Shadow Warrior 3 will zurück zu den Wurzeln
"Es gibt Tonnen an Elementen in Shadow Warrior 2, auf die wir wahnsinnig stolz sind."
Lo Wang macht's nochmal! Nachdem Teil zwei von Shadow Warrior 2016 nicht so recht zünden wollte, besinnt sich Flying Wild Hog für den dritten Teil mit einer Kurskorrektur wieder auf die Serienhistorie. Sagt ade zu Loot und prozeduraler Generierung und macht euch bereit für einen wilden, vorwärtsgerichteten Ritt von einem Shooter! Wie Shadow Warrior 3 tickt, wenn es 2021 zunächst einmal für den PC erscheint, darüber unterhielten wir uns mit Game Designer Paweł Kowalewski. Viel Spaß!
Eurogamer: Ich muss gestehen, den zweiten Teil mochte ich nicht so gerne, wie ich im Vorfeld erwartet hatte. Der komplette Ansatz der prozeduralen Generierung lag mir nicht, ich konnte das eigentliche Spiel vor lauter Loot nicht sehen. Hat sich daran für Teil drei etwas geändert? Welche Schlüsse habt ihr aus den Reaktionen auf den zweiten Teil gezogen?
Paweł Kowalewski: Zu der Gruppe gehörst Du also! In unserer Kommentarsektion gibt es zwei Lager, diejenigen, die den Ersten mochten und die, die den Zweiten bevorzugen. Ich freue mich, dir sagen zu können, dass der dritte Teil wieder "back to the roots" geht. Es ist eine lineare Einzelspielerkampagne, die sich vom ersten Moment an auf übertriebene Action konzentriert. Gleichzeitig verbessern wir die Einzelspielerformel des Spiels. Nicht nur den Kampf, die Fortbewegungsoptionen, wir haben auch spezielle Set-Pieces geplant, etwa einen Schlitterabschnitt und andere Dinge, die nicht zum zentralen Gameplay-Ablauf gehören, sondern einzigartige, kinoreife Augenblicke liefern sollen.
Solche Dinge lassen sich mit einer linearen Level-Struktur natürlich deutlich komfortabler im Spiel integrieren als mit dem Aufbau von Shadow Warrior 2.
Eurogamer: Wie trifft man die Entscheidung, sich mit dem Nachfolger in eine andere Richtung zu bewegen. Es kann nicht so einfach sein, die positiven und negativen Kommentare und Kritiken gegeneinander zu verrechnen, oder?
Paweł Kowalewski: Natürlich berücksichtigen wir auch die Reaktionen der Spieler. Aber am Ende entscheiden wir im Studio, welche Formel uns besser liegt. Bei Shadow Warrior 3 machten wir für uns eine Pro-und-Kontra-Liste für Shadow Warrior 1 und 2. Und nachdem wir uns eine Weile damit befasst hatten, waren wir uns alle einig, dass die Richtung von Shadow Warrior 1 uns besser liegt und dass wir uns mit diesem Ansatz wohler fühlen.
Eurogamer: Welche Elemente des zweiten Teils bewahrt ihr euch den für den dritten? Habt ihr bei Teil 2 etwas gelernt, dass euch im Sequel zugutekommt?
Paweł Kowalewski: Es sind definitiv noch Elemente von Shadow Warrior 2 enthalten. Vor allem, wenn man sich den Charakter Lo Wang an sich anschaut: Die Steuerung, die Beweglichkeit, das Gefühl für die Waffen und den Nahkampf. Das sind die Dinge, auf die wir wirklich stolz sind und die wir in den nächsten Teil übertragen und weiter verbessern. Der visuelle Stil ist ebenso eine Weiterentwicklung dessen, was im zweiten Teil zu sehen war. Was wir nicht übernehmen, ist eben die prozedurale Generierung, das Loot und die Bazillionen an Waffen. Wir haben eine gradlinige Kampagne und alles ist etwas stromlinienförmiger gehalten. Das Loadout wird beschränkter sein, dafür ist dann jede einzelne Waffe deutlich bedeutsamer und wichtiger. Jedes Schießeisen hier erfüllt eine Rolle.
Eurogamer: … kein langes Vergleichen mehr…
Paweł Kowalewski: Ja, das war uns sehr wichtig. Wir wollten die Spielerprogression vereinfachen und die Aufmerksamkeit nicht vom Action-Element ablenken. Man bekommt ein Upgrade und das ist es: Weiter geht's im Spiel. Gleichzeitig gibt es keinen Koop mehr, wir wollten uns voll und ganz auf unseren verrückten Protagonisten konzentrieren. Er muss der Held dieser Geschichte sein, der diese Hürden ganz alleine nimmt.
Eurogamer: Weißt Du, in der Theorie mochte ich das Spiel im Koop, aber wann immer man alleine unterwegs war, waren die Level einfach zu groß und leer, weil sie bis zu vier Spielern Platz bieten mussten…
Paweł Kowalewski: Ja und wir haben auch begriffen, dass manchmal zu viele Freiheiten - denn in den Quests hatte man einige davon - dem Spiel nicht guttun. Uns bereitete das sehr präsente Pacing-Probleme. Aber auch, wenn wir uns jetzt eingestehen, dass einige Dinge an Shadow Warrior 2 auf dem Papier besser aussahen als sie letzten Endes waren, ist es nicht so, als würden wir das Spiel nicht mögen. Es gibt Tonnen an Elementen an Shadow Warrior 2, auf die wir wahnsinnig stolz sind. Der komplette Ansatz war sehr ambitioniert. Es war eine komplett neue Sache für uns, denn unsere ersten beiden Spiele, Hard Reset und Shadow Warrior 1, waren gradlinige Shooter und nach all den Jahren solcher Spiele wollten wir einfach was anderes probieren. Aber wir haben auch gelernt, dass Neuauflagen von IPs mit einem gewissen Standing sich letzten Endes immer noch vertraut für die Leute anfühlen müssen, die die Reihe noch gut kennen.
Eurogamer: Genug zu Teil zwei, erzähl doch ein wenig darüber, wie die Spielerprogression in Shadow Warrior 3 funktionieren wird.
Paweł Kowalewski: Aktuell gibt es noch mehrere Richtungen, in die wir gehen können. Für welche wir uns auch entscheiden, es wird sehr einfach bleiben. Wann immer man neue Waffen oder Fähigkeiten aufhebt, gibt es eine kurze Einführung als First-Person-Cutscene und dann wird es innerhalb der Level Upgrades geben, die entweder als physische Gegenstände zu finden sind oder als eine Art Schrein, mit dem man interagiert und der dann einen einfachen Skilltree öffnet. Aber wie gesagt: Nichts Kompliziertes, um den Rhythmus hoch zu halten. Es fällt also nicht mehr haufenweise Zeugs aus den Gegnern, als wären sie Pinatas.
Eurogamer: Seit wann arbeitet ihr denn am Projekt?
Paweł Kowalewski: Die Pre-Production begann Anfang 2019, jetzt ist es ein gutes Jahr in Entwicklung, haben aber noch einen guten Weg vor uns, ich glaube, wir sind in etwa in der Mitte. Man kann das Spiel schon von Anfang bis Ende spielen, aber es gibt noch viel zu tun: Balancing, Konfiguration der Gegner-Begegnungen, was die Länge des Spiels beeinflussen wird. Wir wissen deshalb immer noch nicht, wie lang das Spiel sein wird, weil viele Variablen das noch beeinflussen.
Eurogamer: Nachdem der Zweite so auf Wiederspielbarkeit ausgelegt war, wie wird das im Dritten laufen? Gibt es Spielerbewertungen, die dazu anhalten, einen Level noch einmal zu probieren?
Paweł Kowalewski: Nein, über solche Bewertungen haben wir kurz gesprochen, aber wir wollten, dass sich die Kampagne wie ein Abenteuer aus einem Stück anfühlt. Das mit Scoreboards zu zerstückeln, würde nicht zum Ansatz des Spiels passen. Wir haben allerdings schon viele Ideen für Dinge, die die Spieler abseits der Kampagne länger bei der Stange halten könnten, können aber bisher noch nichts ankündigen. Im Moment konzentrieren wir uns ganz auf die Kampagne. Sie ist das Rückgrat des Spiels. Wenn das nicht hält, fällt alles andere auseinander.
Eurogamer: Ich frage, weil gerade um 2016, als der letzte Teil herauskam, besonderer Wert auf Wiederspielbarkeit gelegt wurde…
Paweł Kowalewski: Es stimmt, was du sagst: Die Struktur des letzten Teils war genau darauf ausgelegt, den Spaß am Spiel zu strecken. Der Gedanke war, nach dem Ende der Kampagne seine Freunde einzuladen und mit denen weiterzuspielen. Auch für Shadow Warrior 3 ergründen wir Möglichkeiten, den Wiederspielwert zu erhöhen. Aus Entwicklersicht… wir alle lieben Replayability. Wenn man ein Spiel mag, wünscht man sich, dass man es länger spielen kann. Aus Sicht des Studios muss man aber immer eine sehr traurige Tatsache berücksichtigen: Viele Spieler beenden die Spiele nicht. Viele spielen bis zur Hälfte, aber nur wenige spielen bis zum Ende. Bis vor ein paar Jahren fand ich das wahnsinnig seltsam, aber mittlerweile werde ich auch älter, habe mit meinem Job und meinem Privatleben zu tun. Obwohl ich seit Kindestagen spiele, habe ich nicht die Zeit, alle Spiele zu beenden und mein Pile of Shame wird immer größer.
Also: Wir befassen uns mit dem Thema und wollen den Spielern, die mehr Zeit in Shadow Warrior 3 investieren möchten, entsprechende Aktivitäten bieten.
Eurogamer: Es ist schon seltsam, oder? Einerseits beenden nur wenige Leute die Spiele, andererseits gibt es viele, die sich darüber beschweren, wenn ein Titel zu kurz ist. Ich glaube, bei der Kaufentscheidung spielt im Vorfeld die utopische Vorstellung eines Spiels eine Rolle, in das man sich so sehr verliebt, dass man es Hunderte Stunden zocken kann und möchte, obwohl man sich in der Praxis längst nicht so lange damit auseinandersetzen wird.
Paweł Kowalewski: Ja. Gleichzeitig sollte unsere neue Kampagne bedeutsam sein. Manchmal fühlen sich Spiele länger an, als sie hätten sein müssen, künstlich aufgeblasen. In Shadow Warrior 3 sollte jede Minute wertvoll sein, der Spieler sollte immer etwas Cooles tun. Auch außerhalb der Kämpfe, Wallruns, Greifhaken - es soll immer etwas episches passieren, eure Hände immer was zu tun haben.
Eurogamer: Nach einem Bewertungssystem fragte ich übrigens, weil eure Gameplay-Schnipsel einfach danach aussehen, als hätte man so viele coole Werkzeuge, die nach effektivem und coolem Einsatz schreien. Aber was ist, wenn ich das Gefühl habe, eine Sequenz nicht so badass gelöst zu haben, wie ich es hätte tun können…
Paweł Kowalewski: Ja, du willst das Gefühl, eine Begegnung mit einem S-Rang abgeschlossen zu haben! Wir schauen uns das gerade an, vielleicht einen Modus zu haben, der die Story ausklammert und nur die Action in den Vordergrund rückt und den Spieler dann nach Art von Devil May Cry bewertet. Aber das ist nur eine mögliche Richtung. Vielleicht machen wir auch etwas anderes, das euch dazu ermutigt, sich noch zu steigern.
Eurogamer: Vielleicht auch etwas mit cleveren Checkpunkten, die es erlauben, sich an den Anfang eines Kampfes zurückversetzen zu lassen?
Paweł Kowalewski: Auch definitiv eine unserer Ideen. Schön, dass du erkannt hast, dass es viele Werkzeuge in diesem Spiel gibt, mit denen man spielen und sie kombinieren kann. Denn das war genau unserer Ansatz für Shadow Warrior 3. Wir wollten, dass die Spieler mit ihrem Loadout experimentieren und ein wachsames Auge auf die Umgebung werfen, denn hier steht vieles herum, was man zu seinem Vorteil nutzen kann. Natürlich gibt es Waffen und Ausrüstung, die gegen bestimmte Feinde effektiv sind, wollen den Spieler aber auch nicht auf einen bestimmten Spielstil festnageln.
Eurogamer: Hast du The Last of Us 2 gespielt? Es gibt eine Art, dieses Spiel super-effektiv und leise zu spielen, die aber unfassbar langweilig ist. Immer nur im Gras herumliegen, sich nur auf das Messer zu verlassen und sich die Gegner einzeln zu greifen, anstatt alle Werkzeuge zu nutzen.
Paweł Kowalewski: Ja, das fand ich auch. Will man es leise spielen, gibt es nicht viele Interaktionsmöglichkeiten, die man einsetzen kann, vor allem, weil das Spiel recht lang ist.
Eurogamer: Es gibt auf YouTube jetzt reihenweise "Aggressive Stealth"-Videos dazu, in denen Spieler alle Werkzeuge einsetzenl und schon wird der Titel deutlich aufregender. Ihr macht jetzt zwar keines der Survival-Spiele, die immer Gefahr laufen, dass die Spieler ihre Ressourcen nur horten, aber dennoch würde ich gerne hören, wie ihr als Designer eure User dazu anhalten wollt, auch all diese schönen Werkzeuge zu nutzen, anstatt die Gegner einfach immer nur mit derselben Waffe über den Haufen zu schießen?
Paweł Kowalewski: Zunächst einmal: Wann immer man einem neuen Hindernis in Form eines Feindes begegnet, sagen wir dem Spieler, welche Eigenschaften der Feind hat und in vielen Fällen hat man kurz vorher eine Waffe bekommen, die vielleicht etwas damit zu tun hat. Aber uns ist auch bewusst, dass es Leute gibt, vor allem in Shootern, die einfach eine bestimmte Art von Waffe bevorzugen. Manche lieben Maschinenpistolen, andere Schrotflinten und benutzen sie naturgemäß auch in Kämpfen, in denen sie nicht besonders effektiv sind. Deshalb liefern wir den Spielern eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die Umgebung, die Bewegung und Dynamik des Charakters. Auch wenn deine Lieblingswaffe also nicht optimal für die Situation ist, gibt es Mittel und Wege, dass es funktioniert, wenn man alles einsetzt, was das Spiel einem bietet und man immer in Bewegung bleibt.
Eurogamer: Und wenn alle Stricke reißen, kann man dem Spieler immer noch Munitionslimits auferlegen, damit sie ab und an zu etwas anderem greifen müssen.
Paweł Kowalewski: Ja, absolut. Unsere Lieblingswaffe ist aktuell die Shotgun, weil die einfach cool sind und unsere hat vier Läufe…
Eurogamer: …wenn man es hinbekommt, dass die Schrotflinte in einem Videospiel keinen Spaß macht, ist es kein gutes Spiel…
Paweł Kowalewski:…ja, aber es besteht auch immer das Risiko, dass die Schrotflinte zu viel Spaß macht [lacht]. Und da kommt das Munitionslimit ins Spiel. Für eine Weile hast Du eine Menge Spaß damit, aber es gibt auch andere Werkzeuge, die du einsetzen kannst. Das Schwert etwa, dessen Gebrauch eines der zentralen Elemente von Shadow Warrior 3 ist. Auch wenn wir einen Shooter machen, ist Teil drei ebenso ein ziemlich gutes Hack-and-Slash-Game.
Eurogamer: Kann man immer noch blocken?
Paweł Kowalewski: Nein, tatsächlich nicht. Wir reden immer darüber, einen Block oder Parry zu integrieren, wir haben eher einen offensiven Ansatz diesmal.
Eurogamer: Parieren, um ein Projektil zu reflektieren, klingt aber nach etwas, das Lo Wang wirklich cool fände…
Paweł Kowalewski: Ich meine, ja, es klingt badass, das stimmt. Besonders weil auch viele Leute Metal Gear Rising lieben, das sowohl dynamisch ist als auch ein Pariersystem bietet. Vielleicht denken wir nochmal darüber nach. Aber wenn man bedenkt, dass unser Spiel auch ein Shooter sein muss, sind bestimmte Features deshalb deutlich schwieriger zu balancieren. In Shadow Warrior 2 hatten wir ja Paraden, aber die wenigsten wussten davon. Letzten Endes war es in dem Spiel einfach nicht besonders nützlich, deshalb fanden wir, dass wir uns vielleicht auf diesen Aspekt nicht so sehr konzentrieren sollten.
Eurogamer: Vielen Dank für das Gespräch!
Entwickler/Publisher: Flying Wild Hog/Devolver Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: 2021 - Angespielt auf Plattform: -