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Sieht so aus, als sei das System-Shock-Remake auf einem guten Weg

... der vor Kurzem nicht mal absehbar war.

Falls je der leiseste Zweifel herrschte, ob es ein Remake von System Shock braucht, ruft euch noch mal den allerersten Screen aus dem Original ins Gedächtnis. Der mit den ganzen Pfeilen und Beschriftungen für ein Interface, das im Jahre 1994 aus einer hochkomplexen Zukunft gepurzelt schien. Hier, zur Erinnerung:

Was zwanzig Jahre anrichten können.

Noch Zweifel?

Wie gut, dass Entwickler Night Dive, bislang vor allem umtriebig mit Remastern (u.a. System Shock 2, I Have no Mouth, and I Must Scream), dieses vollwertige Remake auf den Weg bringt. Selbst wenn es Mist werden sollte. Was ich nach der kürzlich veröffentlichten, höchstens eine Viertelstunde langen Demo nicht glaube. Dafür ist das Spielsystem unter der Voraussetzung, es wird verlustfrei hinübergerettet, zu unverwüstlich und der Entwickler bewegt sich mit inniger Nähe zum Originalmaterial, ohne den Bogen technisch zu überspannen.

Die Texturen inmitten der Citadel-Raumstation sind niedrig aufgelöst, mit Absicht, möchte man meinen, um den kruden Charme früher 3D-Ego-Spiele zu wahren und trotzdem den Marsch in die Moderne anzutreten. Es ist ein mit beiden Beinen auf dem Boden gebliebener Look, mit angemessener Tiefenwirkung in den Armaturen, Gittern und Rohren, dazu herrliche Rauch- und Lichteffekte. Ein wunderbarer Proof of Concept, dass diese Art von Spiel heutzutage und vor allem ohne aberwitziges Millionenbudget möglich ist.

Kommt einem bekannt vor, was?

Das Besondere an System Shock und seinem Nachfolger war das Gefühl für räumlichen Zusammenhang über sämtliche Ebenen der großen Location hinweg. Citadel bestand nicht aus hanebüchen miteinander verknüpften Leveln, sondern fühlte sich an wie ein "richtiger" Ort mit Vergangenheit und düsterem Geheimnis. Night Dive fängt die Bedrückung der Isolation unter fremdartigen Umständen hervorragend ein, von dem Moment an, als man im medizinischen Bereich erwacht und die Startausrüstung aus der kleinen Kammer klaubt.

Dieser Moment hat es auch heute noch in sich.

Wieder ist das Rohr anfänglicher Notnagel zur Selbstverteidigung. Wieder ist Rebecca die erste freundliche Stimme, die man vernimmt. Wieder braucht man den dutzendfach von anderen Spielen benutzten 4-5-1-Code zum Öffnen der Sicherheitstür. Wieder rutscht mir das Herz in die Hose, als der Mutant dahinter in meine Richtung stakst. Und wieder muss man ein kleines Rätsel um einen Schaltkreis lösen, um eine Ebene tiefer zu gelangen.

Der Nahkampf fühlt sich träge und behäbig an, was OK ist, wenn man in einer albtraumhaften Umgebung erwacht und ein Rohr so schwingt, wie man es nun mal tun würde. Ein gegnerischer Treffer ist nicht zimperlich mit eurer Energieleiste, aber mit zwei Tastendrücken und einem Verband hustet man sich im Inventar wieder zusammen. Was früher gefühlt abenteuerliche Klicks um die halbe Welt waren, ist heute auf einem angenehm schlanken Level der Bedienung angelegt, ohne dass nach dem ersten Eindruck etwas verloren geht. Es ist, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.

Auch wenn Spiele wie Bioshock vor zehn Jahren technisch weiter waren als das Remake heute, sieht das alles sehr stimmig aus. Man möchte sofort weiterspielen.

Vor allem beweist das System-Shock-Remake, wie eine gelungene Kickstarter-Kampagne vom Stapel laufen sollte: mit etwas Vorzeigbarem und Aussagekräftigem. Erzählt den Spielern nicht, was ihr vorhabt, sondern führt es direkt vor. Lasst die Leute, von denen ihr Geld haben möchtet, am besten gleich selbst ausprobieren. Ganz besonders bei einem legendären Spiel, das von Dishonored bis Thief und Deus Ex in ihren heutigen Inkarnationen so viele beeinflusste. Wer sich selbst darüber ins Bild setzen möchte, hat bestimmt eine lumpige Viertelstunde für die Demo übrig.

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