SAW
Das ganze Leben ist ein Quiz
Um die menschlichen Gegner zu beseitigen, steht ein Arsenal an diversen Waffen zur Verfügung: von der Stahlstange übers ikonische Skalpell bis zur Pistole. So schön die Auswahl auch ist (Schaufensterpuppen-Bein!), so sinnlos ist sie auch. Denn am Ende kann jeder Gegner ohne große Probleme einfach umgeboxt werden. Genauso verhält es sich leider mit den Fallen, die ihr selber bauen könnt. Im Verlauf der Geschichte findet man Jigsaw-Werkbänke, die, mit den richtigen Rohstoffen, Fallen produzieren. Diese können dann theoretisch in den Leveln platziert und die Feinde reingelockt werden. Nur ist das völlig unnötig, auch hier führt umboxen um einiges leichter zum Ziel.
Ein bisschen effektiver ist der Todeskragen, den Tapp nach kurzer Zeit verpasst bekommt. Eine von Jigsaws Konstruktionen, bekannt aus Film Nummer 3. Nähert sich ein Gegner mit einem ähnlichen Kragen, beginnt er wild zu blinken und explodiert kurze Zeit später. Das sorgt zwar für wilde Verfolgungsjagden, aber auch hier ist der immer gleiche Trick (eine Tür schließen und verriegeln) die Patentlösung. Alle anderen Anstrengungen, wie besagte Fallen stellen, wären ganz einfach Zeitverschwendung.
Ähnlich ambivalent präsentieren sich die Puzzle, die in allen Formen und Farben daher kommen. Ein paar sind ziemlich originell und schwierig zu beschreiben, ohne zu viel zu verraten. Gesagt sei nur, jedes Spiel, in dem man Schweinekadaver mit Ziegelsteinen abwerfen muss, damit sie in einen Häcksler fallen und ein Fass mit Gedärmen füllen, ist zumindest OK. Die meisten Rätsel sind aber klassische Puzzle-Minispiele. Stellt euch einfach die sich ewig wiederholenden Rätsel aus BioShock vor. Ok? Jetzt stellt euch vor, dabei läuft zum Teil noch ein Countdown runter? Und ihr verliert ständig Lebensenergie, weil ihr in einem Raum mit Giftgas steht. Nicht sehr spaßig. Diese Kombination kommt zwar eher selten vor, schießt aber dann große Frustlöcher in den Spielfluss.
Der positive Höhepunkt der Rätsel sind klar die "Bossrätsel" am Ende der einzelnen Kapitel. Stichwort: Selbstmord-Memory. Mit intelligentem Design und immer gemäßigtem Schwierigkeitsgrad sind sie fast alle extrem spielenswert. Der Weg dahin ist allerdings steinig, denn manche der normalen Zwischendurch-Herausforderungen ziehen plötzlich immer wieder so steil im Anspruch an, dass man sich gerne mal mit den Game-Designern persönlich unterhalten möchten.
Hinzu kommt noch die Tatsache, dass die Rätsel nicht immer dieselben sind. Die Anordnung der Schalter in den Sicherungskästen ändert sich beim Neuladen. Learning-by-Doing ist also auch kaum möglich und auch hier Frust vorprogrammiert. Und selbst wenn das alles bis zu einem bestimmten Teil noch zur Lizenz passt, werden auch die simpleren Aufgaben nach ein paar Stunden Spielzeit mehr lästig als spannend. Trotz des ständigen Erfolgserlebnisses, mal wieder die Zahnräder richtig angeordnet zu haben, ist Originalität was anderes. Vor allem werden noch klare Trial-and-Error-Passagen in Form von Schrottflinten eingeschoben, so dass eine Sekunde Unachtsamkeit zurück zum letzten Speicherpunkt führt.
Aber dennoch, das wirkliche Problem ist die Dosierung. Denn manchmal gibt es immer wieder tolle Passagen, in denen diese Dinge im richtigen Maß vorkommen und sich das echte SAW-Gefühl einstellt. Jeder gegen jeden und Jigsaw gegen uns alle. Vorsichtig schleicht man durch das marode Irrenhaus, bekommt fantastisch gesprochene Morallektionen per Voice-Over und sieht in letzter Sekunde die Falle, die man gerade noch entschärfen kann.
Und in der Ferne hallen die Schreie eines anderen Opfers durch die Gänge, der nichts Besseres vorhat, als einem den Schlüssel, den er zum entkommen braucht, aus dem lebendigen Leib zu schneiden. Für echte Fans sind diese wenigen Momente vermutlich genug, um sich SAW zumindest mal ein langes Winterwochenende auszuleihen. Nur macht mich nicht verantwortlich, wenn ihr den Controller dann vor Frust in den Adventskranz werft.
Am Ende ist es die starke Lizenz, hauptsächlich das Voice Acting (in der englischen Version der echte Tobin "Jigsaw" Bell), die SAW zu mehr machen, als es eigentlich ist. Die wenigen echten moralischen Momente. Ist es ok, wenn ich die anderen Insassen töte, um selber ans Ziel zu kommen? Bin ich nicht genau wie Jigsaw, wenn ich selber Fallen baue, um mich meiner Feinde zu entledigen? Das wahre Potential wird für kurze Momente sichtbar.
Und enttäuscht dann umso mehr, wenn einen die ewig gleichen Puzzle in den Wahnsinn treiben. Das Wort Folter wurde hier scheinbar ein bisschen zu ernst genommen. Aber auch ist das Kampfsystem zu beliebig, die Areale zu ähnlich, um wirklich zu begeistern. SAW bleibt ein netter Versuch, der auf zwei Stunden reduziert durchaus brauchbar gewesen wäre. So aber ist es nur eine weitere, sehr mittelmäßige Filmadaption.
SAW ist für Xbox360, PS3 und den PC erhältlich.