Sherlock Holmes jagt Arsène Lupin
Für England, Sherlock!
Zumal Ihr hin und wieder auch ganz ohne großes Nachdenken nach Spuren suchen dürft; entweder, um mehr über Lupins Vorgehensweise zu erfahren, oder um seinen nächsten Schachzug vorauszusehen. Dabei kommen Sherlock'sche Ermittlerwerkzeuge wie Lupe oder Maßband zum Einsatz und sogar seine bekannte Akribie ist zum Ärgernis des Spielers wieder mit von der Partie:
Wie in den letzten beiden Teilen müsst Ihr jede, aber auch wirklich jede noch so kleine Spur entdecken und analysieren. Weil die Umgebungen nicht gerade klein sind, kann das durchaus zu der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen mutieren. Weder schön noch tragisch, weil diese Abschnitte eher selten sind und Euch das Spiel ansonsten einigen Freiheiten einräumt und viel Komfort bietet.
So dürft Ihr einige Rätsel in willkürlicher Reihenfolge lösen, Gegenstände meistens sofort aufnehmen, auch wenn Ihr sie erst später benötigt, und - ganz wichtig - zu einmal besuchten Locations jederzeit zurück springen. Ein Mausklick auf einer Karte genügt, was Euch verdammt viel überflüssige Laufarbeit erspart. Sofern Ihr denn wisst, wohin Ihr gerade gehen müsst.
Apropos "gehen": Gesteuert werden Sherlock, Dr. Watson und Inspektor Lestrade, den Ihr ebenfalls übernehmen dürft, wie im Vorgänger mit Hilfe der WASD-Tasten. Alternativ könnt Ihr zwar ebenso vorwärts marschieren, indem Ihr die linke Maustaste gedrückt haltet, aber das ist wenig präzise und daher noch weniger empfehlenswert. Ansonsten gleicht die Bedienung der jedes anderen Adventures aus der Ego-Perspektive.
Und genau diese Ego-Perspektive bleibt für mich weiterhin der größte Kritikpunkt an einem sonst sehr guten Spiel. Was bringt es mir, eine solch prominente und äußerlich äußerst markante Figur wie Sherlock Holmes zu spielen, wenn ich den guten Mann mit Ausnahme der Dialoge nie zu Gesicht bekomme? Welchen Vorteil birgt die First-Person-Sicht im Vergleich zu einer zumindest optionalen Schulterkamera? Warum soll ich mich angestrengt über die Tastatur beugen, wenn ich ebenso gut per Point & Click durch das virtuelle London spazieren könnte? Schlüssig beantwortet das Spiel ärgerlicherweise keine dieser Fragen.
Richtig hat der deutsche Publisher, Koch Media, dafür die Frage beantwortet, ob man die gute englische Sprachausgabe (die in der Preview-Version enthalten war), anständig ins Deutsche übertragen kann: Man kann. Die deutschen Stimmen wirken durchweg passend und an der Übersetzung im Allgemeinen gibt es nichts auszusetzen, obwohl die gerade angesichts der verschlüsselten Botschaften sicher nicht einfach war. Da wollten schließlich Sinn und Sprachstil erhalten bleiben.
Über die Grafik letztlich kann man sicher geteilter Meinung sein. 3D ist gerade in Adventures nicht jedermanns Sache, zumal deren Qualität selbstredend nicht in der Liga aktueller Ego-Shooter spielt. Auf der anderen Seite kann sich in erster Linie das Innere von Gebäuden sehen lassen, die Weitläufigkeit und die Vielzahl an Objekten sowieso. Besonders, da Sherlock zu fast allem etwas Sinnvolles zu sagen hat und das Wenigste reine Zierde ist. Entsprechend umfangreich gestaltet sich das Spiel; länger als die ohnehin nicht kurzen Vorgänger zweifellos.
Ich bleibe also dabei: Sherlock Holmes jagt Arsène Lupin ist das beste ernsthafte PC-Adventure des bisherigen Jahres. Das sind gleich drei Einschränkungen, was Frogwares Leistung aber nicht schmälern soll. Es ist ihnen gelungen, die Stärken des zweiten Teils aufzugreifen, die Schwächen des dritten überwiegend zu beseitigen und das Ganze in eine erfrischende Geschichte zu verpacken. Ich freue mich deshalb schon auf die Suche nach Jack the Ripper im nächsten Herbst. Dann aber bitte mit Third-Person-Perspektive.