Need for Speed: Most Wanted - Vorschau
Ein paar neue Ideen zur gefüllten Garage von den Fun-Racer-Routiniers bei Criterion
Letztes Jahr gab es The Run, also kommt dieses Jahr wieder ein gutes Need for Speed. Natürlich. War ernsthaft zu erwarten, dass eine Verbindung aus dem aktuell talentiertesten Fun-Racer-Studio und der zweitältesten passenden Marke - Test Drive will, und will ja nicht sterben - irgendwie schiefgehen könnte? So richtig jedenfalls? Natürlich nicht. Wieder nicht. Wenn man Burnout Paradise mag. Ich mag Burnout Paradise. Alles gut also, Preview beendet, Review fast noch mit dazu, in ein paar Wochen kommt eine Wertung drunter, irgendwas Hohes vermutlich. Der Erfolg anderer kann schon mitunter richtig langweilig sein.
Denn letztlich ist Burnout ... ich meine natürlich Need for Speed: Hot Purs ... ich meine Most Wanted nicht großartig etwas Anderes, Neues oder überhaupt. Paradise, nun mit richtigen Autos. Oder vielmehr echten Marken. Und mehr Polizei. Aber sonst? Ihr meint jenseits des ganzen Social-Media-Zeugs im Umfeld? Ein schweinegutes Spaßrennspiel halt. Das, was Criterion kann. Vier Stunden oder so Spielzeit in einer so schön nach Gummi duftenden Rennhalle bei Porsche - ich meine das ernst, der Duft frischen Gummis auf Asphalt sorgt schon für gewisse High-Momente, ich hoffe sie beeinflussten meine Wertungsfähigkeit nicht zu sehr ... - bewiesen das.
Die Stadt ist groß und offen und könnte auch für ein GTA herhalten. Und sie ist auch wie Liberty City ein Kunstprodukt, das wenig Wert auf öffentlichen Nahverkehr legt. Breite Highways, viele, viele Straßen und noch mehr Gassen, Abkürzungen, Tunnel und nicht nur Cooper-taugliche Abwasserkanäle. Ihr cruist fröhlich vor euch hin, versucht, den restlichen Verkehr nicht zu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen, oder auch nicht, und seid auf der Suche nach den zehn Most Wanted, einer mal wieder superelitären Rennfahrer-Gruppe mit ganz tollen Autos. Autos, die man nicht wie den ganzen Rest am Straßenrand findet.
Dort steht wirklich der ganze Rest. In Most Wanted schaltet ihr keine Autos im eigentlichen Sinne frei, auch wenn es ein paar besondere in eben den Most-Wanted-Rennen zu gewinnen gibt. Stattdessen seht ihr eines einfach am Straßenrand und müsst es nur per Tastendruck übernehmen. Schon gehört es euch. Ob das nun ein Ford-Pick-up ist oder ein seltenes Porsche-Sondermodell, das hängt vor allem damit zusammen, wie gut sie versteckt sind und wie scharf eure Augen sein müssen. Aber nicht damit,wie weit ihr im Spiel fortgeschritten seid.
Wenn das euer Wille und Spaß ist, könnt ihr von Minute eins an die Stadt nach tollen Fahrzeugen abgrasen und Rennen einfach Rennen sein lassen. Damit ihr dann mit schnellen Autos auch jederzeit was anfangen könnt, stehen in dem nicht schlechten Versuch der Nachahmung eines Onboard-Displays jederzeit mehrere Rennen und Aufgaben zur Verfügung, immer in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Auf diese Weise muss das Spiel nicht mit obskuren Parametern euer Können und das gefundene Fahrzeug auf einen Nenner bringen, sondern überlässt euch die Wahl, wie ihr vorgehen möchtet. Freie Spielgestaltung auf Abenteuer-Wiesen ist derzeit wohl ein großes Motto, Most Wanted ist der dazu passende Fun-Racer.
Dieses Collect´em´all-Spielchen mit dem Charme der Micro-Machines-Sucht eines Kindes der frühen 80er weckt schon gute Erinnerungen. Und neben den restlichen für das Genre gerade im Solo-Modus eher zarten Neuerungen ist diese Loslösung von der sonst üblichen graduellen Freischalterei ein sehr spannender Gedanke. Ich habe keine Ahnung, in wie vielen Games ich mich schon durch die Blech-Klasse bis zum Super-Sportwagen hochgedient habe, zu viele wahrscheinlich und nun kommt ein Spiel daher, in dem ich in der ersten Stunde bereits einen lustigen Mix zusammenklaubte. Wie eben ein bunter Micro-Machines-Fünferpack auch einmal alles irgendwie enthielt, konnte ich auf Pick-up, Bentley oder Maserati zurückgreifen. Alles unterschiedlich, alles in anderen Ligen und Klassen, alles Spaß. Eine gute Idee, die Criterion da hatte.
Der Fahrspaß ist bei diesen Leuten eh gewährleistet. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass Bizarre und ihr Project Gotham die Könige der Halbrealismus-Liga waren, aber Criterion hängt da jetzt nicht so weit hinterher. Das Fahrverhalten passt mal wieder genau auf den Punkt, an dem ein echtes Auto längst aus der Kurve fliegen würde, sich hier aber noch gerade so mit viel Effekt und Reifengebrüll um die Ecke zwingt.
Am Limit zu fahren, ist auch nicht optional, sobald die Polizei ins Spiel kommt. Selbst im Freifahr-Modus lassen sie euch nicht in Ruhe, sobald ihr zu viele Sonntagsfahrer "mitnehmt", in den Hinterhalt-Events, wo euch die halbe Polizei der Stadt auflauert, geht es eh zur Sache. Hier startet ihr allerdings mit einem Wanted-Level, den ihr euch im freien Spiel erst aufbaut und der Indikator ist, wie lange euch das Gesetz noch jagt und mit welchen Mitteln. Bis zu sechs Level sind es. Auf dem Ersten zeigt man eher mildes Interesse an euch und habt ihr den GTA-artigen Suchkreis auf der Übersichtskarte erfolgreich verlassen, dann geht der Balken auch nach unten, bis ihr wieder uninteressant für die Verkehrsrichter seid. Schafft ihr das jedoch nicht, sondern sammelt noch weiter Vergehen, indem ihr durch Straßensperren brecht oder noch mehr herumschubst - am besten natürlich die Polizei selbst - werden schnell Nagelfallen gelegt und schließlich sogar die Straßen von schweren SWAT-Wagen blockiert. Von diesem Level dann wieder herunterzukommen ist eine durchaus würdige Aufgabe, denn einen wirklich sicheren Ort scheint es nicht zu geben. Ihr könnt nur hoffen so lange außer Sicht zu bleiben, dass sich der Level wenigstens ernsthaft senkt, bevor die Hatz weitergeht.
Es macht wirklich Spaß und es ist auch hoch motivierend, denn alle Punkte innerhalb der Verfolgung werden erst dann gutgeschrieben, sobald ihr entkommen seid. Im Laufe einer schon mal fast halbstündigen Jagd kommt einiges zusammen und umso höher ist die Motivation, einen solchen Score vor dem Polizeizugriff zu bewahren. Wie schon gesagt, der Level und damit auch die Erfahrungspunkte sind hier nicht ganz so relevant, aber sie definieren neben dem Highscore-Gedanken auch, wann ihr gegen die 10 Most-Wanted-Racer antreten dürft. Eine Verfolgung zu verlieren, schmerzt also nicht wirklich, aber es wurmt ungemein.
Need for Speed: Most Wanted wird sicher nicht der große Aufreger-Titel des Jahres. Dafür ist das Genre schon in sich anscheinend zu konservativ. Aber qualitativ dürfte es hier letztendlich nur wenig Grund zum Mäkeln geben. Wenn überhaupt. Die Mischung aus geschlossenen Rennen und offener Stadt funktionierte bereits zuvor beim gleichen Studio, es gibt bisher keine Anhaltspunkte, dass dies nicht wieder so sein wird. Die Autosammelei am Straßenrand ist eine fast schon brillant simple Idee, der Rest sollte ebenfalls passen. Also - was kann schon schiefgehen? Gebremste Vorfreude durch praktisch gesicherte Qualität ist wohl auch eine Art, von Spielen zu verwöhnt sein. Criterion muss mal bei Gelegenheit eine Niete landen, damit die Spannung ein wenig zurückkommt.
Nein, nicht wirklich natürlich. Es ist schon ganz gut, dass man sich auf ein paar Sachen im Leben verlassen kann. Wie zum Beispiel auf ein gutes Need for Speed alle zwei Jahre.