Shadow Gambit angespielt: Nach Desperados 3 liefert Mimimi den nächsten Stealth-Kracher ab
Schleichen liegt ihnen im Blut.
Sowohl mit Shadow Tactics als auch zuletzt mit Desperados 3 hat das deutsche Studio Mimimi Games eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass man etwas vom Stealth-Genre versteht. Statt ein viertes Desperados hinterher zu schieben, versucht man sich stattdessen mit Shadow Gambit: The Cursed Crew an einer eigenen, neuen Marke. Eine, die auf die Stärken der vorherigen Titel setzt, als Twist aber noch übernatürliche Elemente mit einbringt und mehr Freiheiten verspricht. Funktioniert das?
Es wäre einfach, diese Frage mit einem simplen Ja zu beantworten und es dabei zu belassen. Aber ich will mal nicht so sein. Ich konnte einige Zeit mit einer Preview-Version von Shadow Gambit verbringen und man merkt dem Spiel von Beginn an auf jeden Fall an, dass es auf den Stärken der Vorgängertitel aufbaut, dass Mimimi für sich eine grundsolide und funktionierende Basis gefunden hat. Die übernatürlichen Aspekte gestalten das Ganze nur noch interessanter.
Ein leichter Einstieg in Shadow Gambit
Wenn ihr Shadow Tactics oder Desperados 3 (oder auch beide) gespielt habt, solltet ihr keine Schwierigkeiten damit haben, euch direkt in Shadow Gambit hinein- und dort zurechtzufinden. Nichtsdestotrotz führt euch das Spiel im ersten Akt natürlich mit Rücksicht auf Neulinge erst einmal behutsam an das Ganze heran. Ihr spielt Afia, die künftige Anführerin der Crew, die zu Beginn aber noch alleine ist.
Euer Ziel ist, euch über eine kleine Insel zu schleichen und dort ein Schiff zu klauen: die Red Marley. Nicht zuletzt mithilfe ihrer Fähigkeiten und guten Schleichwegen stellt das hier noch nicht wirklich ein Problem dar, aber das ist ja nur der Auftakt. Und ein wichtiges Ereignis in der Geschichte, denn die Red Marley ist anschließend eure Heimat, sie bringt euch durch die Lost Caribbean.
Shadow Gambit hat ein sprechendes Schiff
Zwischen den einzelnen Missionen kehrt ihr immer wieder auf die Red Marley zurück und es kann sogar sprechen! Was natürlich perfekt zu diesem übernatürlichen Setting passt. Rein Lore-technisch steuert die Red Marley auch die Pause-Funktion und die Spielgeschwindigkeit. Ebenso kann sie Erinnerungen speichern, was im Endeffekt nicht mehr als ein Quicksave ist. Die entsprechenden Spielfunktionen sind dieselben, es ist nur einen Tick mehr ins Spiel eingebunden. Manchmal kriegt ihr vom Schiff sogar einen Hinweis darauf, dass jetzt ein guter Punkt wäre, um sich eine Erinnerung zu merken. Nett
Okay, ihr habt also recht früh die Red Marley und bekommt obendrein die Möglichkeit, mithilfe einer schwarzen Perle ein erstes Crewmitglied von den Toten wiederzuerwecken, das euch auf Missionen begleiten kann. Für jeden potenziellen Begleiter braucht ihr eine solche schwarze Perle. Es dauert also ein Weilchen, bis alle von ihnen verfügbar sind, ihr könnt die Reihenfolge, in der ihr sie freischaltet, aber frei wählen.
Nach der Rekrutierung eines neuen untoten Piraten gibt euch die Red Marley die Gelegenheit, ein kleines Tutorial zu absolvieren. So könnt ihr euch in Ruhe mit dem Neuzugang und den damit einhergehenden neuen Fähigkeiten vertraut machen, statt das alles im Rahmen einer regulären Mission erlernen zu müssen. Wenngleich die Tutorials optional sind. Ihr müsst sie nicht machen, wenn ihr euch lieber ins kalte Wasser stürzt.
Die Qual der Wahl in Shadow Gambit
Wie gesagt, die Reihenfolge der Freischaltungen für eure Crew liegt ganz bei euch. Was euch umgekehrt aber nicht bei den Missionen einschränkt. Diese lassen sich mit allen beliebigen Kombinationen in Angriff nehmen. Natürlich kann es sein, dass manche Situationen mit bestimmten Charakteren einfacher zu lösen sind als mit anderen, aber darin besteht auch die Herausforderung und der Reiz des Spiels.
Trial and Error gehört zu diesem Spiel genauso dazu wie in den Vorgängern. Und eine wichtige Lektion, die ihr schnell lernt, ist, die Kamera zu drehen. Mitunter entdeckt ihr dadurch neue Möglichkeiten oder Wege, die euch in der Standard-Perspektive verborgen blieben. Anders gesagt: Es lohnt sich immer, einen genauen Blick auf die Umgebung zu werfen. Analysieren, ausführen und gegebenenfalls neu probieren, das werdet ihr hier des Öfteren tun.
In späteren Missionen besteht zudem die Möglichkeit, aus mehreren Anlegestellen auf einer Insel zu wählen, wo eure Leute an Land gehen. Besonders die späteren Inseln sind größer und es gibt mehrere Missionen, die ihr dort erfüllen könnt. Die sinnvollste Wahl wäre selbstverständlich, immer den kürzestmöglichen Weg zum Ziel zu wählen. Aber ihr müsst auch berücksichtigen, was eure Leute können. Nicht jeder von ihnen kann schwimmen oder klettern.
Die erwähnten Unterschiede der Charaktere spielen eine nicht unwesentliche Rolle bei eurer Vorgehensweise. Manche bewegen sich zudem schneller als andere oder brauchen mehr Zeit, um Gegner zu töten. Am Ende können hierbei Sekunden entscheiden, ob ihr entdeckt werdet oder nicht, was genaue Beobachtungen der gegnerischen Bewegungsabläufe und Sichtfelder eurerseits erfordert. Ihr kennt das aus den Vorgängerspielen.
Ein umfangreiches Portfolio an Fähigkeiten
Alle Fähigkeiten aufzulisten, würde indes den Rahmen sprengen, daher ein paar kleine Beispiele. Hauptprotagonistin Afia kann zum Beispiel "Blinzeln" als Option wählen. Hier springt sie schnell über eine kurze Distanz hinweg zum ausgewählten Feind und erledigt diesen. Ganz praktisch, wenn ihr ein paar Meter hinter einer Ecke kauert und dann losschlagt, wenn euer Ziel unbeobachtet ist. Der "Zeitstopper" friert einen Feind kurzerhand für mehrere Sekunden ein, wodurch er euch nicht bemerkt. Währenddessen könnt ihr ihn weiter attackieren.
Ich entschied mich beim Spielen dafür, zuerst Toya für meine Crew zu rekrutieren. Toya stammt aus Japan und war der Koch des Schiffs. Seine Fähigkeiten sind ebenso nützlich. Nehmen wir etwa das "Katashiro", ein kleines Totem, das ihr in der Umgebung platziert. Ihr könnt euch anschließend selbst an diesen gewählten Ort zurückkehren oder das Totem an einer Wache anheften und das ausnutzen. Mit dem "Vogelruf" lenkt ihr wiederum die Aufmerksamkeit naher Feinde auf euch. Und das sind jeweils nur zwei Beispiele für das, was sie können.
Manchmal reicht es völlig aus, auf die Fähigkeiten einer Figur zu setzen, um an einer Stelle weiterzukommen. Immer mal wieder ist es aber auch erforderlich oder hilfreich, gemeinsam vorzugehen. Zum Beispiel, wenn ihr zwei Gegner zwingend gleichzeitig ausschalten müsst, da sie sich sonst gegenseitig wiederbeleben. Andere bemerken einen Angriff immer in letzter Sekunde und frieren euch in der Zeit ein, weswegen ihr sie zu zweit eliminieren müsst. Je komplexer die Situation, desto wichtiger ist: Pausiert das Spiel, plant und koordiniert eure Aktionen und dann schaut ihr euch die perfekte oder misslungene Ausführung an. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!
All eure Fähigkeiten könnt ihr später übrigens dank eines Upgrade-Systems verbessern. Afias Blinzeln-Skill bekommt dadurch etwa mehr Reichweite, um nur ein Beispiel zu nennen. Ausprobieren konnte ich das allerdings noch nicht.
Letztlich liefert Mimimi Games bisher, soweit ich es anspielen konnte, genau das, was ich mir von einem Nachfolger von Desperados 3 erwartet habe. Die Grundlagen bleiben ähnlich und das funktioniert auch hier alles wieder prima. Es spielt sich außerordentlich gut, als ob das Studio noch nie etwas anderes gemacht hätte. Die übernatürlichen Fähigkeiten sind eine tolle Ergänzung und geben euch noch mehr Möglichkeiten und Spielräume, um eure Aktionen zu planen. Gleichzeitig sind sie nicht zu übermächtig ausgefallen, ihr müsst nach wie vor äußerst vorsichtig und taktisch klug agieren, um durch die Levels zu kommen. Wenn euch Shadow Tactics und Desperados 3 gefallen haben und ihr einem übernatürlichen Piratenszenario nicht abgeneigt seid, gehört Shadow Gambit sofort auf eure Wunschliste.