Samba de Amigo
Shake it, aber nimms nicht zu genau
Auf Schwer und Richtig Schwer sieht es dann ganz anders aus. Lockeres, unpräzises Spiel wird schnell mit harten und frustrierenden E und D –Wertungen abgestraft. Statt ganz natürlich die Maracas zu schwingen, steht Ihr mit höchster Konzentration und bewegt die Arme mit der Präzision eines Flug-Bodenlotsen bei der Abschlussprüfung. Auch das macht Spaß, aber es ist eine andere Art von Spaß. Jedes Musikspiel sollte irgendwann den Punkt erreichen, an dem Ihr nicht mehr fröhlich drauflos posed, sondern ganz bei der Sache sein müsst. Das ist nicht das Problem. Dass Samba de Amigo Euch häufig genug und trotz präziser Bewegungen grundlos abstraft und eine Notenkette reißen lässt, weil der Cursor mal wieder nicht so schnell positioniert war wie Euer Arm, schon.
Damit nicht der Eindruck entsteht, dass ich möglicherweise einfach nicht in der Lage wäre, meine Wii richtig aufzubauen, möchte ich anmerken, dass wir das Spiel auf insgesamt drei Geräten mit unterschiedlichen TV-Sets, Sensorbalken und Höhenpositionierungen testeten. Die Erkennungsfehler unterschieden sich ein wenig in Häufigkeit und Art, letztendlich lief es im Ergebnis aber auf allen drei Installationen gleich hinaus. Nie perfekt.
Zum Glück bewegen sich diese Fehleranfälligkeiten noch in relativ engen Toleranzbereichen. Solche, die sich über jeden verlorenen Punkt wie tollwütige Berggorillas aufregen, sollten mit Vorsicht herangehen. Jeder halbwegs beherrschte Spieler wird dagegen angesichts der Riesenlaune, die sich praktisch sofort nach dem Einschalten verbreitet, schnell mit ein paar verlorenen Kombos abfinden können. Dies zieht sich auch zum Multiplayer durch. Zwei harte Opponenten, die verbissen bei jedem Spiel und um jeden Punkt kämpfen, sind hier eher fehl am Platz.
Im Idealfall vergnügen sich zwei Zielgruppen mit dem Samba-Spaß. Kinder, auch zusammen mit ihren Eltern, und gesellige Gruppen, die weder dem Macarena noch dem Cachaca abgeneigt sind. Gruppe Eins freut sich, dass das Gerassel unabhängig vom Alter wirklich jedem Freude machen kann und auch Fünfjährige sehr schnell Erfolge feiern können, ohne dass es dem mitspielendem Erwachsenen langweilig werden würde. Fast wie in der Wii-Werbung. Tanjas Sohnemann ist der beste Beweis dafür. Den Spaß von Gruppe Zwei muss man wohl nicht weiter ausführen. Passt nur auf, dass Eure Performance nicht sofort per i- oder sonstigem Phone auf youtube landet. Online-Competitions finden übrigens mal wieder nur auf Leaderboards und Freundeslisten statt. Wir kennen's ja kaum anders.
Was den Multispaß ein klein wenig schmälert, ist nicht nur die Tatsache, dass Ihr vier der nicht gerade preiswerten WiiMotes für zwei Spieler braucht, sondern auch, dass eine ganze Menge Zeugs, besonders Songs, wieder einmal erst im Solospiel freigeschaltet werden muss. Es artete dabei nicht annähernd so schlimm aus wie bei den Raving Rabbids, nur sollte ein Spiel, das sich dermaßen spontan für Partys und Kindergeburtsage eignet, vom Start weg fast alles für den Mehrspielerbetrieb offerieren. Und nicht alles, was es zu erspielen gibt, lohnt sich am Ende wirklich. Neue Rasselgeräusche? Ehrlich?
Zumindest bei den Minispielchen liegt das Meiste frei. Nicht das alles davon Eure Zeit wert wäre. Während ein absonderliches 2D-Beachvolleyball zwar nicht viel Sinn, aber wenigstens Spaß macht, gerieten Steine- oder Pinata-Zertrümmern zu manischen und hohlen 20-Sekundenschnipseln wilder Schüttelei. Für Kinder top, für Erwachsene eher...nun ja, hohl eben. Jenseits der Minigames wartet aber der Classic-Modus und hier findet Ihr in Form des Dreamcast-Originals ein schickes Stück Sega-eigener Nostalgie. Grundsätzlich ändert sich zum normalen Modus nicht die Welt, aber ein paar frische Optiken und Moves im Klassikgewand lockern den Samba auf, nachdem Ihr die ersten Tage hinter Euch habt.
Samba de Amigo gelingt es mit Frohheit und Lockersinn spielend zu unterhalten. Bunt und Krachig umfluten Euch, Maracaklappern überrauscht Eure Sinne, Ihr rasselt enthusiastisch und mit einer Begeisterung, die Ihr sonst bei Babys findet und zwar völlig unabhängig davon, welcher Altersgruppe Ihr wirklich angehört. Eine beständige, sonnige Instant-Beach-Carnival-Party, direkt aus der Packung. Aufreißen, einlegen, mit Freunden feiern.
Und niemals versuchen gegen die Steuerung anzutreten, um diese letzten Prozentpunkte zu ergattern. Es wird nicht funktionieren. Zu ungenau reagiert in einigen entscheidenden Momenten die Erkennung und unterbricht Eure Punkte-Kombo, obwohl Ihr genau den richtigen Fluglotsen-Move hinlegt. Eine Fortsetzung mit MotionPlus-Unterstützung mag daran etwas ändern. Bis dahin heißt es: Unterdrückt den Wettbewerbstrieb und habt einfach richtig viel Spaß zu mehreren! Arrrrriiiibaa!
Samba de Amigo ist ab sofort für die Wii erhältlich. Extra Zubehör braucht Ihr nicht unbedingt, aber die Plastikrasseln von Speed-Link sorgen definitiv für einen Spaß und Atmosphäre-Bonus. Aber wie gesagt, das ist optional.