Skip to main content

Signalis – Test: Mich haben das Inventar und die schwachen Gegner leider aus dem Spiel gerissen

Die Erben des VEB Robotron

Stilvolles und erzählerisch interessantes Abenteuer, das spielerisch aber ein enervierendes Umherlaufen ohne nennenswerten Anspruch bedeutet.

Eigentlich müsste ich euch Signalis wärmstens ans Herz legen, denn auf dem Papier ist der unheimliche Sci-Fi-Trip genau mein Ding. Wenn man als Androidin Elster in einem abgestürzten Raumschiff erwacht, befindet man sich in einer technokratischen Welt – und auf der Suche nach einer Frau sowie den eigenen „verlorenen Träumen“, wie es Barbara Wittmann und Yuri Stern von rose-engine beschreiben, die dieses Abenteuer erdacht und erschaffen haben.

Mit vertrauten Motiven erzählen sie eine geheimnisvolle Geschichte um Erinnerungen, die eigene Identität und die Frage, was eigentlich geschehen ist. Immerhin gelangt man schnell in eine mehrstöckige Anlage, in der den Blutspuren nach zu urteilen nichts Gutes geschehen ist. Überwachungskameras folgen dort jedem Schritt, den Elster tut, Wachen patrouillieren in den Gängen und an den Wänden hängen mit plakativem Rot bedruckte Poster, die die Regeln des Systems anmahnen – ein System, in dem volkseigene Betriebe produzieren und strenge Hierarchien herrschen.

Als "klassischer Survival-Horror" ist Signalis ein ebenso stilvolles wie düsteres Spiel und läuft übrigens auch auf dem Steam Deck hervorragend.

Und immer wieder sieht man in Träumen, die sich auch anders spielen als das eigentliche Abenteuer, noch eine zweite Geschichte, deren Sinn sich natürlich nicht sofort erschließt. Wobei ich auch nach dem Abspann noch am Grübeln bin, was das alles bedeutet, denn Signalis offenbart sich nicht ohne Weiteres. Ich mag diese Erzählweise! Und ich mag ganz besonders auch die Art, wie man als Spieler in dieser Welt zugange ist, denn viele Geräte und Maschinen bedient man, indem man an Hebeln zieht und eigenhändig auf Tastenfeldern tippt.

Selbst das Menü, in dem sich auch das Inventar befindet, ist mehr als eine übers Spiel gelegte Benutzeroberfläche, sondern wirkt wie ein eigenes Bedienfeld. Man stellt dort sogar Funkfrequenzen ein, um in bestimmten Situationen Mitteilungen zu erhalten, die die Lösung verschiedener Rätsel durchgeben.

Denn natürlich geht es spielerisch vor allem darum, an den Wachen vorbei zu Schlüsselkarten und anderen Gegenständen zu gelangen, mit denen man den Weg durch die verschlossenen Türen findet. Manchmal muss man dafür kämpfen, meist kann und sollte man an den Gegnern aber auch vorbei laufen. Die begrenzte Munition dürfte ohnehin nicht ausreichen, um sie mit Pistole, Schrotflinte oder Revolver alle niederzuschießen.

Motive, die an die DDR erinnern, sind allgegenwärtig.

Und oft muss man aber natürlich Rätsel lösen, um zum Beispiel einen Aufzug in Gang zu setzen – in diesen Momenten gefällt mir Signalis mit Abstand am besten. Dann tippt man nämlich von Hand einen per Funk erhaltenen Code in die Tastatur des Tresors ein oder betrachtet Gegenstände in einem Röntgengerät, um den entscheidenden Hinweis zu finden.

Wie in namhaften Vertretern des Survival-Horrors, zu denen das Spiel laut offizieller Beschreibung gehören will, speichert man dabei an Computern, von denen sich einer auf fast jedem Stockwerk befindet. Und wo ein Computer ist, dort befindet sich auch eine Kiste, in der man Gegenstände ablegen kann, die man aktuell nicht herumtragen möchte – was deshalb wichtig ist, weil gerade mal sechs Gegenstände ins Inventar passen. Sechs! Wobei jede Waffe, ihre Munition sowie eine Art Heilung bereits einen Slot beanspruchen.

Was passiert also, wenn man unterwegs noch drei weitere Objekte findet und anschließend auf eine Schlüsselkarte stößt, die man dringend benötigt? Man rennt zu der Kiste zurück und legt einen Teil seiner Ausrüstung ab, um im Anschluss wieder in Richtung Schlüsselkarte zu sprinten. Das habe ich ein paar Mal getan. Dann war die Luft raus.

...

Es ergibt nämlich keinen Sinn, weder spielerisch noch inhaltlich. Denn dass eine Androidin drei Waffen samt viel Munition tragen kann, aber für eine Chipkarte partout kein Platz mehr ist, muss mir erst mal jemand erklären. An beliebiger Stelle Objekte fallenzulassen ist ihr ja ebenfalls unmöglich.

Wisst ihr, was ich irgendwann getan habe, um nicht ständig umdrehen zu müssen? Ich habe einfach fast vieles, auch Waffen, Munition und einen Teil der Heilung, am Speicherpunkt zurückgelassen. Und selbst dann stand ich mehrmals mit vollen Taschen vor jenem Gegenstand, der mir anderswo das Weiterkommen ermöglichen sollte.

Nun wäre das egal, wenn es das Spiel besser, sprich spannender machen würde. Aber das tut es in meinen Augen nicht, denn die meisten Gegner sind ohnehin wie heiße Luft: zwar vorhanden und man muss mit genügend Abstand an ihnen vorbei. Große Hindernisse stellen sie aber nicht dar. Müsste man bei jedem einzelnen überlegen, ob man das Risiko eingeht vorbei zu schleichen oder wertvolle Munition zu opfern, wäre das schon etwas Anderes. So empfinde ich Signalis aber als recht ermüdendes Hin- und Herrennen.

Gelungen ist die Art und Weise, mit der man Geräte und Maschinen bedient, weil man nicht nur eine Taste in einem darüberliegenden Menü drückt.

Was wäre denn besser gewesen? Nun, ich kann mir etwa Wachen vorstellen, die zwar weniger zahlreich sind, Elster allerdings über mehrere Räume hinweg verfolgen, anstatt zu allem Überfluss auch noch vor jeder Tür stehenzubleiben. Könnte man sie dann nur auf vielleicht trickreiche Art mehr oder weniger lange aufhalten und würden sie anschließend an mehr oder weniger unvorhersehbaren Orten wieder auftauchen, dann könnte das für mein Gefühl um einiges aufregender sein.

Signalis – Test: Fazit

Vielleicht liegt es auch daran, dass man Signalis fast ausschließlich aus der Vogelperspektive betrachtet und dadurch weniger stark ins Geschehen gezogen wird – auf jeden Fall habe ich das alles nur mit großem emotionalen Abstand verfolgt. Mir fehlte die Spannung, die bei „klassischem Survival Horror“, doch so wichtig ist, und die auch viel dazu beigetragen hätte in der interessanten Welt zu versinkenn. Stattdessen fühlten sich viele Wege müßig an, der ständig fehlende Platz im Inventar wie eine unnötige Gängelei. Dass Elsters Suche sowohl stilistisch als auch erzählerisch klasse ist, steht außer Frage. Yuri Stern und Barbara Wittmann verweben vertraute Motive zu ihrem ganz eigenen Mysterium und falls ihr nur das erleben wollt, dann lasst euch nicht aufhalten! Mich hat Signalis nur leider mit einem enttäuschten Gefühl zurückgelassen.

Pros und Contras

Pro:

  • Starke Motive und Träume erzählen geheimnisvolle Geschichte
  • Stilvolle, wie funktionelle Bedienfelder aufgebaute Menüs
  • Haptisches Bedienen von Maschinen statt Eingabe über darüberliegende Menüs

Contra:

  • Bis auf vereinzelte Spitzen fast fehlende Herausforderung bzw. Spannung
  • Unsinnig begrenztes Inventar und dadurch viele überflüssige Wege
  • Wenig eingängige, teilweise in sich widersprüchliche Steuerung

Entwickler: rose-engine - Publisher: Humble Games/Playism - Plattformen: PC, PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch - Release: 27.10.2022 - Genre: Survival-Horror - Preis (UVP): ca. 20€

Schon gelesen?

Benjamin Schmädig Avatar
Benjamin Schmädig: Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Signalis

Video Game

Verwandte Themen