Schluss mit Shitstorms: eFootball 2022 spielt sich jetzt richtig gut
Konamis Arbeit zahlt sich aus.
So richtig ist der Übergang von Pro Evolution Soccer zu dem kostenlos spielbaren eFootball 2022 ja nicht geglückt. Dass man sich ein paar Monate mehr Zeit für die Entwicklung hätte nehmen müssen, das sprach auch eFootball-Producer Seitaro Kimura per Videobotschaft deutlich aus, der die handwerklichen Mängel auf das zu frühe Veröffentlichungsdatum im Oktober 2021 zurückführte.
Ein halbes Jahr später versucht Konami nun einen zweiten Anlauf und lud einige internationale Pressevertreter ein, die am 14. April 2022 erscheinende Version 1.0.0 von eFootball 2022 auszuprobieren. Der Einladung bin ich gerne gefolgt und habe mich in einer urgemütlichen Brauerei in unmittelbarer Nähe von Windsor Castle mit den Kollegen heiße Rasengefechte geliefert. Bereut habe ich nur, dass ich nicht die Zeit hatte, mich durch die 28 Craft-Beer-Sorten zu trinken, besonders die Varianten Kakao und Burned Toast hätte mich schon interessiert. Aber dafür hatte ich richtig Spaß mit dem meiner Meinung nach gelungenen Neustart der Fußballsimulation.
Zur Verfügung standen neun lizenzierte Mannschaften, darunter illustre Namen wie der FC Bayern München, der FC Barcelona, Juventus Turin oder Arsenal London. Und ab dem 1. Juli 2022 gesellt sich noch der AC Mailand hinzu. Optisch sind auf Anhieb erhebliche Verbesserungen zu erkennen, deutlich wird das unter anderem an den per Motion-Capture akribisch aufgenommen Starspielern, die sich authentisch auf dem Feld bewegen und erkennbar ihr Spiel spielen, bis hin zum typischen Torjubel.
Die realistisch in Szene gesetzten Stadien, zum Beispiel die Allianz Arena, Old Trafford oder El Monumental, erstrahlen in frischem Glanz und gleich mit dem Anpfiff kommt echte Fußballatmosphäre auf. Dazu trägt auch das deutsche Kommentatoren-Duo aus Marco Hagemann und Hansi Küpper bei, die genügend generische Sätze eingesprochen haben, dass auch nach gut zehn Partien keine nervigen Wiederholungen aufgekommen sind.
Neben den visuellen Verbesserungen gibt es auch spielmechanisch einige spannende Neuigkeiten zu vermelden: An erster Stelle stehen für mich hier die neue Funktionen, mit denen Traumpässe, Traumflanken und natürlich Traumschüsse für spektakuläre Aktionen sorgen. Das Prinzip ist einsteigerfreundlich: Wird beim Dribbeln oder Passen die R2-Taste gedrückt - wir haben auf PS5 mit dem DualSense-Controller gespielt -, erscheint ein grüner Kreis mit einem Richtungspfeil um den Spieler. Jetzt ist die Traumfunktion aktiv, der ballführende Spieler sprintet, Flanken und Schüsse erfolgen präziser.
Allerdings geht ihr bei den Traumversionen der Spielzüge auch ein Risiko ein. So legt sich euer Spieler beim Dribbeln den Ball ein gutes Stück weiter vor, was einen Ballverlust nach sich ziehen kann, wenn ein Abwehrspieler in den Laufweg grätscht und das euch das Leder von den Füßen schnappt. Habt ihr aber genügend Freiraum, entstehen so echte Traumkombinationen, wenn ihr den Ball elegant von Station zu Station passt und zum Abschluss mit Wucht ins gegnerische Tor wummert. Spielt ihr gegen eine abwehrstarke Mannschaft, wird euch die zeitliche Verzögerung bei Traumpässen und Traumflanken öfter mal zum Verhängnis und der Ball landet beim Gegenspieler.
Apropos Verteidigung: In der Defensive eröffnen sich ebenfalls eine ganze Reihe neuer Optionen, so könnt ihr wieder Pressing-Befehle geben und euch mit einem Schulterrempler das Leder erobern. Passt aber auf den Schiedsrichter auf, der rigoros Fouls pfeift und nicht mit gelben und roten Karten spart. Mir ist es mehrmals passiert, dass mein Abwehrspieler klar den Ball gespielt hat, was in der folgenden Zeitlupe auch zu erkennen war, die Aktion aber sogleich mit einem Pfiff und buntem Karton geahndet wurde. Das ging soweit, dass ich bei einigen Spielen auf Grätschen verzichtet habe.
Geärgert habe ich mich auch mehrfach über meinen Torhüter. Wenn ein Manuel Neuer nicht in der Lage ist, einen maximal sanft anfliegenden Rückball aufzunehmen, sondern mit einer völlig unnötigen Faustabwehr in die Richtung eines gegnerischen Stürmers ballert, dann ist das schon frustrierend. Vielleicht sollte man bei der taktischen Aufstellung auf die Tagesform der Spieler achten, die mit Pfeilen angezeigt werden. Neuer hatte bei dem Spiel einen roten Pfeil nach unten, hätte ich besser mal Sven Ulreich eingewechselt.
Wie es mit weiteren Spielmodi oder E-Sport-Aktivitäten in Zukunft aussieht, dazu hält sich Konami noch bedeckt. Man wolle sich zuerst voll darauf konzentrieren, eine hochwertige und bugfrei spielbare Fußballsimulation zu bieten. Das scheint mir nach einem guten Dutzend Probespielen gegen Kollegen und die bereits im mittleren Schwierigkeitsgrad extrem starke KI gelungen. Für mich ist eFootball 2022 aktuell eine echte FIFA-Alternative und dazu kostenlos spielbar. Wer gerne Echtgeld investieren möchte, wartet auf den Dream-Team-Modus, bei dem Spieler-und Trainer-Karten für ein individuelles Dream-Team gekauft und gesammelt werden.