Samba de Amigo im Test – Ein durchschnittliches Rhythmusspiel mit durchgeknallten Überraschungen
"Samba!" oder doch eher "Ay, caramba!"
Mit Samba de Amigo: Party Central holt Sega ein etwas verstaubtes altes Arcade-Spiel aus seiner Musiktruhe. Was 1999 in den Arcades Tokyos für Stimmung sorgte, wurde 2000 inklusive Rasseln auf die Dreamcast gepackt. Gearbox Software und Escalation Studios brachten dann einen Port, bei dem man die Rumbakugeln mit der Wiimote rasseln konnte. Ob das alles jetzt noch besser mit Joy-Cons auf der Nintendo Switch funktioniert, schaue ich mir im folgenden Test für euch an. Wie immer bekommt ihr selbst einen Eindruck vom Spiel im obigen Video.
Mach dich zum Affen, Amigo!
Wer schon mal in einer japanischen Arcade voller Rhythmusspiele stand, weiß wie wenig es bei diesen Spielen um Geschichte oder um eine besondere Atmosphäre geht. "Kopfhörer auf, Handschuhe an und vor allem: Kopf aus!" lautet hier die Devise. Genau das Gefühl vermittelt die Einleitung des Spiels, in der unsere Spielfigur, ein in Neon gekleideter Affe namens Amigo, ganz episch zwei ebenso bunte Rasseln offenbart bekommt, mit denen er die Welt retten soll. Aber nicht wirklich, denn hier will keiner eine zusammenhängende Handlung. Es ist eher ein Witz, der sich darüber lustig macht, wenn sich Spiele zu ernst nehmen. Schnell ist das Ziel vergessen und Party Central leitet mit einer knallbunten Kulisse weiter zur Musik.
Sofort werdet ihr von zahlreichen Möglichkeiten erschlagen: Outfits, Rekorde, Rhythmusspiel, Weltparty, Duett, Missionen, Online-Spiel, Galerie und der Nintendo eShop? Was erst wie ein Gatcha wirkt, ist zum Glück eure Motivation dafür, so viele Runden wie möglich im Rhythmusspiel zu verbringen. Die vielen Sachen, die ihr freischalten könnt, werdet ihr mit eurem Highscore verdienen. Die verschiedenen Modi bestimmen, zu welchem Zweck ihr eure Rasseln schwingt, aber das Rhythmusspiel selbst bleibt immer gleich.
Selbst ist die Maraca
Habt ihr es in ein Rhythmusspiel geschafft, liegt das Hauptaugenmerk auf den Maracas (lateinamerikanischen Rasseln), die sowohl als Controller, als auch als Stilmittel durch das ganze Spiel hinweg dienen. Ihr könnt euch gleich zu Anfang, aber auch während des Spiels, dazu entscheiden, ob ihr den Spielstil "Schütteln" oder "Knopf" wählt. Ob ihr also die Joy-Cons mit euren Armen nutzt oder die Köpfe mit euren Fingern, um den Beat zu treffen.
Wie in jedem Musikspiel folgen nun verschiedene Schwierigkeitsstufen und ihr müsst es schaffen, die Ringe im Bildschirm zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu treffen. Entweder mit der passenden Bewegung (Schütteln) oder mit der richtigen Taste (Knopf). Es gibt Takte, auf denen ihr außerdem eine Pose machen müsst oder in ein kleines Minispiel geratet. Diese Minispiele reichen von besonderen Bewegungen über schnelleren Beats bis hin zu Hindernisparcours. Zugegebenermaßen ist das alles mit Joy-Con viel witziger als nur mit Tasten. Die Minispiele könnt ihr ganz abschalten, wenn sie euch stören.
Klingt vielleicht simpel, aber einfach ist das Rhythmusspiel nicht. Gerade im Schüttel-Modus ist eine gute Koordination und auch ein wenig Ausdauer gefragt. Je nach Song und Schwierigkeit dürft ihr nicht nur den Kreisen folgen, sondern zudem über vorgegebene Linien gleiten, Posen machen oder sogar schnelle Drehungen und andere Bewegungen mit euren Händen ausführen. Das fühlt sich nach mehreren Songs schon manchmal nach Sport an. Ins Schwitzen kommt ihr im Schüttel-Modus auf jeden Fall!
Follower, Fame und Fails
Im StreamiGo! Modus bekommt ihr eine zusätzliche Rahmenhandlung, die sich natürlich wieder nicht ernst nimmt. Denn generell könnt ihr in der Galerie einen kleinen Avatar erstellen, der euer Social Media Profil repräsentiert. Beim StreamiGo!-Modus müsst ihr dann durch bestimme Herausforderungen Punkte sammeln, um mehr Follower zu gewinnen. Diese Herausforderungen können beispielsweise eine bestimmte Punktzahl sein, oder eine bestimmte Anzahl an "Perfekt"-Kombos. Die Art, wie dieser Modus dargestellt wird, ist total überzeichnet und witzig. Und auch wenn man mal scheitert, macht es nichts, denn Münzen und Follower gibt es trotzdem.
Leider hat sich SEGA vom lateinamerikanischen Einfluss der ursprünglichen Spiele musikalisch entfernt. Präsentierten im alten Teil noch Songs, wie "Samba de Janeiro" von Bellini oder "Tequila" ganz offen die Thematik des Spiels, fallen in Party Cental eher zeitlose Popsongs, wie "TikTok" von Kesha oder "Good Time" von Owl City auf, obwohl noch ein paar alte Hits, wie "Macarena" im Spiel geblieben sind. Einen besonderen Ehrenplatz bekommen die Lieder aus Sonic, wie "Escape From The City" aus Sonic Adventure 2 oder "Fist Bump" aus Sonic Forces, die man mit Amigo und Sonic auf der jeweiligen Stage performen kann.
Natürlich macht das Spaß und ist gerade für SEGA-Fans auch ganz cool, denn sonst bekommt man Songs aus Sonic nirgends in Rhythmusspiel-Form. Als Fan von Jun Senoue habe mich über die zwei Sonic-Stages besonders gefreut! Auch das japanische DLC-Pack und die Zusatzinhalte in Richtung K-Pop passen zum Gesamtbild. Allerdings müsst ihr für diese extra zahlen. Außerdem gibt es dann auch nur drei Songs, denen noch der echte "BANGER"-Moment fehlt. Wobei "Baka Mitai" von Kiryu aus dem SEGA-Pack natürlich schon sehr nah dran ist...
Das System hinter Samba de Amigo ist mit den Zusatzinhalten nicht ganz so dreist, wie ein Just Dance, aber trotzdem schade, dass sich die besseren Songs hinter einer Paywall verstecken. Bei einem Basispreis von 39,99 Euro für rund 40 Songs schneidet Party Central aber ganz gut ab. Zum Vergleich: Just Dance bietet ebenfalls 40 Songs für 59,99 an, Theatrhythm ganze 385 Songs, die aber zugegeben nicht mit Lizenzen kämpfen müssen, weil sie alle In-House produziert werden und Hatsune Miku: Project DIVA Mega Mix+ (ebenfalls von SEGA) ganze 170 Songs - jeweils in der Basis-Edition ohne DLC etc.
Eine prallgefüllte Party!
Dann gibt es da noch die guten Online-Modi, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Im Duett-Modus könnt ihr zu zwei Freunden lokal mit oder gegeneinander antreten. Dabei gibt es vier verschiedene Herausforderungen zu meistern. Im Rhythmusspiel tretet ihr wie gewohnt gegeneinander an und sammelt Punkte. Wollt ihr das auf die Spitze treiben, geht lieber gleich zum Showdown. Hier muss der Verlierer sogar eine Strafe ausführen, die das Spiel für ihn auswürfelt. Witzig ist zudem der Liebestest, bei dem ihr mit eurem Partner so koordiniert wie möglich den Rhythmus treffen müsst. Seid ihr im Einklang, füllt sich am Ende der Runde ein Herz, das euch zeigt, wie kompatibel ihr seid.
Zu guter Letzt gibt es noch einen Koop-Modus, in dem ihr nur Minispiele spielt. Den fand ich total langweilig, weil es immer die gleichen drei Minispiele sind, die nach einem Durchlauf einfach keinen Spaß machen. Aber vielleicht ändert sich das ja, je nach Mitspieler. Im Online-Modus könnt das Ganze übrigens auch mit bis zu vier Freunden virtuell machen. Ganz klassisch erstellt ihr dafür Räume für euch und eure Freunde online.
Dann wäre da noch die Weltparty, in der ihr mit 20 anderen Mitspielern aus der ganzen Welt in einem Überlebensmodus gegeneinander antretet. In Phase 1 müsst ihr dabei unter den besten 14 sein, in Phase 2 unter den besten 8 und in Phase 3 zählt der Platz, den ihr unter den letzten 8 Spielern einnehmt. Ähnlich wie bei Tetris 99 könnt ihr hier bestimmte Gegenstände im Tanz-Battle gegen andere einsetzen. Das Ziel ist es durch die Weltparty den Turm vom "Normalo" bist zum "Star" zu erklimmen. Die Wartezeit gestaltet sich logischerweise je nach Tageszeit länger oder kürzer, insgesamt hatte ich, was die Verbindung und Stabilität der Matches angeht, aber nur positive Erfahrungen.
Samba de Amigo: Party Central - Fazit
Samba de Amigo: Party Central fühlt sich nach einem Rhythmusspiel an, das ich schon unzählige Male gespielt habe und trotzdem habe ich Spaß damit. Das Gefühl, selbst in der Arcade zu stehen, entsteht durch die lauten Klänge, schrillen Kostüme und dem Humor, den das Spiel immer wieder ausspielt. Auch der SEGA- oder J-Pop DLC machen extrem Spaß und rechtfertigen mit besonderen Liedern die Existenz von Party Central im Meer der anderen Musikspielen. Die Basisauswahl der 40 Songs lässt aber musikalisch etwas zu wünschen übrig und auch die Anzahl der Lieder pro DLC genügt nicht wirklich, um am Ball zu bleiben.
Was die Modi angeht, so bereichern besonders StreamiGo! und die Weltparty das Musikspiel mit Stil, Herausforderungen und noch mehr Humor. Ein buntes und durchgeknalltes Paket, was mit jedem Neustart Laune macht, aber leider so wirkt, wie ein sehr kurzfristiges Vergnügen. Denn gerade die schrille Kulisse überlädt schnell alle Sinne und eignet sich deshalb nicht für lange Sessions. Wer aber nach einem stressigen Tag ein bisschen Bewegung und einen kurzfristigen "Kopf aus!"-Moment im eigenen Wohnzimmer haben will, wird mit diesem Rhythmusspiel auf seine nicht allzu hohen Kosten kommen.
Samba de Amigo: Party Central | |
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