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Sierra ist zurück, es heißt nur nicht Sierra: Gabriel Knight: Sins of the Fathers Remake

Wo ist Tim? Wo ist Mark? Wo ist die richtige Musik?

Nachdem Quest for Infamy gestern eine Art dreckiger aber unverfälschter Liebesbrief an die alten Tage Sierras war, soll Gabriel Knights Remake nun zumindest technisch den Sprung in die fast moderne Adventure-Welt wagen. Oder zumindest in die eines nicht ganz gelungenen dtp-Adventures, circa 2007, bevor Daedalic die Adventure-Welt erneut hübsch machte.

Gabriels kleines Privatgemach in 2014...

Nein, ich mag die neuen 3D-Figuren nicht. Sie sehen an sich ganz ordentlich aus. Gabriel orientiert sich im Look nun an den hinteren Serienteilen, was zwar dem Sinn eines Remakes widerspricht, das meiner Ansicht nach den Charme des zugrundeliegenden Produktes einfangen sollte, aber von mir aus. Die neue Stimme von Gabriel ist grausig. Im CD-ROM-Original von Tim Curry gesprochen, war es einer der frühen und weitestgehend gelungenen Star-Auftritte im neuen Medium. Dazu kam praktisch ein Allstar-Cast mit Mark Hamill, Michael Dorn und dem legendären Jim Cummings in einem halben Dutzend Kleinstrollen. Das Remake ist leider ebenso lust- wie belanglos. Es wirkt bemüht, aber ausgerechnet die Erzählerstimme meinte, einen Eimer Pina Colada auf ex zu stürzen und die Piraten der Karibik rauszulassen. Ja, New Orleans hat was mit Kreolisch, aber das heißt nicht, dass ich eine eher mäßige gelungene Erinnerung jedes Mal hören möchte, wenn ich was anklicke. Lässt sich abschalten, weiter im Text.

Bei den Hintergründen bin ich zwiegespalten. Sie wurden weitgehend in 3D entworfen und gerendert, die Objekte sind jetzt 3D-Objekte. Sie halten sich sehr nah an den Aufbau der ursprünglich in 320 mal 240 erstellten Räume und Areale, sie sind sofort wiedererkennbar, aber es wirkt alles noch steril. Ich hoffe, hier kommt noch ein wenig Leben ins Bild oder ein paar Filter drüber oder sonst was, das es nicht so künstlich und tot wirken lässt. Also, dtp, etwa 2010, deren gute Versuche, würde ich sagen. Kann man mit leben. Aber dann die Musik. Ich habe das Original hier. Die CD-ROM. Ich habe es installiert. Wie bitte kann es sein, dass der legendäre Titeltrack trotz „Remastering" oder was auch immer sie ihm angetan haben, 20 Jahre später deutlich dünner, blecherner und langweiliger klingt? Wirklich und ernsthaft, side by side, sie wären besser bedient gewesen, das Original zu recyceln und gut ist. BÄH! Für mich ein Grund, das Remake nicht weiter anzufassen, wenn ich hier arbeitsmäßig damit durch bin. Und falls sie es nicht noch ausbessern, denn schließlich ist das ja alles mal wieder Early Access.

...und in 1994. Das tote Eichhörnchen auf Gabriels Kopf braucht euch nicht wundern. Das trug man in den 90ern so.

Der Rest der Musik leidet ähnlich dezent vor sich hin: gut komponiert, aber seltsam blechern in der Wiedergabe. Also lieber auf zu den Rätseln, die ein grandioses Beispiel geben, dass sich Point-'n'-Click gar nicht mal so viel weiterentwickelt hat. Nehmen, benutzen, auch mal angreifen, angucken sowieso und für das Meiste einen "So geht das nicht"-Kommentar einfangen. Gabriel Knight unterscheidet dabei nur bedingt. Nur weil es gänzlich abstrus wäre, etwas zu "benutzen" oder eine andere Funktion anzuzeigen, wird diese noch lange nicht ausgeblendet. Im Original ließ sich schließlich auch alles mit allem anklicken, und das sollte offensichtlich beibehalten werden.

Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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