog samt Pedalen hin. Der Unterschied zum normalen X52 liegt zwar hauptsächlich im Look und den Materialien, aber zusammen mit dem laufruhigeren Stick rechtfertigt das neuere Modell nicht nur das "Pro" im Namen, sondern auch den Aufpreis von 40 Euro. Das hier ist vielleicht nicht das am umfassendsten ausgestattete HOTAS-System auf dem Markt - das bleibt in der Consumer-Klasse der X55 Rhino. Aber es ist eines der hübschesten und zu diesem Preis das wohl am besten verarbeitete.
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