She-Hulk Folge 2 wird zur Comedy-Cameo-Sendung – das ist schön, aber auch gefährlich
Wie viel Spaß darf sein?
Erst einmal vorweg: Im Wochentakt ist mir das hier irgendwie zu wenig. Nach gerade einmal 22:55 Minuten She-Hulk rollen auch schon wieder die Credits über den Bildschirm. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber selbst für eine Quasi-Sitcom ist mir das einfach zu wenig, zumal ja hier auch eine übergreifende Geschichte vorangetrieben werden soll.
Ich schaue She-Hulk nach wie vor gerne, weil es tonal eine Leichtigkeit mitbringt, ohne zu sehr ins Alberne abzudriften, wie es mir oft bei den Guardians oder Thor sauer aufstößt (liegt vermutlich daran, dass außer Jenn Walters’ persönlichem Werdegang bisher nicht viel auf dem Spiel steht). Aber durch einen Toilettengang mal eben ein Viertel einer Folge verpassen zu können, das hat schon etwas arg Flüchtiges.
In Sachen Substanz merkt man, dass wir endlich die Origins mehr oder weniger restlos abgehakt haben. Das bedeutete zwar letzte Woche einen etwas hektischen Beginn, aber wenn das bedeutet, dass die Geschichte endlich starten kann, war das ein guter Tausch. Und was in Folge zwei passiert, ist ein Fest für Freunde des erweiterten Universums. Es werden gleich zwei Brücken zum Rest-MCU geschlagen. Zum einen zum kanonisch ersten MCU-Film, Incredible Hulk von 2008, und zum anderen zu Shang-Chi (der mir besser gefiel, als ich erwartet hatte) respektive den Doctor-Strange-Streifen.
Ich muss sagen, Tim Roth als Emil Blonsky, alias Abomination, wiederzusehen, war eine große Freude. Natürlich wird der Charakter hier etwas komödiantischer ausgelegt, während er versucht, auf Bewährung aus dem Hochsicherheitsgefängnis zu kommen, in dem er aktuell gehalten wird. Aber seine Perspektive als jemand, der im Auftrag des US-Militärs ein experimentelles Serum verabreicht kam, das schließlich zu seinen Taten führte … das ist schon ein frischer Blick auf eine Figur, die eine Idee komplexer ist als die letzten 20 Minuten des Films, in dem sie vorkam, uns glauben machen wollte. Ein durchaus interessanter Fall für die Anwältin also.
Das ist deutlich mehr als eine Cameo und wie es scheint, bleibt es nicht dabei. Nächste Woche dürfte Fan-Favorit Wong aus Doctor Strange seinen Auftritt haben, um den ungeplanten Freigang Abominations in Shang-Chi zu rechtfertigen. Auch Daredevil hat sich im Trailer ja schon angekündigt und Bruce ist in Folge zwei sichtlich unterwegs in einen anderen Film (was mal wieder die sehr bequeme Captain-Marvel-Art ist, eine erzählerische Ressource zu verknappen). Nachdem Ms. Marvel und Moon Knight vom Rest des MCU ein wenig losgelöster wirkten, sitzt Jennifer Walters gerade ein bisschen wie die Spinne fast mittig im Netz all dieser Erzählungen.
Gleichzeitig ist das natürlich auch ein Risiko. Die Sendung ist eigentlich in Sachen Hauptfigur und Sujet auf maximale Breitenzugänglichkeit getrimmt, gleichzeitig musste meine Frau nun schon in Folge zwei nachfragen, wer zur Hölle Emil Blonsky ist und das wird sich vermutlich mehrfach wiederholen. Da hockt man dann doch ein wenig zwischen den Stühlen, wenn man einerseits Fan-Service und Kontinuitätspflege betreiben möchte, andererseits aber als leichte Anwalts-Comedy nach bisher dem MCU Ferngebliebenen ZuschauerInnen fischen möchte.
Und die andere Sache ist natürlich die, dass Blonsky ein wundervoll düsterer Charakter war, ein Soldat, der nur fürs Kämpfen lebt, seine Werte darüber längst vergessen hat und nun, mit dem Alter konfrontiert, umso verbissener und skrupelloser wird. Roth spielt ihn einmal mehr fantastisch, diesmal aber entschieden lockerer und je nachdem, wohin die Reise für ihn geht, ist es immer auch riskant, eine solche Figur durch Überzeichnung tonal zu verwässern. Seit plötzlich jeder den lustigen Thor liebt, ging in meinen Augen viel von der klassischen Superheldenspannung und -Aufregung verloren, die in den ersten Solo-Filmen von Cap und Co. noch mitschwang.
Diese Serie kann freilich nichts dafür, sie legt von Anfang an die Karten auf den Tisch. Aber nicht alles muss so lustig, zwanglos und in erster Linie gefällig sein, wie das hier bis jetzt. Für She-Hulk ist das okay, aber ich hoffe, die Verantwortlichen überlegen sich gut, welche Elemente sie in diese Anwaltsserie implementieren und welche sie lieber tonal sich selbst überlassen.
Ansonsten gilt: Bis hierhin bleibt She-Hulk eine nette, kleine Serie, noch ohne allzu zwingenden Hook, die von Tatiana Maslanys exzellenter und charmanter Darbietung aber schon ziemlich gut leben kann. Ob es zu mehr reicht, da bin ich nach zwei von neun Folgen noch nicht sicher, denn ich kann die Uhr für einen etwaigen spannenden, übergeordneten Plot jetzt schon ticken hören. Aber ich schaue gerne zu, wie sich das entwickelt. Vergessen kann ich es im schlimmsten Fall immer noch.
Abwarten und (grünen) Tee trinken.