Sheltered - Test
Überleben ist kein Kinderspiel.
Nach einer Apokalypse zu überleben, ist keine leichte Aufgabe. Dieses Gefühl des Überlebens, die Knappheit an Ressourcen und den Kampf um jeden einzelnen Tag zu vermitteln, gelingt Sheltered recht gut. Das könnt ihr aber jetzt sowohl positiv als auch negativ sehen, denn wie es nun mal bei einem Spiel mit zufallsgenerierten Elementen so ist, können die Dinge mal frustrierend laufen, aber in anderen Momenten freut man sich, weil euch gerade mal das Schicksal für eine Weile gewogen ist. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, das sich von Anlauf zu Anlauf unterscheidet.
Ehrlich gesagt solltet ihr damit rechnen, gleich im ersten Versuch nicht lange zu überleben. Die Einstiegsphase von Sheltered besteht schlicht aus Trial and Error. Das Tutorial bringt euch zwar einige grundsätzliche Dinge bei, aber danach kommt die knallharte Realität und erteilt euch eine Ohrfeige. Zu Beginn lässt euch das Spiel erst mal eine vierköpfige Familie erstellen. Zwei Eltern, zwei Kinder, Geschlecht, Hautfarbe und mehr lassen sich anpassen und auch ihre primäre Eigenschaft könnt ihr festlegen, zum Beispiel ob sie weniger Nahrung brauchen oder besser kämpfen können.
Besagte Familie findet sich in einem anfangs kleinen Bunker mit ein paar grundlegenden Vorräten wieder und von dem Moment an liegt ihr Schicksal nun in eurer Hand. Ihr müsst euch einerseits um die Instandhaltung des Bunkers kümmern, ihn erweitern, sauber halten, Dinge herstellen und reparieren, andererseits benötigt ihr natürlich Nachschub. Deswegen schickt ihr Expeditionen mit maximal zwei Personen durch die jedes Mal zufällig generierte Spielwelt. Dort stoßt ihr wiederum auf verschiedene Arten von Häusern und zum Lernprozess des Spiels gehört auch, genau zu wissen, was ihr wahrscheinlich an welchem Ort finden werdet. Es mangelt euch an Holz? Dann auf zum nächsten Holzlager. Eure Medikamente werden knapp? Macht einen Abstecher zur Apotheke.
Was jedoch nicht heißen soll, dass ihr dort dann automatisch alles Nötige findet. Auch die Beute ist zufallsgeneriert, ihr könnt euch also nie wirklich darauf verlassen, auf euren Expeditionen genau das von euch begehrte Objekt in der gewünschten Menge zu finden. Das ist selbstverständlich realistisch, kann manchmal aber frustrierend sein, wenn ihr gewisse Dinge benötigt, sie aber partout nicht findet. Zumal ihr für jeden Ausflug eine gewisse Menge Wasser benötigt und euch vor der Strahlung schützen müsst. Manchmal findet ihr Sachen, die ihr zum aktuellen Zeitpunkt gar nicht benötigt, aber wenn ihr später gebrauchen könntet, sucht ihr vergeblich danach. Hier ist dann Geduld und eine gute Planung gefragt, damit nicht alles vor die Hunde geht. Rohstoffe benötigt ihr unter anderem zum Ausbau eures Bunkers, zur Konstruktion der Inneneinrichtung und zur Aufrüstung von Stromgenerator, Luft- und Wasserfilter. Und dann gibt es da noch den Wohnwagen, für den ihr mühsam die einzelnen Teile zusammentragen müsst, um ihn wieder zum Laufen zu kriegen. Das dauert eine Weile, lohnt sich dann aber umso mehr, wenn ihr damit durch die Welt reisen könnt.
Bei all dem müsst ihr die richtige Balance finden. Ihr dürft euch nicht zu sehr auf einen Aspekt konzentrieren, da sonst ein anderer Bereich darunter leiden könnte, was im schlimmsten Fall Leben kostet. Wie ihr am besten in euer Abenteuer startet, lernt ihr mit den ersten Versuchen. Wie gesagt, mit Versuchen und reichlich Fehlern müsst ihr zu Beginn leben, ohne gleich das Handtuch zu schmeißen. Ihr begreift, dass ihr vielleicht am besten bestimmte Dinge zuerst baut, um eine grundlegende Ausstattung mit den wichtigsten Objekten zu haben, welche Sachen ihr zuerst aufrüstet und wie ihr euch um die Bedürfnisse eurer Bewohner kümmert.
Das resultiert zuweilen in sehr viel Mikromanagement, daher solltet ihr gut aufpassen, dass ihr nicht zum Beispiel überseht, wenn sich einer eurer Bewohner eine Strahlenkrankheit eingefangen hat oder unter Wasser- beziehungsweise Nahrungsmangel leidet. Ihr müsst euch nicht nur um die Versorgung kümmern, sie verlangen ebenso nach einer Dusche, einer Toilette oder einem Bett zum Schlafen. Mit der Zeit stellt sich hier eine gewisse Routine ein, wenn ihr erst mal die Grundlagen verstanden und verinnerlicht habt. Das dauert ein wenig, aber trotz der repetitiven Aufgaben fällt es manchmal irgendwie schwer, sich davon loszureißen. Einen Tag überlebe ich noch. Und noch einen. Und noch einen.
Eines der Probleme des Spiels ist, dass ihr nicht wirklich eine feste Bindung zu den Charakteren aufbaut. Ein Beispiel: zwei oder drei Mal verlor ich bislang in meinen gespielten Durchgängen während einer Expedition einen von zwei auf die Reise geschickten Bunkerbewohnern. In diesen Momenten trauerte ich jedoch eher den zuvor von ihnen gesammelten Gegenständen hinterher, die ich gut hätte verwenden können, und weniger dem gerade verlorenen Menschenleben. Hey, immerhin kann man ja hier und da neue Leute für den Bunker rekrutieren, also kommt schon irgendwann Ersatz. Zumindest in der Situation erzielt es nicht die Wirkung, die man eigentlich erwarten sollte. Stirbt ein Bewohner, erhöht das den Stresslevel der anderen - und auch ein Trauma kann für sie gefährlich werden. Ansonsten halten sich die Auswirkungen hier aber in Grenzen. Wenn die Eltern über Tage hinweg auf einer Expedition sind, wirkt sich das nicht sonderlich auf die Kinder aus, die zurückbleiben.
Hinzu kommt, dass selbst ihre Eigenschaften beziehungsweise Persönlichkeiten nicht den großen Einfluss auf den Spielverlauf haben. Irgendwann läuft nämlich immer alles auf den gleichen Spielablauf hinaus. Anders gesagt: Der menschliche Aspekt ist zwar im Ansatz vorhanden, kommt aber zu kurz. Letztlich dreht sich mehr alles um die Arbeit in und um den Bunker herum und die Beschaffung von neuen Vorräten. Ihr ruft die Karte auf, wählt die Ziele aus, schickt Leute raus, durchsucht Orte, nehmt Objekte auf. Währenddessen kümmert sich der Rest um Reparaturen oder baut neue Dinge. Das geht dann immer so weiter.
Und trotz der Tatsache, dass ihr keine allzu große Bindung zu den Charakteren aufbaut, sorgen sie doch für das Drama des Spiels, allerdings mehr im Hinblick darauf, dass ihr das Ende des Spiels vermeiden wollt. Gehen Nahrung und Wasser zur Neige, sehnt ihr euch einem Regenschauer, der eure Wasserspeicher wieder auffüllt - aber wenn es dumm läuft, ist es radioaktiver und somit kontaminierter Niederschlag -, oder ein Tier herbei, das in eine eurer ausgelegten Fallen läuft. Das sind echte Momente der Erleichterung, die das Überleben eurer Gruppe zumindest für die nahe Zukunft und somit gleichermaßen den weiteren Spielverlauf sichern, aber letzten Endes wisst ihr aufgrund der Zufallselemente nie so richtig, ob ihr die nächste Woche noch erleben werdet. Habt ihr alles richtiggemacht? Alles gebaut, was zum Überleben nötig ist?
Darüber hinaus sorgt der Zufall aber auch dafür, dass jeder neue Durchgang spannend und unvorhersehbar bleibt. Zumindest dann, wenn ihr damit leben könnt, euch um das ganze Mikromanagement zu kümmern und stets die gleichen Aufgaben zu absolvieren. Noch mehr Abwechslung würde Sheltered aber ganz sicher nicht schaden.
Im Kern bietet Sheltered also nach vollendeter Early-Access-Phase ein durchaus gutes Spiel, außer ihr gehört zu den Spielern, die sich nicht um jeden einzelnen Aspekt selbst kümmern möchten. Könnt ihr mit zu viel Mikromanagement und zu viel Zufall nichts anfangen, ist das hier nichts für euch. Mögt ihr jedoch solche Survival-Simulationen, kann euch Sheltered eine ganze Weile beschäftigen und dabei einiges von euch abverlangen. Wenn die Entwickler noch etwas Arbeit investieren und dem Spiel ein bisschen mehr Abwechslung bescheren, vielleicht das ein oder andere zusätzliche Feature ergänzen und ein wenig an der Balance schrauben, könnte aus Sheltered nach ein paar Updates etwas wirklich sehr Gutes werden. Das Potential ist zweifelsohne vorhanden.