Shadow Warrior - Test
Blutiges Old-School-Vergnügen, das sich perfekt zum Frustabbau eignet.
Steht euch zufällig gerade der Sinn nach einem tollen Old-School-Shooter? Einem augenzwinkernden Shooter, in dem es keine automatisch regenerierende Gesundheit gibt, wo es auch abseits des Hauptpfades einiges an Geheimnissen und Easter Eggs zu entdecken gibt, und der euch mit witzigen Dialogen, Onelinern und bekloppten Ratschlägen/Kommentaren aus Glückskeksen unterhält? Dann geht am besten direkt zu Steam und kauft euch Shadow Warrior.
Das Team von Flying Wild Hog - bestehend aus Ex-Mitarbeitern von People Can Fly, CD Projekt Red und City Interactive - hat ja bereits mit Hard Reset bewiesen, dass sie einen guten, old-school Shooter machen können. Und mit dem Remake von 3D Realms' Titel aus dem Jahre 1997 ist ihnen das erneut gelungen - wenn nicht sogar noch besser.
Wangtastic
Shadow Warrior erzählt die Geschichte von Lo Wang, der für das Unternehmen Zilla Enterprise arbeitet und für seinen Boss ein legendäres Katana mit großer Macht besorgen soll. Dass dessen Besitzer sich nicht einfach für einen Koffer voll Bargeld davon trennt, dürfte dabei die geringste Überraschung sein.
Aber aus Lo Wangs Aufgabe resultieren anschließend noch viele, viele andere Probleme. Das Katana hat nämlich eine Verbindung zu alten Göttern und ihrem Reich, von wo aus Dämonen nun in die echte Welt strömen und sich Wang in den Weg stellen. Doch zum Glück habt ihr ja euer Katana dabei, um euch dieser finsteren Kreaturen zu entledigen - und einen dämonischen Verbündeten.
"Wenn ihr schon immer mal Dämonen in kleine Stücke hacken wolltet, habt ihr euer Spiel gefunden."
Die Macht des Schwertes
Das Katana ist dabei eure Hauptwaffe. Wenn ihr schon immer mal Dämonen in kleine Stücke hacken wolltet, habt ihr euer Spiel gefunden. Je nachdem, wie ihr Eure Gegner damit trefft, fliegen Köpfe und Gliedmaßen durch die Gegend, ihr durchtrennt sie in ihrer Körpermitte und so weiter. Gleichermaßen eignet sich Shadow Warrior ganz gut zum Frustabbau. Was auch immer euch bedrückt, lasst es einfach an den Dämonen raus! Da kann man fast ein wenig Mitleid haben! Aber nur fast.
Euch steht auch mehr zur Verfügung als der normale Schlag und ein etwas stärkerer Angriff. Im Spielverlauf schaltet ihr weitere Kombos frei, die ihr mit verschiedenen Tastenkombinationen auslöst. Drückt dann etwa zweimal D und haltet die rechte Maustaste gedrückt, um euch nach dem Loslassen einmal mit gestrecktem Katana im Kreis zu drehen und alle Gegner um euch herum zu treffen.
Oder aber ihr drückt zweimal W und haltet die linke Maustaste gedrückt. So ladet ihr einen Angriff für einen starken Katana-Stoß nach vorne auf. Der richtet ordentlich Schaden an und erweist sich auch bei größeren Gegnern oder Feinden mit Schild als wirksam. Dadurch, dass ihr Körperteile abtrennen könnt, verlieren die etwas mächtigeren Widersacher zwar schon mal ein paar Gliedmaßen, können dann aber immer noch weiterkämpfen und sind auch dann noch immer eine Gefahr.
Der Nahkampf fühlt sich alles in allem intuitiv und unkompliziert an, ihr müsst euch nicht erst groß eingewöhnen oder so, sondern erzielt schnell Erfolge. Es gibt sogar verschiedene Steuerungsmodi für das Katana, in denen die Schläge automatisch aus abwechselnden Richtungen ausgeführt werden. Alternativ bestimmt ihr das selbst, was von eurem jeweiligen Blickwinkel abhängt. Schaut ihr also etwa recht gerade, kommen eure Schläge von der Seite, blickt ihr nach oben oder unten, kommen eure Schläge auch von dort.
Und wenn die Klinge nicht mehr ausreicht ...
Abseits des Katanas hat man aber auch eine Reihe von Schusswaffen anzubieten, obwohl man sagen muss, dass sich das Gunplay in seiner Gesamtheit nicht ganz so intensiv anfühlt. Das liegt vor allem auch an den Geräuschen der Waffen, wo zum Beispiel Titel wie EAs Battlefield-Reihe einen deutlich wuchtigeren, befriedigenderen Eindruck hinterlassen. Schießeisen wie die Maschinenpistole oder Schrotflinte klingen hier fast schon ein wenig zu brav.
Viele der Waffen verfügen auch über alternative Schussmodi, die ihr aber erst gegen im Spiel gesammeltes Bares kaufen müsst. So lassen sich dann zum Beispiel zwei Maschinenpistolen verwenden, eure Armbrust verschießt an Gegnern haftende Pfeile, der ihr per Mausklick sprengt, und ihr könnt eure Pistole mit einem Schnellfeuermodus ausstatten, in dem ihr sie dann wie ein echter Cowboy handhabt.
"Abseits des Katanas hat man aber auch eine Reihe von Schusswaffen anzubieten, obwohl man sagen muss, dass sich das Gunplay in seiner Gesamtheit nicht ganz so intensiv anfühlt."
Das Arsenal umfasst neben solchen Standardwaffen auch Raketenwerfer oder Flammenwerfer, außerdem bekommt ihr je nach Gegner auch noch Dämonenherzen oder einen Dämonenkopf, die ihr aufsammeln und nutzen könnt. Das Herz funktioniert ein bisschen wie eine Granate. Ihr wählt es aus, zerquetscht es auf Knopfdruck in eurer Hand und schon platzen Gegner um euch herum auseinander. Der Dämonenkopf sendet unterdessen einen tödlichen Energiestrahl aus, der mit Feinden kurzen Prozess macht. Im Gegenzug ist seine Energie jedoch relativ schnell aufgebraucht und ihr bekommt ihn nur von einem bestimmten Gegnertyp, der nun nicht an jeder Ecke auf euch wartet - so wird er nicht zu einer übermächtigen Waffe, die alles andere verdrängt.
Für sämtliche Schusswaffen könnt ihr euch die schon erwähnten Upgrades kaufen, beim Katana erhaltet ihr sie im Story-Verlauf automatisch. Davon abgesehen dürft ihr aber auch Lo Wangs Fähigkeiten in vielerlei Hinsicht verbessern. Einerseits über magische Kräfte, mit denen ihr euch beispielsweise heilt, Gegner in der Luft schweben lasst und dergleichen. Um diese freizuschalten, müsst ihr im Spiel verteilte Ki-Kristalle finden. Andererseits gibt es die Skills, für die Karma-Punkte nötig sind und dann etwa die bereits erwähnten Schlagkombos freischalten, euch beim Aufsammeln von Geld mehr Bares geben oder die Chance auf fallen gelassene Dämonenherzen erhöhen. Karma-Punkte erhaltet ihr durch gutes Abschneiden (hier im wahrsten Sinne des Wortes) in den Kämpfen, findet davon aber auch größere Mengen an versteckten Stellen im Spiel.
Nicht nur stupides Ballern
Und wo wir gerade bei Verstecken sind. Im Spiel gibt es so einiges abseits des Hauptpfades zu entdecken. Ob das nun Easter Eggs in Form von Hinweisen auf andere Spiele sind, Spielautomaten mit Hard Reset, Serious Sam und Hotline Miami oder Hommagen ans Original, ihr werdet so einiges finden. Etwa Kaninchen, die schon mal vor euren Augen miteinander Liebe machen. Und wenn ihr sie in Stücke schießt - PETA möge mir verzeihen -, kann es schon mal vorkommen, dass sich eines davon in ein besonders starkes, schwarzes Dämonen-Bunny verwandelt und euch attackiert. Gleichermaßen findet ihr viele nützliche Gegenstände, etwa mit Blut gefüllte Schüsseln, die euch einen großen Batzen Karma-Punkte bescheren. Es ist eben einfach wie früher, wo man in Shootern noch viele versteckte Dinge aufspüren konnte - und nicht immer ist alles davon offensichtlich.
"Besonders das Zusammenspiel verschiedener Feindtypen sorgt dafür, dass ihr nicht einfach nur an einem Punkt stehen und alles niedermähen könnt, was auf euch zu kommt. Ihr müsst in Bewegung bleiben, ausweichen und je nach Gegner die richtigen Waffen einsetzen."
Was die Feinde an sich betrifft, solltet ihr nicht unbedingt taktische Meisterleistungen erwarten. Es gibt aber natürlich verschiedene Arten von Gegnern. Manche stürmen direkt auf euch zu und attackieren euch im Nahkampf, andere greifen aus der Entfernung an, aus der Luft oder explodieren in eurer Nähe. Besonders das Zusammenspiel verschiedener Feindtypen sorgt dafür, dass ihr nicht einfach nur an einem Punkt stehen und alles niedermähen könnt, was auf euch zu kommt. Ihr müsst in Bewegung bleiben, ausweichen und je nach Gegner die richtigen Waffen einsetzen. Schilde könnt ihr etwa mit starken Angriffen des Katanas schneller und munitionssparender zerbrechen, bei größeren Gruppen an normalen Feinden lohnt es sich dann wiederum, den Flammenwerfer auszupacken und eine kleine Grillparty zu veranstalten.
Gleichzeitig bietet euch Shadow Warrior die Möglichkeit, die Umgebung für eure Zwecke einzusetzen. Ob Gasflaschen, explosive Fässer, Automaten, Feuerwerkskörper, Autos oder was auch immer, vieles lässt sich in die Luft jagen, was wiederum auch Gegner mit in den Tod reißen kann. Nutzt also eure Umgebung gut aus! Sie kann euch manchmal das Leben retten oder es euch zumindest sehr viel einfacher machen. Weiterhin gibt es Bosskämpfe. Ja, die guten alten Bosskämpfe, in denen ihr es schon mal mit einem haushohen Golem aufnehmt. Zwar nicht an jedem Levelende - wir wollen es ja nicht gleich übertreiben -, aber doch an bestimmten Punkten im Spiel.
Technisch starkes Singleplayer-Vergnügen
Technisch liefert Flying Wild Hog mit Shadow Warrior ein echtes kleines Schmuckstück ab. Klar, es ist jetzt kein Crysis 3 oder Battlefield 4, aber mit einem vermutlich recht schmalen Budget, das sicher nicht mal annähernd an die Blockbuster-Titel heranreicht, hat man hier Beachtliches geleistet und zaubert immer wieder atmosphärisch wirklich gelungene Szenen auf den Bildschirm. Auch optische Abwechslung ist dabei gegeben. Ihr treibt euch im Grünen herum, in einer anderen Dimension, einem kleinen Dorf, einem düsteren, regnerischen und stürmischen Hafen und so weiter. Optischer Einheitsbrei sieht jedenfalls anders aus.
"Technisch liefert Flying Wild Hog mit Shadow Warrior ein echtes kleines Schmuckstück ab."
Einen Multiplayer-Modus hat man sich unterdessen komplett gespart, wobei ich nicht sicher bin, ob ich das nun begrüßen soll oder nicht. Einerseits kann ein guter Multiplayer-Modus nie schaden, was vor allem im Hinblick auf Katana-Kämpfe sicher ganz witzig gewesen wäre, andererseits bevorzuge ich immer noch eine gute Kampagne gegenüber einem womöglich nur halbherzig umgesetzten Multiplayer. Und zu kurz ist Shadow Warrior mit seinen 17 Kapiteln definitiv nicht.
Früher war alles besser. Ich weiß, das klingt abgedroschen, aber in dem Fall stimmt es wirklich. Shadow Warrior ist eine gelungene Liebeserklärung an Old-School-Shooter mit flüssigem Gameplay, intuitivem Katana-Gemetzel, coolen Sprüchen (auch wenn Wang gegenüber dem Original ein bisschen zahmer geworden ist) und vielen anderen Dingen, die uns früher an Shootern so begeistert haben. Das Spiel sticht mit seiner Thematik aus der Mainstream-Militär-Shooter-Masse hervor, ist zugleich in höchstem Maße unterhaltsam und bietet obendrein eine ordentliche Kampagnen-Dauer von mindestens zehn Stunden. Da verzeiht man ihm auch, dass das Gunplay nicht ganz so imposant rüberkommt. Davon solltet ihr euch nicht stören lassen. Wenn ihr im modernen Gewand einen Ausflug in alte Zeiten machen wollt, ist das hier eure Chance! Oder um es mit den Worten von Lo Wang zu sagen: „Hmph, rather kick ass than solve puzzle."